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Rede

Trosten Felstehausen - Schluss mit unnötigen Kurzstreckenflügen

Torsten Felstehausen
Torsten FelstehausenRegierung und Hessischer LandtagUmwelt- und KlimaschutzVerkehr

In seiner 39. Plenarsitzung am 6. Mai 2020 diskutierte die Hessische Landesregierung über unseren Gesetzentwurf mit dem wir Kurzstreckenflüge von Abgeordneten und Verwaltungsmitarbeiter*innen einschränken wollen. Dazu die Rede unseres klimapolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ich werde mich bemühen, die Redezeit nicht voll auszuschöpfen. – Wir haben heute und auch gestern viel über die Folgen der Corona-Krise diskutiert, einer Pandemie, die das Potenzial hat, Hunderttausende Menschen zu töten. Wir haben gezeigt, dass wir uns diesen Herausforderungen stellen. Wir haben auch gezeigt, dass wir Wissenschaftler ernst nehmen und bereit sind, gewaltige Einschränkungen in Kauf zu nehmen.

Wir tun das alles, weil wir hoffen, damit die drohende Gefahr abwenden zu können. Das Gleiche gilt auch immer noch für eine andere Krise, die uns ebenso weltweit bedroht, nämlich die Klimakrise. Sie sollte in diesen Tagen auch die nötige Aufmerksamkeit bekommen. Wissenschaftler haben uns berechnet, was weltweit passiert, wenn wir mit Blick auf diese Krise nicht ebenfalls einschneidende Maßnahmen treffen.

Wir alle wissen inzwischen, was Kipppunkte sind. Wir wissen, was passiert, wenn wir jetzt nicht entschieden umsteuern. Meine Damen und Herren, dieses Wissen muss dazu führen, den weltweiten CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren. Eigentlich ist klar, dass wir nur noch ein kleines Zeitfenster haben, um unser Wissen tatsächlich in Handlungen umzusetzen. Diese Handlungen müssen wirkungsvoll sein. Die Anstrengungen werden in allen Sektoren nicht minder gewaltig sein müssen – beim Wohnen, bei der Energieerzeugung, in der Industrie, in der Landwirtschaft und natürlich auch im Verkehrssektor. Dazu haben wir heute diesen Gesetzentwurf eingebracht.

Wir sagen sehr deutlich: Die hessischen Landesbediensteten – das ist der Kern unseres Antrags – sollen zukünftig eben nicht mehr auf Kurzstrecken fliegen. Es gibt hervorragende Alternativen. Noch vor ein paar Wochen hieß es, diese Forderung sei völlig utopisch. Man könne Gespräche nicht einfach in Videokonferenzen verlagern, und man könne Meetings nicht virtuell führen. Die Corona-Krise hat uns eines Besseren belehrt. Wenn wir müssen, können wir; und wir werden müssen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben bei der Bekämpfung der Corona-Krise versucht, alle Infektionswege zu begrenzen. So werden wir auch bei der Klimakrise vorgehen müssen. Niemand wäre hierbei auf die Idee gekommen, nur eine einzige Sportart zu verbieten oder zu argumentieren, die anderen sollten mit dem Infektionsschutz anfangen, oder der Infektionsschutz sei viel zu teuer. Nein, beim Klima erleben wir, dass Ihnen immer, wenn es konkret wird – bei der Braunkohle, bei der Förderung erneuerbarer Energie, bei der Stärkung des Radverkehrs in den Innenstädten, beim Tempolimit auf den Autobahnen –, die Wirtschaft wichtiger als das Klima ist. Aber, meine Damen und Herren, ohne Klima wird es auch keine Wirtschaft mehr geben, die gefördert werden kann.

Wir brauchen eine andere Form von Wachstum, nämlich kein Wachstum nach dem Motto „schneller, höher, weiter“, sondern ein Wachstum von Nachhaltigkeit, von Bildung und von Gesundheit. Das müssen die Maximen sein, mit denen wir aus dieser Krise herausgehen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Antwort auf die durch Corona ausgelöste Wirtschaftskrise kann nicht „Weiter so!“ heißen, sondern sie muss „Umdenken!“ lauten. Österreich und Frankreich machen es uns vor. Die staatliche Beteiligung an den Luftflotten gibt es nur, wenn sich diese bereit erklären, sozial und ökologisch umzusteuern. Dazu gehört eben auch eine deutliche Reduzierung der klimaschädlichen Kurzstreckenflüge.

Nicht die Abwrackprämie kann die Lösung sein, sondern wir brauchen neue und vernetzte Verkehrskonzepte, weniger Individualverkehr und natürlich auch weniger Flüge. Der Klimawandel wird uns zum Umdenken zwingen. Je später wir damit anfangen, desto gravierender werden die Einschnitte werden.

Die folgenden Ausführungen richte ich an die GRÜNEN. Liebe GRÜNE, ich verstehe nicht, warum Sie sich bei so zentralen Themen Ihrer Partei, bei denen es um die Frage der Glaubwürdigkeit geht, auf so faule Kompromisse einlassen. Klimazertifikate werden keinen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten, und Sie wissen das.

(Beifall DIE LINKE – Vereinzelter Widerspruch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit Klimazertifikaten verlagern Sie das Problem, anstatt es an der Quelle zu bekämpfen. Das Klima lässt sich nicht mit Geld kaufen. Das Klima fordert das Handeln. Das Klima fordert das Handeln jetzt. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)