Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Hessenkasse: Landesregierung stopft die Löcher, die sie zuvor verursacht hat

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

Rede von Jan Schalauske im Hessischen Landtag am 14. Dezember 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –


Mit dem Gesetz über eine Hessenkasse möchte die schwarzgrüne Regierungsmehrheit in einer mehrfach öffentlich zelebrierten Geste großzügig alle Kassenkredite der Kommunen ablösen.

Dabei liegt natürlich die Frage nahe, warum die hessischen Kommunen überhaupt über 6 Milliarden Euro an Kassenkredite vor sich herschieben? Was glauben sie wie hoch die Kassenkredite waren als die CDU in die Landesregierung eintrat? Für das Jahr 1998 weist das Statistische Bundesamt einen Bestand an Kassenverstärkungskrediten für die Kommunen in Hessen von etwas über 800 Millionen Euro aus. Seitdem sind die Kassenkredite auf über 6 Milliarden angestiegen.

Unter CDU Finanz- und Innenministern haben sich die Kassenkredite seitdem also verachtfacht!Sie geben den Kassenkreditbestand mit rund 6,25 Mrd. Euro an. Und Sie schreiben, dass sich der Kassenkreditbestand von 3,2 Mrd. Euro in 2008 auf 7,5 Mrd. Euro in 2012 erhöht hat. Ich frage Sie, wer hat denn in dieser Zeit in Hessen regiert und ist für die Finanzierung der Kommunen durch das Land verantwortlich?

Ja, richtig, die CDU und seit 2014 auch die Grünen!Wenn Sie sich also heute für die Ablösung der Kassenkredite selbst feiern wollen, dann geht es hier wieder einmal nur darum, dass Sie teilweise den Schaden beseitigen, den Sie selbst zu verantworten haben. In den Jahren von 1999 bis 2016 in denen immer die CDU die zuständigen Finanz- und Innenminister gestellt hat, sind die Kassenkredite der Kommunen in 13 von 17 Jahren gestiegen.Wie sie es auch drehen und wenden:
Sie tragen eine gehörige Mitverantwortung für die Kassenkredite in den Kommunen.

Die Kassenkredite in den Kommunen sind vor allem in Phasen gestiegen, in denen die Konjunktur nicht so gut gelaufen ist, wie heute. Und in diesen schwierigen Zeiten hat die Landesregierung den Kürzungsdruck an die Kommunen weitergegeben. Sie haben die Kommunen zum Kürzen gezwungen und die kommunale Daseinsvorsorge schwer beschädigt.Und trotz des gigantischen Sozialabbau-Programms „Operation Düstere Zukunft“, trotz massiver Einschränkung der kommunalen Leistungen für die hessischen Bürgerinnen und Bürger, trotz geschlossener Schwimmbäder und Stadtteilbibliotheken, sind die Einnahmen der Kommunen in diesen Zeiten so niedrig gewesen, dass sie Kassenkredite aufgetürmt haben/ auftürmen mussten.

Hier war es die Landesregierung die schlicht die Einnahmen der Kommunen gekürzt hat. Die Ablösung der Kassenkredite durch das Land ist also nichts anderes als die Übernahme von Schulden, die die CDU-geführten Regierungen selbst zu verantworten haben.Sie wollen sie Regelungen zur Haushaltsgenehmigung „erweitern“. Sie ziehen die Daumenschrauben weiter an! Sie wollen, dass Investitionskredite nicht mehr mit Kassenkrediten finanziert werden dürfen.

Eine weitere Einschränkung der Investitionstätigkeit ist zu befürchten. Sie wollen die Kommunalaufsicht weiter verschärfen, die Kommunen stärker an das Gängelband nehmen und damit die kommunale Selbstverwaltung weiter einschränken.Und Sie greifen den Kommunen in die Tasche, in dem Sie verlangen von den Kommunen eine sog. Hessenkassenumlage, nach denen die Gemeinden einen Teil der Gewerbesteuer an das Land abzuführen habe.

Wenn es noch ein Eingeständnis gebraucht hätte, dass die kommunale Familie in Hessen unterfinanziert ist, dann der Hinweis im Gesetzentwurf, dass es Kommunen gibt, die zwar auf Kassenkredite verzichtet, dafür aber es aber unterlassen haben, Investitionen oder Instandhaltungen zu tätigen.Um es anders zu formulieren: Weil die Landesregierung die Kommunen nicht bedarfsgerecht ausstattet, mussten diese vielfach Kassenkredite aufnehmen, um nicht nur die laufende Verwaltungstätigkeit zu finanzieren, sondern auch um überhaupt in die öffentliche Infrastruktur zu investieren.

