Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Janine Wissler zu den Hochschulen im Corona-Betrieb

Janine Wissler
Janine WisslerCoronaWissenschaft

In seiner 43. Plenarsitzung am 16. Juni 2020 diskutierte der Hessische Landtag über den Erlass einiger rechtsverordnungen, die es den hessischen Hochschulen erlauben sollen, zukünftig besser auf Pandemien, wie beispielsweise das Coronavirus zu reagieren. Dazu die Rede un

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Der Gesetzentwurf ist ein guter Anlass, um über die Situation der Studierenden in diesem Land während der Corona-Krise zu sprechen. Es gab am Montag einen bundesweiten Aktionstag der Studierenden, der auch hier vor dem Landtag stattgefunden hat, an dem sie auf ihre Situation aufmerksam gemacht haben. Deswegen will ich darauf hinweisen, dass jeder vierte Studierende durch diese Krise in Existenznot geraten ist, dass viele ihre Jobs verloren haben, dass sie natürlich auch davon betroffen waren, dass es keine Kinderbetreuungen gab – es gibt eine ganze Menge Studierende mit Kind –, und dass viele dadurch in eine finanzielle Schieflage geraten sind und sich verschulden mussten.

Da muss man sagen: Es kam bisher sehr wenig vom Bund. Das, was vom Land kam, der 250.000-€-Fonds, der nach zwei Stunden ausgeschöpft war, hat für 260.000 Studierende natürlich nicht gereicht. Das, was wir gerade auf Bundesebene diskutieren und was ab jetzt umgesetzt werden soll, ist natürlich auch viel zu wenig, zumal die Bedingung ist, dass Studierende weniger als 500 € auf dem Konto haben, damit sie überhaupt Hilfen beantragen können. Wenn man überlegt, was so ein WG-Zimmer in Frankfurt kostet und was Studierende vielleicht sonst noch ausgeben müssen, stellt man fest, dass das eine unvernünftige und unrealistische Vorgabe ist.

(Beifall DIE LINKE)

Daher sind die Studierenden in den letzten Monaten von der Bundesregierung, von Frau Karliczek, durchaus ziemlich alleingelassen worden. Deswegen ist es richtig, dass jetzt etwas passiert und Rechtssicherheit geschaffen wird.

Es ist natürlich so, dass viele Studierende in der Sorge sind, da sie selbst eingeschränkt waren, zu studieren, dass Labore geschlossen hatten, dass Bibliotheken geschlossen hatten und dass sie sich nicht auf Prüfungen vorbereiten konnten. Deswegen sind wir grundsätzlich der Meinung, dass es richtig ist, hier eine Rechtsgrundlage zu schaffen und an diesen drei Punkten tätig zu werden. Wir brauchen nämlich eine Anpassung der Regelstudienzeit, was den BAföG-Bezug angeht, weil Studierenden durch diese Situation einfach kein Nachteil entstehen darf – egal, ob sie ihre erste oder ihre letzte Prüfung machen. Klar muss sein, dass dieses Semester nicht voll gewertet werden kann und dass Studierenden kein Nachteil entstehen darf, weil sie ihre Prüfungen nicht ablegen können.

(Beifall Dr. Daniela Sommer (SPD))

Es ist richtig, eine rechtssichere Lösung für die Onlineprüfungen zu schaffen. Auch hier – Kollegin Sommer hat es schon gesagt – haben sich viele – –

(Vereinzelter Beifall SPD – Zuruf Turgut Yüksel (SPD))

  • Ach so, ich habe „Kollegin Sommer“ gesagt, und dannfangt ihr an zu klatschen. Ich probiere es gleich noch einmal. – Viele Hochschulen haben sich da schon selbst beholfen, weil die Situation an den Hochschulen wirklich total schwierig ist. Spricht man mit Studierenden, sagen sie, dass sie hier und dort eine Videokonferenz haben. Es ist teilweise wirklich schwierig, Möglichkeiten für Hausarbeiten und für Prüfungen zu finden. Auch stellt sich die Frage, wie so ein Onlinesemester überhaupt aussehen soll. Da gibt es größere Probleme. Deswegen ist es richtig, eine rechtliche Grundlage zu schaffen. Gleiches gilt natürlich auch für die Befristungen.

Klar ist: Wir müssen Exmatrikulationen vermeiden, und wir müssen auch vermeiden, dass Studierende ihr Studium abbrechen, weil sie einfach in größten Finanznöten sind, weil sie ihre Nebenjobs verloren haben oder der BAföGBezug ausläuft. Deswegen ist es sicher richtig, eine Rechtsgrundlage zu schaffen.

Hinzu kommt, dass die Ministerin im Obleutegespräch zugesagt hat – ich selbst war nicht dabei, aber ich wurde vertreten –, dass die Verordnungen, die Sie nach dieser Rechtsgrundlage erlassen können, vor dem Erlass dem Ausschuss transparent gemacht werden. Wir finden, das ist eine richtige Zusage. Aber unser Eindruck ist auch, dass Vertreter der Hochschulen sagen, sie brauchen hier eine rechtliche Grundlage, sie brauchen ein Gesetz. Deswegen würde ich mich den Worten der Kollegin Sommer anschließen – –

(Beifall SPD)

  • Wenn es so einfach ist, ein bisschen mehr Applaus in die-sem Haus zu bekommen, merke ich mir das.

(Heiterkeit)

Deswegen würde ich mich den Worten anschließen und sagen: Wir begleiten das positiv. Vielleicht gibt es noch die eine oder andere Detailfrage im Ausschuss, Frau Ministerin, die können wir dann noch beraten. Aber Sie haben die Obleute transparent darüber informiert, und auch wir glauben, dass wir jetzt hier tätig werden müssen.

Grundsätzlich stehen wir dieser Rechtsgrundlage – anders als die FDP – eher positiv gegenüber. Wir sehen auch, dass es hier eine Zeitnot und einen Druck gibt und dass wir vor Ende des Sommersemesters und vor Beginn des Wintersemesters eine Grundlage schaffen müssen. Ich glaube, das ist das Mindeste, was wir tun können. Es gibt eine ganze Menge, was wir für die Studierenden noch mehr tun könnten. Da sind die Landesregierung und natürlich auch die Bundesregierung in der Plicht. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD – Zurufe SPD: Das

„Sommer“-Semester! – Weitere Zurufe SPD: Das „Dr. Sommer“-Semester! – Heiterkeit)