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Rede

Jan Schalauske - ‚Starke Heimat Hessen‘ ist beispielloser Eingriff in kommunale Selbstverwaltung

‚Starke Heimat Hessen‘ ist beispielloser ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 25. Plenarsitzung am 31. Oktober 2019 diskutierte der Hessische Landtag über das "Starke Heimat Hessen"-Gesetz. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Zunächst eine Vorbemerkung an Herrn Kaufmann: Herr Kaufmann, wenn Sie sich über Hütten und Paläste in Hessen sorgen, dann möchte ich doch anregen, die Hütten in den Kommunen in Paläste zu verwandeln. Das machen Sie am besten, wenn Sie auf diesen Gesetzentwurf verzichten und wenn Sie stattdessen die Kommunen in Hessen besser ausstatten – die Kommunen, die durch Jahrzehnte CDU-geführte Landesregierung drangsaliert und finanziell unterausgestattet worden sind.

(Beifall DIE LINKE und Robert Lambrou (AfD))

Mit dem Gesetzentwurf, den Sie hier vorlegen, geht Hessen einen einmaligen Sonderweg – nur leider in die falsche Richtung. Während alle anderen Bundesländer die frei werdenden Mittel aus der Gewerbesteuerumlage voll und ganz in der Entscheidungshoheit der Kommunen belassen, wollen CDU und GRÜNE eben einen Großteil der 400 Millionen € nach eigenem Gusto an die Kommunen verteilen.

Folgerichtig ist dieser Gesetzentwurf tatsächlich ein einmaliger Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, der in der Anhörung – darauf ist hingewiesen worden –, aber eben auch in zahlreichen Beschlüssen von Kreistagen, Stadtparlamenten, Gemeindevertretungen, ja, nahezu von allen Vertretern der kommunalen Familie in beispielloser Einmütigkeit zurückgewiesen worden ist. Sogar die Kommunen, die finanziell von der veränderten Gesetzeslage profitieren würden, haben gesagt: Wir wollen diesen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung nicht. – Nehmen Sie doch diese kommunalen Stimmen endlich ernst.

(Beifall DIE LINKE und Torsten Warnecke (SPD))

CDU und GRÜNE behaupten, mit ihrem, wie wir finden, intransparenten Umverteilungsprogramm besonders finanzschwache Kommunen unterstützen zu wollen; das ist das Argument vom Kollegen Kaufmann. Grundsätzlich ist das ein ehrenwertes Ziel. Aber es ist eben auch ein Eingeständnis dafür – so hat es der Kollege Hahn gesagt –, dass Ihr Kommunaler Finanzausgleich eben nicht fair und gerecht ist, sondern finanzschwache Kommunen anscheinend benachteiligt, weil Sie sonst jetzt nicht nachbessern müssten.

Dann argumentieren Sie, mit kommunalen Geldern wichtige Zielsetzungen voranbringen zu wollen – Verbesserung der Kinderbetreuung, Krankenhausinvestitionen, Stärkung des ÖPNV, Schulsekretariate, Digitalisierung. Das sind zweifelsohne alles ganz wichtige Themen. Es ist gut, dass die Landesregierung endlich diese Themen entdeckt hat, aber bitte organisieren Sie deren Finanzierung doch mit eigenen Mitteln, statt dafür die Mittel der Kommunen zu nehmen.

(Beifall DIE LINKE)

In der Anhörung zum Gesetzentwurf ist berichtet worden, dass die kommunalen Vertreter für diese Herangehensweise von CDU und GRÜNEN viele griffige Bilder und interessante Assoziationen gefunden haben. Ich habe es an dieser Stelle schon einmal gesagt, aber es ist so schön, dass ich es noch einmal tun möchte. Eine dieser Assoziationen lautete wie folgt: Die Kommunen, die kommunalen Vertreter haben den Eindruck – Herr Kaufmann hat ihn heute wohl wieder bestätigt –, dass Sie sich hier mit großen Worten als guter Robin Hood aufspielen, tatsächlich aber verhalten Sie sich nicht anders als der Sheriff von Nottingham. So ist das, meine Damen und Herren: Hier sitzt nicht Robin Hood, sondern der Sheriff von Nottingham.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt noch ein weiteres strukturelles Problem. Langfristig ist nicht gesichert, ob die Kommunen, die jetzt im Rahmen der Sonderprogramme Mittel erhalten, damit auch über die nächsten Jahre rechnen können; denn wie das Geld verteilt wird, wird jedes Jahr neu im Haushaltsgesetz entschieden. Angesichts der gegenwärtigen Mehrheit entscheidet darüber eben nicht Robin Hood, sondern der Sheriff von Nottingham.

Wenn die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen ein Missverhältnis zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen ausgemacht haben, dann ist es doch keine Lösung, kommunale Mittel nach eigenem Gusto zu verteilen, sondern dann müssen Sie den Kommunalen Finanzausgleich und endlich auch die Finanzausstattung der Kommunen verbessern.

Der Änderungsantrag von CDU und GRÜNEN ändert nichts an unserer grundsätzlichen Haltung zu diesem falschen Gesetz. Es bleibt im Fazit dabei: Der Gesetzentwurf ist ein beispielloser Eingriff in die kommunale Selbstver- waltung. Wegen dieses Eingriffs verlieren alle Kommunen durch die Umlage des Landes. Wer finanzschwache Kommunen besser unterstützen möchte, der sollte auf diesen Gesetzentwurf verzichten und stattdessen für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen sorgen sowie im Übrigen für ein gerechteres Steuersystem, das das Gemeinwesen auch besser ausfinanziert.

(Beifall DIE LINKE)