Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Rede zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung

Hermann Schaus
Hermann SchausKommunales

- unkorrigiertes Redemanuskript - es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

es ist mittlerweile zur Tradition geworden, dass sich der Hessische Landtag mindestens einmal in jeder Legislaturperiode –auch ohne Befristung des Gesetzes- mit der Hessischen Gemeindeordnung  beschäftigt.

Es ist vor allem deshalb gut, weil wir nun die Möglichkeit haben, die in großen Teilen völlig verkorkste Reform des Jahres 2011 wieder zu korrigieren. Wir erinnern uns noch daran, dass zwar im Energiegipfel ein breiter Konsens zur verstärkten Umstellung der Energieversorgung  auf Erneuerbare vorhanden war, es aber die FDP war, die es damals verhindert hat, dass sich in diesem Bereich die kommunalen Stadtwerke und Betriebe umfassend wirtschaftlich betätigen können. Lediglich aus alten Rechten war und ist derzeit noch für einige Stadtwerke möglich.

Deshalb begrüßen wir es auch, dass die neue Landesregierung dieses Relikt eines zu recht vergangenen neoliberalen Privatisierungswahns nun angeht um allen Kommunen, wenigstens auf diesem Gebiet die wirtschaftliche Betätigung wieder zu ermöglichen.

Herr Wagner hat von einem Meilenstein bei ihrem Gesetzentwurf gesprochen. Ich meine ein Meilenstein ist dieser Gesetzentwurf nicht, Denn die neuen  Regierungsfraktion gehen bei der Änderung des § 121 der HGO aus unserer Sicht nur einen kleinen Schritt nach vorn. Mit dieser Novellierung erfüllen Sie gerade einmal die Minimalforderung  der kommunalen Spitzenverbände.

Aus unserer Sicht ist ihr Gesetzentwurf aber keine zufriedenstellende Lösung. Weiterhin soll das Subsidiaritätsprinzip vorrangig in nahezu allen Wirtschafts- bereichen weitergelten. In keinem anderen Bundesland kennt  man so weitreichende Einschränkungen. Wir haben daher einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf eingebracht, der es den Kommunen ermöglichen soll, sich in allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, im Rahmen der Gesetze, wirtschaftlich betätigen zu können.

Die Entscheidung welche Wirtschaftsbereiche dies sind sollen die Kommunen nach unseren Vorstellungen in eigener Verantwortung selbst entscheiden. Dabei verfolgen wir durchaus das Ziel, dass die aus solcher Tätigkeit erzielten Gewinne der Allgemeinheit, also den Einwohnern der Stadt oder Gemeinde zugute kommen. Dies sieht im Übrigen auch das Bundesverwaltungsgericht so, wenn es urteilt, dass es Kommunen nicht grundsätzlich verwehrt sein darf, am freien Wettbewerb teilzunehmen.

Durch Ihre weitgehende Aufrechterhaltung der Subsidiaritätsklausel in § 121 Absatz 1 HGO behindern Sie jedoch genau diese Teilnahme. Wer aber die Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen nach Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes ernst nimmt, der muss  die Kommunen auch selbst entscheiden lassen, welche Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sie selbst erfüllen wollen und welche sie weiterhin der Privatwirtschaft überlassen möchten. Wir haben bei unserer Initiative keine Sorge, dass jetzt die große Rekommunalisierungswelle stattfinden wird, denn dazu fehlen leider den Kommunen die Finanzmittel für die notwendigen Startinvestitionen.

Wir glauben zudem auch nicht, dass dadurch eine Konkurrenz zu ortsansässigen Handwerksbetrieben entsteht, denn wir trauen den kommunalpolitikerinnen und –politikern durchaus zu, hier ausgewogene Entscheidungen zu treffen.  Man muss doch den Kommunen auch einen Beurteilungsspielraum überlassen, der es Ihnen erlaubt auch andere als wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Selbst bei einer Öffnung des § 121 HGO wie wir es in unserem Änderungsantrag  festschreiben wollen, bleibt die Betätigung auf Geschäftsfelder begrenzt, die das Gemeinwohl betreffen, denn als Zulässigkeitsvoraussetzung von kommunaler wirtschaftlicher Betätigung bleibt natürlich auch in unserem Entwurf der öffentliche Zweck der Tätigkeit.

Immer wieder fälschlicherweise vorgetragene Bedenken,  Kommunen würden dann auch Friseursalons oder Waschanlagen betreiben entbehren deshalb jeglicher Grundlage. Vor dem Hintergrund eines Wegfalls der Subsidiaritätsklausel wäre es den Kommunen dann auch möglich regelmäßig zu prüfen, ob vormals privatisierte Aufgaben wieder rekommunalisiert werden können, wie wir es in Absatz 5 unseres Änderungsantrages fordern.

Es ist doch völlig klar, dass kommunale Unternehmen in besonderer Weise dazu verpflichtet sein müssen, soziale Belange der Menschen vor Ort zu berücksichtigen. Daher schaffen wir durch die Neueinführung einer Ziffer 2 in Absatz 6 unseres Änderungsantrages auch eine Grundlage für sozial gestaffelte Gebühren bei Leistungen der Daseinsvorsorge.

Wir haben den Mut, den Kommunen ihr Recht zurück  zu geben, sich umfänglich wirtschaftlich betätigen zu können. Um so wieder zu einen fairen Wettbewerb zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen zurückzuführen.

Also, seien sie doch endlich auch mal so mutig  wie wir!

Gesetzentwurf von CDU und Grüne: Drucksache 19/250, Änderungsantrag DIE LINKE, Drucksache 19/291