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Rede

Rede Marjana Schott zum Gesetzentwurf der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein „Gesetz zur Änderung des Hessischen Krankenhausgesetzes 2011 und anderer Rechtsvorschriften“

Marjana Schott
Marjana SchottGesundheit

Rede Marjana Schott am 20. Juni 2018 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch bei diesem Gesetzentwurf ist die heiße Nadel im Einsatz gewesen. Es fehlen an vielen Stellen Begründungen für die gesetzlichen Änderungen, die damit nicht mehr nachvollziehbar sind und keine Erklärung bei Auslegungsfragen bieten.

In § 17, 8 soll „die Sicherung einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen regionalen Versorgung“ herausfallen. Das bedeutet, dass der Krankenhausplan grundsätzlich „für bestimmte medizinische Indikationen, insbesondere für chronische Erkrankungen, bei denen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich ist, und für einzelne Bereiche der Notfallversorgung … Anforderungen an die Zusammenarbeit und eine Aufgabenteilung zwischen Krankenhäusern festlegen“ muss.

Mir erschließt sich der Gesetzestext und Begründung so, dass die Landesregierung beispielsweise bei der Notfallversorgung die neuen bundesgesetzlichen Regelungen im SGB V nutzt und zusätzlich selbst bestimmt, was an Versorgung für das Land erforderlich ist. Bedarfsdeckung und eine regionale Versorgung scheinen keine Rolle mehr zu spielen, zumindest nicht  als nachvollziehbare und einklagbare Größe. Da soll keine Klinik kommen und einen Sicherstellungszuschlag verlangen, weil sie angeblich für die Notfallversorgung erforderlich sei. Interessant ist, was dies auch für andere Gebiete zum Beispiel für die Geburtskliniken oder auch Kinderkliniken bedeutet. Ich erinnere nur an den Februar, als die HSK Kinderklinik aus nur einer Wiesbadener Kinderarztpraxis sechs kleine Patient*innen nach Mainz, Darmstadt, Frankfurt, aber auch nach Bad Kreuznach oder nach Hanau geschickt hat, weil sie keinen Platz frei hatte (Wiesbadener Kurier am 22.2.18). Bedarfsgerecht ist etwas anderes. Interessant wird sein, wie der Krankenhausplan insgesamt aussieht, der laut Grüttner bereits seit 2016 vorliegen soll.

Für uns ist die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen und somit auch stationären Einrichtungen die entscheidende Größe bei der Krankenhausplanung im Land. Diese verdient bei Schwarzgrün aber nicht einmal den Namen. Außer man versteht unter Planung, wie sorgen wir für die Schließung von möglichst vielen Kliniken, möglichst den kleineren, den kommunalen Krankenhäusern und möglichst denjenigen, die die ländliche Bevölkerung versorgen. Wenn dieser Planungsauftrag, den sich diese neoliberale Regierung selbst gegeben hat – die Bevölkerung wird nicht befragt, sie könnte ja eine andere Meinung haben -, mit der Änderung des Krankenhausgesetzes mit erst einmal unverdächtigen Formulierungen durchgesetzt werden soll, dann ist Widerstand notwendig.

Dass Minister Grüttner, der heute bei der Sozialministerkonferenz in Düsseldorf mit den Protesten der Pflegekräfte konfrontiert wird – bundesweit fehlen 80.000 in den Klinken – die Förderung von Krankenhausverbünden als sein Steckenpferd auserkoren hat, ist ja keine neue Nachricht. Dass die Mittel bereits in den Haushalt eingestellt worden sind, lässt mich stutzig werden. Jetzt dachte ich doch bei der Haushaltsverabschiedung, dass die Landesregierung verstanden hat, dass die Investitionsmittel für die Krankenhäuser viel zu knapp bemessen sind. Die 20 Millionen mehr sind aber nur für die braven Krankenhäuser gedacht, die Herrn Grüttners Konzept gefolgt sind. Von dem abgesehen sind auch diese Mittel viel zu gering. Es ist den Kliniken nicht möglich, die notwendigen Investitionen zu erbringen, wenn nicht endlich aufgestockt wird. Es ist unerträglich, dass mit den Leistungen der Krankenversicherung, die der Behandlung und insbesondere der Bezahlung des Personals dienen, Investitionen gezahlt werden müssen, weil die Länder sich ihrer Verantwortung entziehen. Und das passiert auch noch mit den kommunalen Mitteln der Krankenhausumlage.

