Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Viel Geld für vermeintliche Expertise - private Beratungsfirmen sind keine neutralen Berater für den Staat!"

Janine Wissler
Janine WisslerHaushalt und Finanzen

Ausgaben für externe Berater in den einzelnen Ministerien (Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der AfD, Ds. 20/813)

 

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die AfD hat eine Aktuelle Stunde beantragt, in der sie die hohen Kosten für externe Berater in den einzelnen Ministerien kritisiert. Eines vorneweg: Ich finde, die AfD sollte sich besser zurückhalten, wenn es um Ratschläge zu dem Thema „Haushalten und Umgang mit Geld“ geht.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist nämlich eine Partei, die von dubiosen Großspendern unterstützt wird – am Rande der Legalität und manchmal auch einen Schritt weiter: illegale Spenden aus Zürich, eine Stiftung in Den Haag –; eine Partei, deren Fraktion nach ihrem Einzug in den Bundestag erst einmal dadurch auffiel, dass sie für Zehntausende Euro Steuergeld Mettigel und andere Häppchen gefuttert hat und auch noch in dem Verdacht stand, bei den Mitteln für die IT-Ausstattung betrogen zu haben. Interessant ist, dass die Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel und Alexander Gauland, eigens einen Wirtschaftsprüfer engagierten – externer Sachverstand–, um die eigenen Fraktionsfinanzen prüfen zu lassen. Der Wirtschaftsprüfer stellte dann übrigens „Defizite und Auffälligkeiten“ im Umgang mit Fraktionsgeldern fest; von „Vettern- und Günstlingswirtschaft“ war die Rede sowie vom Verdacht auf Untreue. Es habe eine Verschwendung von Fraktionsgeldern – also Steuergeldern – gegeben, so der Wirtschaftsprüfer. Ich will nur feststellen, dass Ihre Bundestagsfraktion es nicht einmal schafft, die eigenen Fraktionsfinanzen ohne externen Sachverstand, ohne externe Berater zu managen. Von daher hat Ihre Partei wirklich nicht viel mit solidem Wirtschaften zu tun. Verschonen Sie uns mit Ihren Ratschlägen.

(Beifall DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Sache selbst: Wir haben in den letzten Jahren selbst einige Anfragen zu Aufträgen an Beratungsunternehmen, wie PwC und KPMG, gestellt, die jeweils lange Listen ergeben. Hessen hat in den letzten zehn Jahren viele Millionen Euro an diese Unternehmen überwiesen, damit sie unter anderem Vorschläge dafür machen, wie die Landesverwaltung schlanker und – angeblich – effizienter organisiert werden könne. Wir halten es für problematisch, dass viel Geld für vermeintliche externe Expertise ausgegeben wird, nachdem in den Behörden in den Bereichen immer mehr Stellen gestrichen worden sind. Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Zahl der Stellen in den Ministerien bzw. in der Staatskanzlei an anderer Stelle aufgebläht worden ist. Aber vielleicht wäre es für uns alle besser, wenn sich weniger Mitarbeiter damit beschäftigen würden, die Landesregierung zu vermarkten und Eigenwerbung für die Landesregierung zu organisieren. Dann hätten wir in den Ministerien auch wieder mehr inhaltliche Kompetenz und mehr Sachverstand.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will darauf hinweisen, dass die Firmen, über die wir reden, nicht unabhängig sind. Sie können keine neutralen Berater für den Staat sein. Sie fragen Unternehmen, die Banken und Konzernen dabei helfen, Steuern zu vermeiden, wie man die hessische Landesverwaltung besser organisieren kann. Welches Interesse haben die wohl? Solche Unternehmen dürfen doch nicht derart großen Einfluss auf die praktische Regierungspolitik haben. Die großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen – auch Ernst & Young, KPMG, und wie sie alle heißen – tauchen praktisch bei jedem Leak, bei jedem Steuerskandal auf, im großen Stile z.B. in den Panama Papers. Sie nutzen Steuerschlupflöcher nicht nur, sondern sie erfinden sie oft erst. Dafür belohnen wir sie dann mit öffentlichen Aufträgen. Meine Damen und Herren, das ist wirklich absurd. Diese Praxis kritisieren wir.

(Beifall DIE LINKE)

Vor einigen Jahren hat sich das Land Hessen von PwC beraten lassen, als es um die Zielvereinbarungen mit seinen Hochschulen ging. Sie haben sehr viel Geld ausgegeben, damit Roland Berger an der Uniklinik Frankfurt einmal nachschaut, wo es Einsparungspotenzial gibt und wie das Defizit, das der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser allgemein und der Unikliniken im Speziellen geschuldet ist, zu beseitigen ist. Dann erklären Betriebswirte Krankenschwestern, wie sie effizienter arbeiten sollen. Pflege ist aber keine Fließbandarbeit. Pflege braucht Zeit. Es geht hier nicht um die Frage, wie es schneller und effizienter geht.

(Beifall DIE LINKE und Torsten Warnecke (SPD))

Deshalb ist es auch wenig verwunderlich, dass es ganze Belegschaften mit der Angst zu tun bekommen, wenn externe Berater angekündigt werden, die dann ins Haus kommen und denen über die Schultern schauen; denn am Ende bedeutet das oft Stellenabbau und Arbeitsverdichtung, um Abläufe schneller zu machen. Dafür werden auch noch enorme Beträge an Steuergeldern ausgegeben. Dahinter steckt die Logik der Ökonomisierung aller Lebensbereiche – auch staatlicher Aufgaben des Allgemeinwohls. Das steckt hinter dieser Logik, die wir ablehnen.

Man versucht, Bereiche der Verwaltung und der öffentlichen Daseinsvorsorge nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu organisieren. Aber Krankenhäuser und Hochschulen sind keine Fabriken. Sie funktionieren nach anderen Kriterien. Sie sind dem Gemeinwohl verpflichtet.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme zum Schluss. Statt auf die Expertise dieser interessengeleiteten Firmen zu vertrauen, sollten Sie den öffentlichen Dienst vernünftig ausstatten. Dann gibt es nämlich genug Expertise im eigenen Haus, und man muss nicht noch Firmen Geld hinterherwerfen als Dank dafür, dass sie dabei helfen, dass dem Staat Steuergelder entgehen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und Torsten Warnecke (SPD))