Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - Umlagefähigkeit der Grundsteuer abschaffen

"Wir hätten bei der Grundsteuerreform auf ein Wertmodell gesetzt, frei nach dem Motto: Rabatte den Hütten, Steuern den Palästen"

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und FinanzenWohnen

Unterstützung der Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter (Dringlicher Antrag Fraktion DIE LINKE, Ds. 20/1269)

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen. Frau Kollegin Arnoldt, Sie haben sich ein bisschen die Sorge gemacht, die FDP fordere von Ihnen, einen Gesetzentwurf in relativ kurzer Zeit vorzulegen. Ich will daran erinnern: Wir hatten jüngst die Diskussion um den Gesetzentwurf „Starke Heimat Hessen“. Diesen hatten Sie auch relativ schnell vorgelegt. Da haben Sie sich von der Landesregierung sogar noch helfen lassen. Als das alles noch nicht so richtig geklappt hat, hat die Landesregierung Ihnen noch ein Gutachten besorgt. – Wenn Sie also wollten, würde das schon gehen. Aber das ist ein anderes Thema; ich wollte nur darauf hinweisen.

(Beifall DIE LINKE, SPD und Freie Demokraten)

Grundsätzlich finde ich, dass es sich nicht unbedingt darum handelt, Öl ins Feuer zu gießen, sondern ich halte es für eine gute Sache, dass wir hier heute auf Antrag der FDP über die Reform der Grundsteuer diskutieren. Wir haben das im Haushaltsausschuss schon einige Male anhand von Berichten des Finanzministers getan. Ich glaube, da das ein sehr wichtiges Thema ist, steht es uns gut an, das hier und heute im Hessischen Landtag zu machen. Frau Schardt-Sauer und Frau Arnoldt haben viel zu der Frage gesagt, dass es formal notwendig sei, bis zum Ende des Jahres zu einer Reform der Grundsteuer zu kommen.
Das hat das Bundesverfassungsgericht so vorgesehen. Dazu will ich gar nicht mehr viel sagen. Ich will aber auch unterstreichen, dass wir die Grundsteuerreform deswegen dringend brauchen, weil sie dafür sorgt, dass die Kommunen in einigen Jahren auch weiterhin die Grundsteuer erheben können. Die Grundsteuer ist für die Kommunen eine ganz große Einnahmequelle, um wichtige kommunale Aufgaben zu finanzieren, den Bürgerinnen und Bürgern soziale Leistungen zur Verfügung zu stellen, sich um öffentliche Infrastruktur zu kümmern: Straßen, Nahverkehr, Schwimmbäder und vieles mehr. Deswegen wollen auch wir, dass die Kommunen die Grundsteuer weiterhin erheben können.

(Beifall DIE LINKE)

Der Kompromiss zur Grundsteuerreform, den die Bundesregierung jetzt vorgelegt hat, wird unseren Anforderungen nicht gerecht, aber er spiegelt ein bisschen den Zustand der Großen Koalition wider. Denn weder kann man sich sauber für ein sachgerechtes Modell entscheiden, noch gelingt es leider überhaupt, bundeseinheitliches Recht zu schaffen. Man muss denken – ich baue eine Polemik ein –: Dass die
Koalition von CDU, CSU und SPD zusammenhält, ist der Sorge vor dem nächsten Wahltermin geschuldet; in der Sache
scheint da nicht mehr so viel zusammenzupassen. Aber vielleicht kommt noch einmal Bewegung in die SPD.

(Lachen Torsten Warnecke (SPD) – Robert Lambrou (AfD): Das war ein Schlag!)

