Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Hermann Schaus zum Gesetz zur Erleichterung der Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen

Hermann SchausInnenpolitik

In seiner 79. Plenarsitzung am 06. Juli 2021 debattierte der Hessische Landtag zum Gesetzentwurf der SPD zur Erleichterung der Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen. Dazu die Rede unseres innenpolitischen Sprechers Hermann Schaus.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf, den die SPD vorgelegt hat, geht es im Wesentlichen um Familienpflege und Pflegebedürftigkeit, aber auch um die Unterstützung minderjähriger Kinder.

Deshalb will ich zunächst einmal darauf hinweisen, dass bereits zum 1. Januar 2015 – das ist wichtig in diesem Zusammenhang – im Familienpflegezeitgesetz und im Pflegezeitgesetz zahlreiche Änderungen in Kraft getreten sind. Das gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Gewerkschaften forderten schon damals im Gesetzgebungsverfahren, dass diese Regelungen auch auf die Beamtinnen und Beamten übertragen werden sollten. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie gesagt, sind damit wichtige Verbesserungen, bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft getreten. Bisher wurden in einzelnen Bundesländern daraufhin auch die beamtenrechtlichen Regelungen verändert, in sehr unterschiedlicher Art und Weise.

So wurde in Bayern anders als in Hessen in Art. 89 des Bayerischen Beamtengesetzes die Mindeststundenzahl auf acht Stunden gesenkt. In Berlin gibt es zwar eine Begrenzung der Teilzeitbeschäftigung auf 20 Stunden, aber keine Höchstdauer dieser Beschäftigungsform, wie wir sie z. B. in Hessen mit 17 Jahren haben.

Ich finde, der entscheidende Punkt in dieser Diskussion, wo es um Verbesserung von Pflege und eine Änderung im Beamtenrecht geht, ist die Frage: Wie sieht es mit dem Einkommen aus? Mein Vorredner hat es schon angesprochen. Tatsache ist, dass nach wie vor gut 75 % derjenigen, die Familienangehörige pflegen, Frauen sind. Das können wir bedauern oder zu verbessern versuchen.

(Zuruf Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Aber der Fakt ist nach wie vor so. Insofern sind sie im besonderen Maße betroffen.

Pflegende Beamtinnen des Bundes wie auch einiger Länder – Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, SchleswigHolstein, Saarland, Baden-Württemberg und Thüringen – können von den Regelungen für die Familienpflegezeit entsprechend Gebrauch machen, weil diese dort in die beamtenrechtlichen Regelungen übernommen wurden.

Die Familienpflegezeiten bestehen aus einer maximal zweijährigen Pflegephase und einer ebenso langen Nachpflegezeit. In der Pflegephase – das ist der entscheidende Punkt, und deswegen glaube ich, dass wir die Diskussion an dieser Stelle erweitern müssen – verringert die Beamtin oder der Beamte zwar die Arbeitszeit. Während dieser Phase stockt der Dienstherr die Besoldung aber durch einen Vorschuss entsprechend auf. Der Gehaltausfall entspricht nur der Hälfte der Arbeitszeitverkürzung. Wer von Vollzeit auf 50 % heruntergeht, bekommt während dieser zwei Jahre in einzelnen Bundesländern 75 % des Einkommens sozusagen als Vorschuss. In dem darauffolgenden gleichen Zeitraum, also bis zu jeweils zwei Jahren, wird dann wieder voll gearbeitet, und man erhält weiterhin die 75 %. Dadurch wird es ausgeglichen.

Bei den Dienstherren ohne solche Regelungen wie auch Hessen bleibt nur die Möglichkeit der ganz gewöhnlichen Teilzeit aus familiären Gründen, d. h. kein Besoldungsvorschuss. Deshalb ist die Initiative der SPD wichtig, weil sie zwar nur an einer Stelle, bei der wöchentlichen Arbeitszeit, die Diskussion beginnt. Wir würden das aber gerne um diese entsprechenden Aspekte erweitern, insbesondere was den Gehaltsvorschuss angeht.

Weitere Anpassungsbedarfe sehen wir im Beamtenrecht im Übrigen auch bei der außerhäuslichen Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen Angehörigen, der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen oder der Erweiterung des Begriffs der nahen Angehörigen z. B. auf Stiefeltern, lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften, Schwägerinnen und Schwäger.

Diese Diskussion sollten wir demnächst führen und gegebenenfalls auch aus Anlass des SPD-Gesetzentwurfs führen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)