Das ist nicht die gewollte Politik vieler Kommunen, sondern die bewusst herbeigeführte Politik der schwarzgrünen Landesregierung! Pro Jahr kostet die Hessenkasse etwa 300 Millionen Euro. Die Kommunen sollen davon jedes Jahr 100 Millionen Euro zahlen. Den Rest finanziert angeblich das Land. Allerdings, sind von den 200 Millionen Landesmitteln nur 21 Millionen zusätzliche Mittel die der Finanzminister aufwenden muss.

Der Rest ist entweder Geld, dass bisher anders verwendet werden musste und jetzt frei wird oder aber es ist Geld das sonst sowieso den Kommunen zustehen würde. Etwa die „5. Milliarde“ aus dem Bundesteilhabegesetz, der Kommunalanteil am Fonds Deutsche Einheit und die Mittel aus dem Landesausgleichsstock. Wenn man das nun zusammenrechnet kommt man dann aber auf einen Anteil der Kommunen von über 200 Millionen!

Folgerichtig sind die kommunalen Spitzenverbände über die Finanzierung der Hessenkasse auch nur eingeschränkt begeistert. So kritisiert der Hessischer Landkreistag, dass der „hessische Anteil an der durch den Bund bereit gestellten „Ländermilliarde“, die ausdrücklich zur kommunalen Entlastung für die massiv steigenden Kosten aus der Neuregelung des Bundesteilhabegesetzes gedacht war, vom Land für die „Hessenkasse“ verwendet wird.“

Diese Mittel, so fürchtet der Landkreistag, werden an anderer Stelle fehlen. Die kommunalen Spitzenverbände beziffern den Anteil des Landes zur Abfinanzierung der Kassenkredite auf nur 20 Prozent!Die Kommunen müssen nach dieser Zahlentrickserei noch zu zwei Dritteln selbst für Schulden bezahlen, die zu 100 Prozent durch CDU Landesminister zu verantworten sind.

Das ist schwarzgrüne Politik!Noch eine Bemerkung zum Verfahren: Das Gesetzesverfahren soll im Schweinsgalopp durch den Landtag gebracht werden. Der Antragsschluss für die Kommunen soll laut Ihrem Gesetzentwurf der 30. April 2018 sein. Die Beschlüsse der Verpflichtungsermächtigungen der Kommunen erwarten Sie bis zum 31. Mai 2018.Seit Monaten ergeben Sie sich in Jubelmeldungen und Verkündungsarien, beglücken und zu jeder Plenarsitzung mit Ihrer schrägen Sichtweise auf die Lage in unseren Kommunen.

Der Finanzminister tingelt zeitgleich durch die Kommunen mit seinen Werbeveranstaltungen für die Hessenkasse, während der Hessische Landtag, immerhin das Gesetzgebungsorgan, die Pläne und Ankündigungen des Ministers in den – zugegeben lesenswerten – Regionalzeitungen Hessens verfolgen darf. Und jetzt soll das Gesetzesverfahren samt Anhörung in ein paar Wochen im Hauruckverfahren durchgezogen werden.

Für diesen Umgang mit dem Parlament, aber auch mit den Kommunen, sollten sich die Regierungsfraktionen und die Landesregierung schämen!Letztlich reiht sich die Hessenkasse ein in eine Politik der Landesregierung, welche die Kommunen erst nicht bedarfsgerecht ausstattet, sie dann mit Haushaltskürzungsprogrammen drangsaliert und schließlich mit viel zu kleinen und überwiegend vom Bund finanzierten Sonderinvestitionsprogrammen und einem Entschuldungsprogramm, für das man sich originären Kommunalmitteln bedient, die Löcher zu stopfen, die man selbst verursacht hat.

Die FAZ hat das mal recht treffend als „Zuckerbrot und Peitsche“ beschrieben. Ich finde, wenig Brot und viel Peitsche, aber das Bild ist trotzdem treffend.In der Gesetzesanhörung werden Ihnen das die Vertreter der kommunalen Familie zum wiederholten Mal auch erklären. Allein es wird an Ihrer Politik nichts ändern.