Jetzt komme ich zu dem Thema, mit dem Sie ihren Koalitionsvertrag weiter abarbeiten wollen. Aber Sie haben ja noch ein paar Wochen Zeit für ein paar eilige Gesetze. Es handelt sich um die Gesundheitskonferenzen. Dies ist eine prinzipiell sinnvolle Angelegenheit. Wir haben das Interesse, möglichst viele Akteure des Gesundheitswesens in die Planung vor Ort einzubeziehen. Allerdings haben sich die bisherigen Gremien, die ja bereits seit 2011 die Aufgabe hatten, sektorenübergreifend zu arbeiten, als nicht besonders effektiv erwiesen. Es ist bezeichnend, dass sie jetzt in das Gesetz mit dem Landesgremium nach SGB V aufgenommen werden soll. Hier haben wir vor nicht allzu langer Zeit kritisiert, dass es sich nur um eine Geheimveranstaltung handelt. Es werden insbesondere Kostenträger und Dienstleister*innen berufen. Die kommunale Seite ist so vertreten, dass dies meist nicht zu einer demokratischen Diskussion in den Landkreisen oder kreisfreien Städten führen wird. Eine Vertretung aus dem Gesundheitsamt und eine weitere Person, das ist meist der zuständige Beigeordnete sind von der kommunalen Ebene vorgesehen. Die Beschäftigten sind nur über die Berufsverbände im Landespflegerat vertreten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie bedauern regelmäßig den Mangel an Pflegekräften, Sie schätzen deren Arbeit und deren Mitwirkung allerdings viel zu gering. Diese mangelnde Wertschätzung wird nicht zu mehr Pflegekräften führen.

Im Übrigen demonstrieren heute nicht nur in Düsseldorf Pflegekräfte für eine Personalbemessung und die Einstellung von mehr Pflegekräften, sondern auch in Darmstadt und zwar gerade jetzt. Dass die Gewerkschaften wiederum nicht in die Gesundheitskonferenzen einbezogen werden, ist eine Missachtung der Interessen der Beschäftigten.

Öffentliche Diskussionen, ja nur die Veröffentlichung der Ergebnisse ist im Rahmen dieses Gesetzes nicht gegeben. Auch wenn wie durch Geisterhand nach der Landtagsberatung zu dem Landesgremium ein eigener Reiter auf der Homepage auftauchte und fünf Beschlüsse dokumentiert wurden, ist dies noch keine Transparenz.

Die Versorgungsgebiete des Landeskrankenhausplans hätten sich bewährt und würden den Patientenpfaden folgen. Das ist eine nicht bewiesene Behauptung und stimmt auf jeden Fall nicht, wenn man berücksichtigt, dass die Patient*innen durchaus Landesgrenzen überqueren können.

Diese Überlegungen führen dazu, dass ich es viel sinnvoller finde, die Gesundheitskonferenzen auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte zu fördern und diesen die Aufgabe zu übertragen. Schließlich haben sich bereits 20 Gesundheitskonferenzen gebildet, die durchaus aktiv sind. Im Kreis Groß-Gerau wird dieses Jahr die dritte Veranstaltung stattfinden. Die örtlichen Gesundheitskonferenzen werden sicher im Interesse der Patient*innen und der Kapazitäten innerhalb und außerhalb des Bundeslandes mit anderen Gesundheitskonferenzen und Dienstleistern zusammenarbeiten. Ich gebe zu, es sind mehr als sechs Konferenzen und somit mehr als 72 000 Euro pro Jahr. Ich traue aber den Kreisen und kreisfreien Städten zu, mit dem Geld für die Geschäftsführung eine gute Arbeit im Interesse einer guten Gesundheitsversorgung zu machen.