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Rede

Elisabeth Kula - Kinder und Jugendliche ernst nehmen und Beteiligungsmöglichkeiten ausbauen

"Kinder und Jugendliche ernst nehmen und Beteiligungsmöglichkeiten ausbauen"

Elisabeth Kula
Elisabeth KulaFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

In seiner 28. Plenarsitzung am 12.12.2019 diskutierte der Hessische Landtag auf unseren Antrag über einen Ausbau der Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen. Dazu die Rede unserer bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste!

Im vergangenen Jahr wurden Kinderrechte im Rahmen der Volksabstimmung mit einer Mehrheit von 86 % in die Hessische Verfassung aufgenommen. Aus dieser Verfassungsänderung leitet sich ein politischer Handlungsauftrag an uns alle ab.

Wir als LINKE haben mit diesem Antrag die für uns zentralen politischen Handlungsfelder der Landesregierung zusammengetragen, um Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen konkret in Hessen zu verankern.

(Beifall DIE LINKE)

Auf vielen Ebenen gibt es in Hessen Bewegung für die Stärkung von Kinderrechten. Einige Kommunen sind bereits Mitglied der Kampagne des Deutschen Kinderhilfswerks und nehmen Kinderrechte in den Fokus.

Nun ist auch die Landesregierung in der Pflicht, sich des Themas anzunehmen und politisch aktiv zu werden. Schließlich feiert die UN-Kinderrechtskonvention in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Wenn Sie aber noch weitere Gründe brauchen, um aktiv zu werden, dann hat Sie vielleicht die Studie des Deutschen Kinderhilfswerks überzeugt, die für Hessen einen unterdurchschnittlichen Umsetzungsgrad der UN-Kinderrechtskonvention im Vergleich der Bundesländer ausweist.

Eine Kinderrechtsbeauftragte bzw. einen Kinderrechtsbeauftragten hat Hessen gerade auch nicht. Frau Prof. Gerarts musste das Ehrenamt niederlegen, weil sie von ihrer Universität keine Freistellung dafür bekam. Seitdem ist das Amt unbesetzt.

Das von der Landesregierung vollmundig angekündigte Jahr der Kinderrechte 2020 wurde anscheinend auch abgesagt. Auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Degen konnten Sie nicht vorweisen, was im Rahmen dieses Jubiläumsjahres geplant ist. Sehr geehrte Damen und Herren der regierungstragenden Fraktionen und der Landesregierung, nehmen Sie endlich das Thema Kinderrechte ernst.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Besonders aktuell ist die Forderung nach mehr Partizipation und Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche. Man kann eine enorme Politisierung von jungen Menschen beobachten. Die „Fridays for Future“-Bewegung ist der lebendige Beweis für diese begrüßenswerte Entwicklung.

Daneben müssen aber auch verfasste Möglichkeiten der Mitbestimmung stehen. Was sich Jugendliche darunter vorstellen, wurde im September auf dem „Hands-on Participation“-Kongress des Hessischen Jugendrings diskutiert und schließlich als Forderungskatalog an die Fraktionen geschickt.

Sehr geehrte Damen und Herren von CDU und GRÜNEN, ich finde es schon sehr dreist, sich in Ihrem Dringlichen Entschließungsantrag darauf zu berufen. Dieser Kongress war keine Errungenschaft von Ihnen, sondern von den vielen engagierten Jugendverbänden, denen Sie gleichzeitig die dringend notwendige Mittelaufstockung um 25 % verweigern, und dafür lassen Sie sich auch noch feiern. Das ist nicht der angemessene Umgang mit dem Engagement junger Menschen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Stattdessen sollten Sie sich mit den Forderungen auseinandersetzen, die von dem Kongress an Sie gerichtet wurden. Dazu ist in Ihrem Entschließungsantrag leider nichts Konkretes zu finden.

Wir als LINKE erkennen die Notwendigkeit, das in Hessen verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf Beteiligung zu stärken und dabei die Wünsche und Bedürfnisse der jungen Menschen zu berücksichtigen. Dabei geht es auch darum, den Raum, in dem sich alle Kinder und Jugendlichen die meiste Zeit aufhalten, nämlich die Schule, zu demokratisieren. Schülerinnen und Schüler und deren Vertretungsstrukturen brauchen endlich mehr Mitbestimmungsrechte. Schließlich stellen sie die Mehrheit an der Schule dar. Eine Drittelparität in der Schulkonferenz, wie es sie beispielsweise in Baden-Württemberg gibt, wäre ein großer Schritt zur Demokratisierung der Schulen.

Ein großes Thema der Jugendlichen auf dem HOP-Kongress waren die Beteiligungsstrukturen auf kommunaler Ebene und in der Landespolitik. Über ganz Hessen verteilt gibt es verschiedene Formen der kommunalen Mitbestimmung. In den meisten Fällen handelt es sich aber um kommunale Kinder- und Jugendparlamente. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün steht, dass Sie die flächendeckende Einrichtung kommunaler Jugendparlamente unterstützen und dies mit der Umsetzung der Kinder- und JugendrechteCharta verbinden wollen. Bisher haben Sie da nicht geliefert.

Unterstützung wäre auch bei der Einrichtung eines Kinderund Jugendparlaments auf Landesebene angebracht. Hier haben junge Menschen unter 18 Jahren nämlich noch keinerlei Mitbestimmungsmöglichkeiten. Es gibt eine Initiative der Hessischen Union zur Stärkung von Kinder- und Jugendinteressen, kurz: HUSKJ, die sich der Aufgabe der Etablierung eines Landesjugendparlaments angenommen hat.

Um den Interessen von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene mehr Ausdruck zu verleihen, wäre auch der Kinder- und Jugendcheck gut. Er ist ein Prüf- und Sensibilisierungsinstrument. Es soll die Auswirkungen geplanter Gesetzesvorhaben auf junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren sichtbar machen. Auch das wurde von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des HOP-Kongresses eingefordert.

Eine weitere zentrale Forderung vieler Jugendverbände und politischer Jugendorganisationen ist die Absenkung des Wahlalters. Ich muss schon sagen, was man da manchmal für Gegenargumente hört, da kann man nur den Kopf schütteln. Wir fordern die Herabsetzung des Wahlalters für Kommunal- und Landtagswahlen auf 16 Jahre, weil auch Jugendliche politisch denken, ihre Interessen kennen und somit in der Lage sind, für sich eine Wahlentscheidung zu treffen. Mit 16 Jahren kann man eine Ausbildung absolvieren, also Steuern zahlen, und man ist strafmündig. Wir finden, dann sollte man auch das höchste demokratische Recht wahrnehmen können und an Wahlen teilnehmen und dafür kandidieren dürfen.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, anstatt eine vermeintliche Politikverdrossenheit zu beklagen, sollten die nächsten Generationen dabei unterstützt werden, ihre Interessen zu äußern und diese in den politischen Prozess einzubringen, sei es auf der Straße oder auf parlamentarischem Weg. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)