Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - Schutz vor Corona braucht ein Zuhause! II

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCorona

In seiner 62. Plenarwoche am 10. Dezember diskutierte der Hessische Landtag auf unseren Antrag hin über Soforthilfeprogramm für sicheres Wohnen in der Pandemie. Dazu die zweite Rede unseres wohnungspolitischen Sprechers jan Schalauske.

 

Vielen Dank, Herr Präsident. –

Ich stelle einen interessanten Unterschied in den Argumentationen fest. Herr Kasseckert von der CDU-Fraktion hat gesagt, es wundere ihn nicht, dass wir über diesen Antrag diskutieren. Dies sei ein Thema, über das man in der jetzigen Situation debattieren könne, auch wenn man zu unterschiedlichen Ergebnissen komme, wie die Probleme zu lösen seien. Demgegenüber sagt der zuständige grüne Staatsminister, das Problem existiere überhaupt nicht. Er verstehe gar nicht, warum wir heute darüber reden.

Man könnte den Eindruck gewinnen, die CDU-Landtagsfraktion ist näher an den Sorgen und Nöten der Mieterinnen und Mieter dran als der grüne Wohnungsminister. Das ist ein Armutszeugnis für den zuständigen Minister.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Staatsminister, Sie haben gefragt: Warum sollten öffentliche Wohnungsbaugesellschaften eigentlich auf Mieterhöhungen verzichten? – Ich will Ihnen ganz klar und deutlich sagen, warum das so ist: weil Menschen im Moment in existenziellen Sorgen und Nöten stecken, weil wir eine dramatische Ausweitung von Kurzarbeit haben, weil eine Insolvenzwelle droht, weil viele Menschen nicht wissen, ob sie ihrer Arbeit in wenigen Wochen und Monaten noch nachgehen können. Das betrifft insbesondere Geringverdiener. Für eine öffentliche Wohnungsbaugesellschaft, deren Aufgabe es ist, dass breite Teile der Bevölkerung Zugang zu bezahlbarem Wohnraum haben, sollte es doch eine Selbstverständlichkeit sein, in einer solch dramatischen Krise auf Mieterhöhungen zu verzichten.

(Beifall DIE LINKE)

Ehrlich gesagt, finde ich es nicht überzeugend, Mieterhöhungen gegen die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auszuspielen. Sie behaupten, Mieterhöhungen seien erforderlich, um in den öffentlichen Wohnungsbau investieren zu können. Ich sage: Wenn es in den vergangenen Jahrzehnten substanziellere Förderungen für bezahlbare Wohnungen, für die soziale Wohnraumförderung gegeben hätte, die von der öffentlichen Hand organisiert worden wären, wenn man das nicht auf die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften abgewälzt hätte, denen dann auch noch die Gemeinnützigkeit entzogen wurde und die unter betriebswirtschaftliche Aspekte gepackt wurden, wenn man also die soziale Wohnraumförderung sehr viel intensiver betrieben hätte, dann könnte man auch mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen und müsste nicht Menschen Mieterhöhung abverlangen, die häufig nur ein geringes oder mittleres Einkommen haben.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Förster-Heldmann, es ist schön und gut, wenn es Beratungssysteme öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften gibt, die Mieterinnen und Mietern in Not helfen. Das ist doch das Mindeste, was es geben sollte. Das allein reicht in einer solchen Situation aber nicht aus. Das rechtfertigt auch nicht, dass man doch irgendwie zu Mieterhöhungen kommt. Sie sind die Antwort schuldig geblieben, ob Sie die Mieterhöhungen bei der Nassauischen Heimstätte befürworten. Wir tun das jedenfalls nicht.

Herr Kollege Lenders, Sie haben gesagt, das, was SPD und LINKE an Argumenten vorlegen, sei eine Kritik an öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Nein, das ist es nicht. Wir schauen uns das im Einzelfall an. Ich will daran erinnern, dass wir hier im Hessischen Landtag auch über die Praxis der GWH miteinander offensiv diskutiert und auch gestritten haben. Wir haben festgestellt, dass es viele Beschwerden von Mieterinnen und Mietern in Wiesbaden, in Marburg und auch in Frankfurt am Main gibt über Mieterhöhungen, über Modernisierungskosten, die insbesondere Menschen mit geringem Einkommen treffen. Dazu müssen wir als Hessischer Landtag doch Position beziehen. Wir müssen unsere Vertreter in den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften auffordern, sich für eine sozialere Mietenpolitik und Modernisierungspolitik einzusetzen.

Ich komme zum Schluss. Es ist gesagt worden: Warum kommen Sie erst jetzt? Warum bringen Sie erst jetzt den Antrag in den Landtag ein? Ich will Ihnen sagen, warum es wichtig ist, dass wir jetzt über dieses Problem diskutieren. Viele Mieterinnen und Mieter haben in den vergangenen Monaten an allen anderen Ausgaben geknapst, um die Miete noch berappen zu können. Die Miete ist das Letzte, an dem man spart, weil man weiß, dass sie existenzsichernd ist. Man muss die Miete bezahlen, damit man die Wohnung nicht verliert.

Deswegen laufen wir in dieser Situation auf eine dramatische Welle zu, weil viele Mieter ihre Ersparnisse aufgebraucht haben. Das ist das Ergebnis der Beratungsgespräche. Das melden auch Mieterverbände zurück. Deswegen reden wir jetzt über diese Situation. Wir reden jetzt über das, was mit einer solchen Welle droht. Da muss politisch gehandelt werden, und zwar auch vom Hessischen Landtag und der Landesregierung.

(Beifall DIE LINKE)