Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zur Änderung des Sondervermögens

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 57. Plenarsitzung am 10. November 2020 diskutierte der Hessische Landtag über eine Änderung des Corona-Sondervermögens. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ich fand es bei der Rede des Vertreters der AfD sehr bemerkenswert, mit welch epischer Breite er über einen minimalen Gesetzentwurf referieren konnte. Man kann schon festhalten, dass die Länge der Rede im umgekehrten Verhältnis zur Qualität des Gesetzentwurfs steht.

Wir reden über § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gute-Zukunft-Sicherungsgesetzes. Es ist in der Tat so, dass bei einer Maßnahme über 1 Million €, bei der es zu einer Entnahme aus den Mitteln des Sondervermögens kommt, der Haushaltsausschuss seine Zustimmung erteilen muss. In dem ursprünglich von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf lag die Grenze noch bei 10 Millionen €. Es war eine Initiative bzw. ein Vorschlag der Fraktion DIE LINKE, dieses Quorum auf 1 Million € zu senken, damit der Haushaltsausschuss bei mehr Maßnahmen beteiligt wird.

Das ist eine historische Interpretation, die sicherlich auf der Seite der CDU-Fraktion nicht so gerne gehört wird. Sie sind da einem Vorschlag der Fraktion DIE LINKE gefolgt. Ich denke, in der Sache ist nicht entscheidend, von wem der Vorschlag kam. Unserer Ansicht nach hat sich das Zustimmungsquorum von 1 Million € bewährt.

Eine Streichung der Eilbedürftigkeit würde die Kontrollfunktion substanziell überhaupt nicht verbessern. Frau Schardt-Sauer hat es gesagt: Bei 51 Maßnahmen, die wir bisher vorliegen hatten bzw. beschlossen haben, war lediglich eine eilbedürftig. – Herr Kollege Weiß hat darauf hingewiesen, dass wir in Zeiten einer Pandemie leben, in der eine Regierung auch kurzfristig handeln können muss. Wir werden natürlich darauf achten, dass dieses Recht nicht missbraucht wird. Bisher gibt es keinen Anlass, das so zu sehen.

Ein Großteil der Maßnahmen passiert sowieso den Haushaltsausschuss, weil die Mehrheitsverhältnisse so sind, wie sie sind. Sie sind erschreckend stabil.

Interessant ist aber, dass ein Großteil der Maßnahmen durchaus eine breite Zustimmung findet. Das wird die Regierung freuen. Sie kann dann immer sagen: „Da hat die Opposition unseren Maßnahmen doch zugestimmt“. Aber unabhängig davon, wie man das dann in dem Spiel parteipolitisch nutzen möchte, gilt für uns, dass wir richtigen Initiativen und richtigen Maßnahmen unsere Zustimmung geben, auch wenn wir grundsätzlich der Meinung sind, dass da noch mehr getan werden müsste.

Es war übrigens auch eine Anregung unserer Fraktion, dass man über Maßnahmen aus dem Gute-Zukunft-Sicherungsgesetz im Landtag im Nachgang noch einmal politisch diskutieren kann, um die Bewertung der Maßnahmen in weite Teile der Öffentlichkeit zu tragen. Davon wird reger Gebrauch gemacht. Das werden wir morgen noch einmal machen.

Insgesamt muss man sagen, dass die Kontrolle und der Einfluss des Parlaments über den Vollzug des Haushalts in dieser Form mit dem GZSG gestärkt worden sind, weil der Landtag in der Vergangenheit beim Haushaltsvollzug lediglich im Nachgang über die Ausgaben informiert worden ist und es dann auch politisch diskutieren, aber eben nicht im Haushaltsvollzug mitentscheiden konnte.

Offen ist die Frage der Transparenz, also wie der Haushaltsentwurf insgesamt mit den Mitteln des Sondervermögens korrespondiert, wie das ineinandergeht und wie das dann für den Landtag als Haushaltsgesetzgeber nachvollziehbar ist. Aber das werden wir im Rahmen der Haushaltsdiskussion noch weiter debattieren.

Im Grundsatz ist klar: Wir sind in einer Krise. Diese schafft große Unsicherheiten. Millionen Menschen bangen um ihre Existenz. In einer solchen Situation ist es wichtig, auch öffentliche Mittel in die Hand zu nehmen, um der Krise entgegenzuwirken. Diese müssen – zumindest zum Teil – kreditfinanziert sein. Dabei kann man den Weg eines Sondervermögens gehen.

Die Kritik von unserer Seite ist in jedem Fall nicht, dass Schulden gemacht werden oder dass die Landesregierung Maßnahmen ergreift. Unsere Haltung ist eher die Frage: Geht das, was die Landesregierung macht, in die richtige Richtung? Werden die zentralen Probleme in unserem Land angepackt? Dazu gehören der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die Diskussion um die Verkehrswende, die Armutsbekämpfung. Oder werden die Mittel letztlich doch nur dafür genutzt, die schwarz-grünen Koalitionsvorhaben über die Legislaturperiode zu retten, auch wenn einzelne sinnvolle Maßnahmen dabei sind?

Darüber müssen wir uns streiten. Dafür braucht es aber nicht einen minimalen Gesetzentwurf einer Fraktion, die nicht einmal in der Lage dazu ist, eine kursorische Lesung so zu organisieren, dass auch alle Fraktionen vernünftig daran teilnehmen können. – Vielen Dank. (Beifall DIE LINKE)