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Rede

Ulrich Wilken zur psychosozialen Prozessbegleitung im Strafverfahren

Ulrich WilkenJustiz- und Rechtspolitik

In seiner 86. Plenarsitzung am 9. November 2021 diskutierte der Hessische Landtag über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren. Dazu die Rede unseres rechtspolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie schlagen eine Regelung vor, wie das Recht der oder des Verletzten auf Hinzuziehung eines psychosozialen Prozessbegleiters, einer psychosozialen Begleiterin gewährleistet wird, inklusive dessen bzw. deren Anwesenheit im Verfahren sowie Regelungen, wer einen solchen Begleiter, eine solche Begleiterin bekommt. Wir begrüßen das ausdrücklich. Grundtenor des Gesetzentwurfs und auch schon des geltenden Gesetzes ist, dass die psychosoziale Prozessbegleitung zwar in erster Linie zum Abbau von Belastungen und Ängsten der Verletzten im Zusammenhang mit und in Strafverfahren dient, aber zugleich durch eine Stabilisierung der Betroffenen ihre Aussagetüchtigkeit erhöht. Das ist aus unserer Sicht auch gut. Auch der Hinweis – die Vorredner sind schon darauf eingegangen –, dass eine Anerkennung von psychosozialen Prozessbegleitern bei nachträglichem Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen wieder zurückgenommen werden kann, also eine Aberkennung erfolgen kann, ist aus unserer Sicht in Ordnung. Wir signalisieren also prinzipielle Zustimmung. Aber einen Hinweis muss ich Ihnen an dieser Stelle doch noch mitgeben, Frau Ministerin und meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen. Es gibt noch eine andere Belastungssituation von Opfern in Strafverfahren, auf die Sie Einfluss nehmen müssten – Sie weigern sich aber, das zu tun –, nämlich die Durchführung schnellerer Gerichtsverfahren in unserem Land. Auch das würde den Opfern helfen. Wir wissen alle, dass in Deutschland die Dauer von Strafverfahren seit Jahren zunimmt. Es gibt zwischen den Bundesländern erhebliche Unterschiede. Hessen befindet sich dort nicht in guter Gesellschaft, Hessen ist nicht an einem guten Ende, sondern in Hessen dauern die Strafverfahren viel zu lang. Wir wissen auch alle, dass eine der Ursachen für diese steigenden Verfahrensdauern, die eben zusätzlich belastend für die Opfer sind, in der Überlastung des Justizapparates besteht, wo es an Staatsanwälten, Richtern und eben auch Angestellten in den Geschäftsbereichen fehlt. Hier müssen Sie Abhilfe schaffen. Leider machen die aktuell laufenden, zwar im Moment gestoppten, Haushaltsberatungen mir da wenig Hoffnung. Eine letzte Bemerkung noch, die allerdings auch nichts an meiner prinzipiellen Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf ändern wird. Es ist schon fast zum Ritual geworden: das Hinweisen auf die Evaluationsunterlagen. Bisher wissen wir noch nicht, was dort detailliert berichtet worden ist. Ich bin gespannt und vertraue darauf, dass wir sie im Beratungsprozess sichten können. Ich bin gespannt darauf, ob und eventuell mit welchen Details Verbesserungsvorschläge vorgebracht worden sind, die Sie nicht umsetzen, bzw. wer überhaupt alles befragt worden ist. Das lässt sich leider zum momentanen Zeitpunkt von mir noch nicht beurteilen, weil das Verfahren der Evaluation zu intransparent ist. Vorläufige Quintessenz von mir für meine Fraktion: Mit dem Gesetz, das kann man so machen, aber vergessen Sie bitte Ihre Aufgaben in den anderen Bereichen nicht. – Vielen Dank. (Beifall DIE LINKE)