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Rede

Jan Schalauske - Für die Rückführung des UKGM in öffentliches Eigentum - Teil 2

Jan Schalauske
Jan SchalauskeGesundheitWissenschaft

In seiner 39. Plenarsitzung am 6. Mai 2020 diskutierte der Hessische Landtag auf unseren Antrag über die Situation am Universitätsklinikum Geißen und Marburg (UKGM). Dazu die zweite Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

In dieser Debatte sind jetzt ein paar Punkte genannt worden, auf die man noch einmal eingehen muss. Zum einen ist uns von mehreren Rednern vorgeworfen worden – Frau Ministerin Dorn hat dies wiederholt –, dass wir das System der Fallpauschalen nicht als zentrale Ursache für Probleme im Gesundheitswesen benannt hätten. Das stimmt so nicht. Wenn Sie mir richtig zugehört hätten, hätten Sie die Formulierung gehört, dass es eben dieses betriebswirtschaftliche Instrument sei, das für Kostendruck und Fehlanreize sorge, und dass man das System der Fallpauschalen überwinden müsse. Wenn Sie hierin mit uns einer Meinung sind und Sie dieses System ebenfalls beklagen, dann frage ich mich doch: Wo sind die Initiativen der Landesregierung, auch in Richtung des Bundes Einfluss zu nehmen, damit diese Fehlanreize überwunden werden? Wo sind die Initiativen der GRÜNEN? Wo sind die Initiativen der CDU? Da sogar die Freien Demokraten Korrekturbedarf sehen, frage ich: Wo sind denn Ihre Initiativen?

Frau Ministerin, ansonsten lade ich Sie gern ein; es gibt ja ein gesellschaftliches Bündnis, welches das Fallpauschalensystem zugunsten einer bedarfsgerechten Finanzierung überwinden will. Dort können Sie sicherlich mitmachen; dort wären Sie als Mitstreiterin sehr gut aufgehoben. Also machen Sie dort mit, wenn Sie das Fallpauschalensystem als Problem empfinden.

Herr May, Sie haben noch einmal die Change-of-ControlKlausel ein bisschen despektierlich dargestellt. Die Debatte über die Rückführungen usw. so sei ja nichts, DIE LINKE wolle eine Enteignung, dies sei überhaupt nicht zu Ende gedacht, und es würden Behauptungen über die Change-ofControl-Klausel angestellt, die gar nicht stimmten. – Das stimmt so alles gar nicht. Lesen Sie hierzu unseren Antrag noch einmal ausführlich durch.

Das Interessante ist aber, was Herr May als Vertreter der GRÜNEN und Frau Dorn, Ministerin von den GRÜNEN, nicht gesagt haben. Zwar haben Sie gesagt, dass Ihre Haltung immer privatisierungskritisch gewesen sei. Im Übrigen sprechen die Anträge, die Sie vor 2013 im Landtag gestellt haben, noch eine ganz andere Sprache als jetzt, wo Sie an der Regierung sind. Sie haben aber nicht über die Frage gesprochen, welche Schritte Sie aus dieser Haltung ableiten.

Daher frage ich, wenn Sie die Situation nicht nur beklagen wollen, ganz konkret: Herr May, wo waren denn Ihre Initiativen, um den Einfluss des Landes auf das Klinikum wieder substanziell zu erhöhen? Wann haben Sie denn, unabhängig von der Change-of-Control-Klausel, Verhandlungen geführt, um die Anteile des Landes am UKGM wieder zu erhöhen? Wann haben Sie versucht, auf die Aktionärsübernahmeschlachten beim Rhön-Konzern Einfluss zu nehmen? Haben Sie einmal darüber nachgedacht, weitere Aktien zu erwerben, um den Einfluss des Landes zu erhöhen und eine Sperrminorität zu erlangen, um auf Unternehmensentscheidungen Einfluss zu nehmen? All das haben Sie nicht getan. Stattdessen werfen Sie dem Konzern, ohne große Zugeständnisse zu bekommen, immer mehr Millionen hinterher. Das ist keine verantwortliche Haltung. Das ist keine Haltung in Bezug auf einen Rückkauf. Daher sollten Sie einmal bei sich anfangen, statt hier anderen etwas vorzuwerfen.

(Beifall DIE LINKE)

Da Sie auch gesagt haben, dass wir uns auf das Zukunftspapier aus dem Jahre 2017 bezögen, will ich Ihnen zu diesem einmal etwas sagen: In Bezug auf das, was Sie damals bekommen haben – also keine betriebsbedingten Kündigungen, kein Outsourcing und eine Übernahmegarantie für Azubis –, hatte der Rhön-Konzern nichts anderes geplant. Für den Rhön-Konzern war es, angesichts eines Pflegemangels, eine Selbstverständlichkeit, sich auf diese Zusprachen einzulassen.

Aber das Problem entsteht jetzt, wo Asklepios kommt. Wenn Sie nicht wissen, dass mit Asklepios Probleme drohen, dann hören Sie doch einmal auf das, was die Kolleginnen und Kollegen von den Gewerkschaften, beispielsweise von ver.di, sagen: Asklepios macht Ausgliederungen. Asklepios missachtet die Tarifverträge. Asklepios missachtet die betriebliche Mitbestimmung.

Wenn dieses Zukunftspapier auch nur irgendeinen Wert haben soll, dann müssen Sie das gegenüber Asklepios durchsetzen, weil dies für den Rhön-Konzern unter anderen Bedingungen eine Selbstverständlichkeit war. Hier müssen Sie Haltung beweisen. Das müssen Sie einfordern.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Wenn die Freien Demokraten wegen unseres Antrags zur Hochform auflaufen, dann freut uns das sehr. Damit haben wir Sie ideologisch sozusagen an der richtigen Stelle „gekniffen“.

(Zuruf Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will Ihnen aber noch einmal etwas sagen, da Sie gesagt haben, Sie freuten sich über die „großen“ Unternehmen im Gesundheitswesen.

(Zuruf Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Ja. – Worüber Sie dabei nie sprechen, sind die Gewinne, die aus der Patientenversorgung erzielt werden, die aus dem Krankenhaussystem quasi abgeschöpft werden. Der Rhön-Konzern erwirtschaftete 87 Millionen € im Jahr 2015, 58 Millionen € im Jahr 2016, 36 Millionen € im Jahr 2017, 51 Millionen € im Jahr 2018 und 44 Millionen € im Jahr 2019.

(Beifall DIE LINKE)

Vizepräsidentin Karin Müller:

Herr Abg. Schalauske, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jan Schalauske (DIE LINKE):

Mit diesem Geld hätte man für die Gesundheitsversorgung sehr viel Sinnvolles erreichen können; stattdessen landet es als Dividende in den Taschen der Aktionäre. Das wollen wir nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme zum letzten Satz. Frau Ministerin, wenn Sie Haltung beweisen und Gespräche führen wollen, frage ich Sie: Wann beantworten Sie den offenen Brief des Aktionsbündnisses? Wann sprechen Sie mit den ehemaligen Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus Gewerkschaften, Parteien und der Belegschaft? Diese warten nämlich auf Ihre Rückmeldung.

(Beifall DIE LINKE)