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Rede

Jan Schalauske zur Finanzpolitik im Landeshaushalt 2022

Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 91. Plenarsitzung am 09. Dezember 2021 diskutierte der Hessische Landtag zum Landeshaushalt 2022. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute die Einzelpläne 06 – Hessisches Ministerium der Finanzen, 17 – Allgemeine Finanzverwaltung – und 18 – Staatliche Hochbaumaßnahmen. Letztere werden traditionell mit demjenigen des Finanzministeriums diskutiert. Zweifelsohne ist richtig, dass die heutigen Beratungen nicht die Brisanz und Gründlichkeit haben, mit der wir sonst vorgehen. Denn nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs über die Verfassungswidrigkeit des Sondervermögens muss auch der bisherige Haushaltsentwurf, den wir in der zweiten Lesung beraten, als verfassungswidrig gelten. Das Sondervermögen, das sich im Einzelplan 17 findet – die Kollegin Schardt-Sauer hat darauf hingewiesen –, spielt dabei eine zentrale Rolle. Im Einzelplan 17 werden Maßnahmen aus dem Sondervermögen in Höhe von immerhin 1 Milliarde € veranschlagt. Darunter sind zweifelsohne sinnvolle Dinge wie die Kompensation von Steuerausfällen, die im Übrigen nach der November-Steuerschätzung gar nicht im vorgesehenen Umfang nötig sein wird, oder der Verzicht auf die negative Spitzabrechnung im KFA – sicherlich auch eine sinnvolle Maßnahme. Ich gehe davon aus, dass sich die im Einzelplan 17 befindlichen Maßnahmen mit Blick auf die veränderte Steuerschätzung sicherlich in den Änderungsanträgen der Regierung zum Landeshaushalt finden werden, wenn sie uns irgendwann vorliegen. Bei anderen Maßnahmen könnte das schon anders sein; denn es steht zu befürchten, dass, nachdem der Staatsgerichtshof entschieden und sehr enge Vorgaben für die Aufnahme von Krediten durch eine sehr restriktive Auslegung der Schuldenbremse vorgesehen hat, die Landesregierung und Schwarz-Grün dies zum Anlass nehmen werden, zukünftig sehr viel zurückhaltender mit notwendigen AntiKrisen-Maßnahmen zu agieren, insbesondere mit Maßnahmen zur Konjunkturpolitik. Dann muss man einmal schauen, ob sich da nicht irgendwann die Katze in den Schwanz beißt und es nicht zu einem Aufschwung kommt, sodass dann wieder Steuereinnahmen fehlen. Wir finden, dass man in der Krise ausdrücklich konjunkturpolitische Maßnahmen mit Krediten finanzieren sollte. (Beifall DIE LINKE) Im Einzelplan 17 findet sich auch die Tilgung von Schulden, die mit dem Sondervermögen entstanden sind. Sie hat schon letztes Jahr begonnen und wird fortgeführt. Man muss sich das vorstellen: Wir sind mitten in der Krise. Das verfassungswidrige Sondervermögen ist noch gar nicht so alt, und schon jetzt beginnen Sie mit der Tilgung der Kredite. Noch bevor die Mittel überhaupt ausgegeben worden sind, tilgt die Landesregierung schon. Das finden wir ziemlich absurd und wenig sinnvoll. (Beifall Christiane Böhm (DIE LINKE) und Marius Weiß (SPD)) Wir finden, es ist völlig falsch, schon jetzt mit der Tilgung zu beginnen. Andere Länder und auch der Bund machen das zum Teil ganz anders. Da muss man schauen; denn wir kennen die Diskussion um das aktuelle Zinsniveau. In dieser Situation will man jetzt schon Schulden mitten in der Krise tilgen? Ich sage es mit einem leichten Augenzwinkern: Mit Zinsgeschäften und Zinsüberlegungen kennt sich das Finanzministerium ohnehin nicht so gut aus. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Wir gehen davon aus, dass auch 2022 – das hat bisher in den Debatten noch keine große Rolle gespielt – die Schuldenbremse wieder ausgesetzt werden muss. Das werden wir sicherlich noch diskutieren. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass weitere Nachtragshaushalte benötigt werden könnten, insbesondere auch, weil das Sondervermögen nicht mehr zur Verfügung steht. Wir müssen schauen, um die jetzt vorliegenden Einzelpläne 06, 17 und 18 analysieren zu können, welche Änderungsanträge durch die Landesregierung überhaupt vorgelegt werden. Mit Blick auf die Kommunen sage ich ganz klar, dass das Land seiner Verantwortung nachkommen muss. Die Zusagen müssen zumindest eingehalten werden, und sie müssen mit Blick auf den weiteren Verlauf der Pandemie angepasst werden. Der Kollege Marius Weiß hat schon auf die finanzielle Situation der Kommunen und die Rolle des Landes hingewiesen. Aber wir sind der Auffassung: Wenn die Kommunen weiter in die Krise geraten, und zwar mehr, als wir jetzt hoffen, muss die Landesregierung sie auch über das bisherige Maß hinaus unterstützen. Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass, nachdem es jetzt Unterstützungsprogramme gibt, im weiteren Verlauf der Krise noch einmal eine Kürzungsansage kommt. Die Kommunen müssen vom Land genügend unterstützt werden. Auch in der Krise ist es notwendig, dass weiterhin die Investitionen getätigt werden – im Land, auch bei den Kommunen und in den Verwaltungen, Stichworte: digitale Infrastruktur, Bildungsbereich, Digitalisierung. Da muss weiter investiert werden. In den vergangenen Jahren – jetzt mit dem großen Blick – war es immer so, dass das Land bei den Investitionen weit unter seinen Möglichkeiten geblieben ist. Das hat sich jetzt ein bisschen verändert – auch aufgrund des großen Sondervermögens. Wenn Sie jetzt aber Ihre Haushaltspläne ändern müssen und gleichzeitig wieder tilgen wollen, kommt natürlich die Sorge auf, dass Sie dann auch bei den Investitionen wieder sparsam werden. Wir brauchen Investitionen in Gesundheitsversorgung, Verkehrswende, Energiewende – all das müsste jetzt dringend angeschoben werden, auch ganz unabhängig von der Corona-Krise. Hierbei steht die Landesregierung in der Verantwortung, endlich einmal für ausreichend Investitionen zu sorgen. (Beifall DIE LINKE) Investitionen sollten nach unserer Auffassung – das wird Sie nicht überraschen – auch in öffentlicher Verantwortung getätigt werden. Wir finden im Einzelplan 18 für 2022 insgesamt 6 Millionen € für die Anbahnung und Betreuung von PPP-Projekten, also von Privatisierungsprojekten. Zudem sind im Haushaltsentwurf 2022 auch vier Projekte etatisiert. Wir finden das falsch. Frau Kollegin Dahlke hat auf die Evaluation der gescheiterten Leo-Geschäfte verwiesen. Da muss man sich schon fragen, ob Sie aus diesem Leo-Privatisierungsprojekt der Hessen-CDU etwas gelernt haben, wenn Sie jetzt schon zukünftige PPP-Projekte etatisieren. Wir finden das falsch. Von solchen Projekten – das haben die Leo-Geschäfte gezeigt – sollte man wirklich die Finger lassen. (Beifall DIE LINKE und Gernot Grumbach (SPD)) Zum Bereich des hessischen Finanzministeriums gehören natürlich auch die Beschäftigten in der Steuerverwaltung, die tagtäglich einen wichtigen Beitrag dazu leisten, in diesem Land das Einnehmen der Steuern sozusagen sicherzustellen. Wir haben mithilfe einer Kleinen Anfrage festgestellt, dass die Quote der Betriebsprüfungen von Finanzbeamten bei hessischen Großbetrieben und Einkommensmillionären 2020 zurückgegangen ist. Das hatte sicherlich auch mit Corona zu tun. Das ist aber für uns nur ein einziger Beleg dafür, dass mehr Personal in der Finanzverwaltung nötig ist. Wir wissen von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, dass auch die neuen Stellen für die Grundsteuer, wie sie im Einzelplan 06 zu finden sind, längst nicht ausreichen werden. Weil der Kollege Reul so ausgiebig die Arbeitsbedingungen in der Finanzverwaltung betont hat, will ich sagen: Nach den Auskünften der Deutschen Steuer-Gewerkschaft gibt es auch hier mit Blick auf Arbeitsbedingungen und auf ehrenamtliches Engagement der Kolleginnen und Kollegen noch sehr viel Luft nach oben. Da kann das Land noch nachsteuern. Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken: Herr Schalauske, die Zeit ist erreicht. Jan Schalauske (DIE LINKE): Die Zeit ist erreicht. – Abschließend noch ein Hinweis, auch wenn er Ihnen gar nicht so gut gefällt: Sie wissen, dass sich im Einzelplan 17 auch die Vermögensteuer befindet. Sie wissen, dass wir der Auffassung sind, dass wir die starken Schultern in unserer Gesellschaft stärker belasten sollten, um unser Gemeinwesen zu finanzieren. Im Moment ist es so, dass sich die Vermögensteuer, die aktuell nicht erhoben wird und die leider auch von Schwarz-Grün gar nicht gewünscht wird, trotzdem in den Haushaltsplänen findet. Dort steht im Moment eine kleinere rote Zahl. Wenn Sie irgendwann einmal unseren Vorschlägen folgen, könnten da größere schwarze Zahlen stehen, mit denen wir dann auch die Finanzen des Landes Hessen verbessern. – Vielen Dank. (Beifall DIE LINKE)