Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zu den Milliardenhilfen in der Corona-Krise

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 42. Plenarsitzung diskutierte der Hessische Landtag über ein Hilfspaket in der Corona-Krise. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Kommen wir noch einmal zurück zum Thema der Aktuellen Stunde. 2 Milliarden – das ist das heutige Thema. 2 Milliarden € hat dieser Hessische Landtag mit den Stimmen der Opposition der Landesregierung zugestanden, um die akuten Folgen der Pandemie einzudämmen.

(Beifall Nancy Faeser (SPD))

So war es. Das ist einmütig mit den Stimmen der Opposition beschlossen worden. Dafür haben wir die schädliche Schuldenbremse wenigstens ausgesetzt. Besser wäre es gewesen, wenn sie abgeschafft worden wäre. In einem ersten Nachtragshaushalt haben wir der Landesregierung sogar weitgehende Handlungsfreiheit zugestanden, um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Wir haben das als Parlament getan in dem Wissen, dass in der Hochphase der Krise schnelles Handeln erforderlich ist. Diese Entscheidung des Hessischen Landtags befreit die Landesregierung aber nicht davon, dass auch wir als Landesparlament die Regierung und ihr Handeln kontrollieren. Ganz im Gegenteil, gerade weil sie so weitreichende Handlungsfreiheit bekommen hat, ist es umso notwendiger, dass wir als Parlament eine intensive Kontrolle dieses Handelns vornehmen.

Da es einen offenen Brief von SPD und FDP gegeben hat, will ich sagen: Mein Hauptkritikpunkt am Handeln der Landesregierung ist nicht die Informationspolitik. Alles in allem fühle ich mich ordentlich informiert. Meine Kritik bezieht sich eher auf die Frage, was mit dem bereitgestellten Geld gemacht wird und was nicht damit gemacht wird.

Ich sehe auch Probleme beim Vollzug. Viele der überwiegend richtigerweise angemeldeten Mehrbedarfe stocken im Vollzug. Von den angemeldeten 1,051 Milliarden € sind bisher nur rund 300 Millionen € ausgegeben worden. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite ist darauf zu schauen, was nicht getan wurde. Die Programme für die Soforthilfen der Unternehmen sind von der Landesregierung ordentlich administriert worden. Die Hilfen für die Unternehmen sind schnell bereitgestellt worden. Das war für die Landesverwaltung sicherlich eine ordentliche Aufgabe, dies zu bewältigen.

Es gibt aber noch andere Bereiche, in denen erheblich nachgearbeitet werden muss. Das betrifft die Solo-Selbstständigen, die Künstlerinnen und Künstler sowie Studierende. Immer dann, wenn es nicht darum geht, Umsätze von Unternehmen zu stützen, bleibt den Menschen häufig nur der Weg zum Amt. Darauf verweist man die Leute, während große Eile bei den Unternehmen angesagt war. Das halten wir für mehr als ungerecht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will ein Beispiel anführen. Die Situation von Studierenden ist oft besonders schwierig. Viele von ihnen sind eh vom BAföG abgehängt. Sie sind darauf angewiesen, neben dem Studium zu arbeiten. Viele haben in der Krise ihr Einkommen verloren. Vom Bund gibt es nur den Verweis auf Kreditprogramme. Vom Land gibt es dann ein kleines Trostpflaster für ganz wenige. Da ist noch einiges zu tun. Wenn es über 200 Millionen € Hilfen für Unternehmen gibt, dann dürfen die Studierenden nicht im Regen stehen gelassen werden. Hier stimmt also etwas nicht. Insofern ist klar, wen Sie stark aus der Krise kommen lassen wollen.

Das wird aber noch viel deutlicher an einem anderen Beispiel aus einem in diesen Tagen sehr viel diskutierten Ressort, nämlich aus dem Sozialministerium.

Es gibt seit einigen Monaten für Eltern, die ihrer Arbeit im Homeoffice nicht weiter nachgehen und „nebenbei“ ihre Kinder betreuen können, die Möglichkeit, Lohnersatzleistungen zu erhalten. Dafür stehen 200 Millionen € zur Verfügung. Im Haushaltsausschuss hat uns das Finanzministerium mitgeteilt, dass von dieser Summe bisher lediglich 1,4 Millionen € abgerufen worden sind. Herr Kollege Martin, da frage ich mich doch: Wenn Sie die Sorgen der Menschen angeblich so ernst nehmen, warum nennen Sie dann den Vorgang, dass sich Eltern jetzt darüber beschweren, dass diese Gelder noch nicht zur Verfügung stehen, ein „Meckern auf hohem Niveau“? Ich nenne das ernste und berechtigte Nachfragen.

(Beifall DIE LINKE)

Warum sind diese Mittel noch nicht abgerufen worden? – Weil es bisher seitens des Ministeriums kein Antragsverfahren gibt. Das ist noch nicht auf den Weg gebracht worden. Bei den Unternehmen ging es ganz schnell und unbürokratisch, aber wenn es darum geht, Eltern zu entlasten, klappt es im Sozialministerium nicht, ein einfaches Antragsverfahren auf den Weg zu bringen. Aber nicht nur das: Während die Hilfen für Unternehmen breit beworben worden sind, findet sich auf den Seiten der Landesregierung über Monate kein Hinweis auf die dringend notwendigen Hilfen für Eltern.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Beim bestehenden Nachtragshaushalt gibt es hier einen Bedarf zum Nacharbeiten – bei einem zweiten Nachtragshaushalt sowieso. Ein Grund zum Jubeln, wie es die CDU vorhat, ist das Thema dieser Aktuellen Stunde jedenfalls nicht.

(Beifall DIE LINKE)