Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - Kosten der Pandemie fair teilen. Für einen Lastenausgleich und die Vermögensteuer

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 42. Plenarsitzung am 28. Mai 2020 diskutierte der Hessische Landtag auf unseren Antrag hin über die Finanzierung der Kosten der Corona-Pandemie. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Wir erleben in diesen Tagen einen – wenn nicht sogar den größten – wirtschaftlichen Einbruch seit Bestehen der Bundesrepublik und des Landes Hessen. Die Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Eindämmung der Pandemie waren größtenteils politisch richtig, aber sie haben eine sich bereits abzeichnende Wirtschaftskrise dramatisch beschleunigt. Die Folge: ein heftiger Anstieg der Kurzarbeit und der Arbeitslosigkeit, unzählige Insolvenzen, Millionen Menschen bangen um ihre Existenz.

Für DIE LINKE ist völlig klar: Wer die Folgen der Wirtschaftskrise bekämpfen, wer die Menschen vor dem sozialen Abstieg schützen und wer die Armut überwinden will, der muss den unverschämten Reichtum in dieser Gesellschaft endlich begrenzen und substanziell besteuern.

(Beifall DIE LINKE)

Regierungen haben in den letzten Wochen Hunderte milliardenschwere Rettungsprogramme auf den Weg gebracht. Dafür war auch richtig, dass wir im Bund und in Hessen die Schuldenbremse ausgesetzt haben. Noch besser wäre es gewesen, wir hätten sie endlich abgeschafft. Die Schuldenbremse hemmt Investitionen, sie verhindert die Finanzierung einer guten öffentlichen Infrastruktur, und sie schadet kommenden Generationen. Die Schuldenbremse gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.

(Beifall DIE LINKE)

Wer zahlt für die milliardenschweren Programme? Wer zahlt für die Krise? – Die Debatte ist längst eröffnet – und zwar von der CDU. Kein Geringerer als Friedrich „BlackRock“ Merz, der bekanntlich ein gern gesehener Gast in Hessen ist, fordert, alle staatlichen Leistungen des Bundes, der Länder und der Kommunen auf den Prüfstand zu stellen. Damit macht er nicht weniger, als die Krise zu nutzen, um die Axt an die Wurzeln des Sozialstaats zu legen. Wir sagen: Das geht gar nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Damit aber nicht genug: Wir sehen die Vorschläge aus? – Grundrente entsorgen, Mindestlohn absenken, Soli für die Reichen streichen: Die Liste der Grausamkeiten aus dem CDU-Gruselkabinett ist lang. Herr Finanzminister, da frage ich mich doch: Wo sind die Interessen der Beschäftigten, die Sie noch vorhin ins Feld geführt haben? Die CDU verfährt in der Krise nach dem biblischen Motto: „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“ – Mit Blick auf das C in Ihrem Parteiprogramm kann ich nur sagen: Da gnade uns Gott, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Kassiererinnen, Pflegekräften, Paketboten, alle denen, die den Laden am Laufen halten, wird applaudiert, um am Ende eine solche Klientelpolitik zu servieren. Das finde ich nicht in Ordnung.

Jetzt droht noch weiteres Ungemach. Enorme Steuerausfälle sind zu erwarten. Es ist doch absurd, angesichts dieser Steuerausfälle auch noch Steuersenkungen zu proklamieren. Ich sage: Wer jetzt nicht für höhere Einnahmen sorgt, der muss sagen, wie er sonst Kürzungsorgien für Soziales, für die Kultur und für den Klimaschutz verhindern will.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt dafür gute Ideen. Statt zu kürzen, bis es quietscht, sollten wir endlich eine alte CDU-Idee wieder aufgreifen – auch die GRÜNEN haben es einmal gefordert, und Saskia Esken ist dafür –: ein Lastenausgleich, eine einmalige Vermögensabgabe nach Art. 106 des Grundgesetzes. – Wir sagen: In der Krise ist Solidarität das Gebot der Stunde. Das muss auch für die gelten, denen es ohnehin sehr gut geht, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Aktuell läuft es aber ganz anders. BMW schreit nach einer Abwrackprämie, will außerdem 2 Milliarden € an Dividenden ausschütten. Von diesem leistungslosen Einkommen würde fast 1 Milliarde € an die Quandt-Erben gehen. Das ist in dieser Krise doch unerhört.

Ich finde, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich gefährdet nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern sie ist auch eine Gefahr für unsere Demokratie. Die Zahlen zeigen: Wir brauchen endlich ein gerechtes Steuersystem, einen Spitzensteuersatz wie zu Helmut Kohls Zeiten. Das wäre doch ein Anfang.

(Beifall DIE LINKE)

Aus Ländersicht – wir sind ja hier im Hessischen Landtag – brauchen wir die Einführung einer Vermögensteuer durch den Bund. Ihr Aufkommen käme den Ländern zugute. Finanzminister Boddenberg hat letztens in der „hessenschau“ gefragt: Wen meinen die denn mit einer Vermögensteuer, die das fordern? – Das erkläre ich Ihnen gern, Herr Finanzminister. Die erste Million ist frei – machen Sie sich keine Sorgen –, darüber liegendes Vermögen wird mit 1 % besteuert. Wer ein Vermögen von 2 Millionen € hat, müsste also eine zusätzliche Steuer in Höhe von 10.000 € zahlen – ein verkraftbarer Beitrag für unser Gemeinwesen, wie ich finde. Dafür sollte sich das Land Hessen endlich einsetzen.

(Beifall DIE LINKE)

Wie formulierte es einst Bertolt Brecht:

Reicher Mann und armer Mann standen da und sah‘n sich an.

Und der Arme sagte bleich:

Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.

Armut und Reichtum sind zwei Seiten derselben Medaille. Es ist endlich an der Zeit, Reichtum zu begrenzen, um Armut zu überwinden. In der Finanzkrise 2008 haben die regierenden Parteien die Banken gerettet und die Menschen im Stich gelassen. Das darf sich nicht wiederholen.

(Beifall DIE LINKE)