Für die Grundsteuer heißt das nichts Gutes. Die Große Koalition hat sich von Bayern erpressen lassen. Es droht eine Entwicklung, in der theoretisch jedes Bundesland die Grundsteuer unterschiedlich regeln kann. Ob ein Modell dazu führt, dass die Grundsteuer ausgerechnet in Bayern gerechter als im Rest der Republik ausgestaltet wird, wage ich doch zu bezweifeln. Deswegen wird es Sie kaum wundern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass das Modell in Ihrem Antrag auf Unterstützung der Kleinstaaterei, die die CSU fordert und möglicherweise jetzt durchgesetzt hat, nicht das Modell ist, das wir bevorzugen. Das machen wir nicht mit. Wir wollen keinen weiteren Wettbewerbsföderalismus im Steuerrecht, sondern wir wollen Regelungen für gleichwertige Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Kollegin Schardt-Sauer, wenn Sie sich anhand des aus unserer Sicht unzureichenden GroKo-Modells überlegen, dass das möglicherweise einen Stellenaufwuchs in den Finanzverwaltungen bedeutet, dann überlegen Sie bitte einmal, was ein Wettbewerbsföderalismus und verschiedene Grundsteuergesetze in den Ländern für das Personal in den Finanzverwaltungen bedeuten. Das müssen Sie berücksichtigen. Das haben Sie an dieser Stelle nicht ausreichend getan. Ich habe wenig Glauben an die Fantasie der FDP, dass ein Flickenteppich bei der Steuergesetzgebung dazu führen würde, dass die Steuern überall sinken. Das ist möglicherweise Ihre Hoffnung. Ich glaube aber nicht, dass das funktionieren wird. Sie wollen damit zwar versuchen, Ihre Steuersenkungsvorstellungen in Politik umzusetzen, aber die Öffnungsklausel bietet vor allem die Möglichkeit, die Grundsteuer noch ungerechter zu gestalten, als dies bisher der Fall ist. Ihr Antrag ist ein gutes Beispiel dafür. Ihre Fraktion ist gemäß Ihrer ideologischen Pragmatik der Meinung, Steuern auf Sozialwohnungen sollen genauso hoch sein wie Steuern auf Luxuswohnungen. Ich finde das ungerecht. Wer in Luxuswohnungen in begehrten Lagen wohnt, der sollte auch mehr Steuern zahlen. Starke Schultern sollen mehr tragen als schwache Schultern. Das muss auch bei der Grundsteuer gelten.

(Beifall DIE LINKE)

Wir als LINKE hätten uns eine Grundsteuerreform gewünscht, bei der im Vordergrund gestanden hätte, dass sich eine Besteuerung am tatsächlichen Wert der Immobilien orientiert. Wir hätten auf ein Wertmodell gesetzt, frei nach dem Motto: Rabatte den Hütten, Steuern den Palästen. Ich finde, eine Grundsteuer, die sich an den Markt- oder Verkehrswerten orientiert, hätte zu einer gerechteren Bemessungsgrundlage geführt. Diese hätte außerdem noch einen ganz anderen Vorteil mit sich gebracht. Das ist ein Thema, mit dem wir Sie hier immer wieder gern beglücken. Ein anderer Vorteil wäre gewesen, dass Sie als Grundlage einer Vermögensteuer deutlich besser geeignet wäre als das jetzige Modell. Da haben wir einen großen Dissens zum Finanzminister. Er wünscht sich ein Modell, mit dem man niemals eine Vermögensteuer erheben kann. Das wünscht sich die FDP auch. Wir wollen etwas anderes. Wir wollen eine Vermögensteuer durch die Vordertür, um im Bild der Antragsteller zu bleiben, und nicht durch die Hintertür oder, wie das Finanzministerium, gar nicht. Wir wollen eine Vermögensteuer. Die Reform der Grundsteuer bietet die Chance, dafür die Grundlagen zu legen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich nehme sehr interessiert zur Kenntnis, dass wir nicht die einzige im Hessischen Landtag vertretene Partei sind, die über so etwas wie eine Vermögensteuer diskutiert. Allein, bei der Grundsteuer haben sich die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien leider anders entschieden. Nun stehen sehr praktische Fragen an. Bisher haben alle Beteiligten immer erklärt, dass sie die Grundsteuerreform nicht dafür nutzen wollen, die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich zu belasten. Darüber besteht hier im Haus sicherlich Konsens. Das Problem bleibt aber, dass es zwangsläufig zu Verschiebungen kommen wird. Nur weil wir uns einig sind, dass das Aufkommen insgesamt nicht steigen soll, kann praktisch niemand garantieren, dass nicht Einzelne zukünftig mehr Grundsteuern zahlen müssen und dass das gerecht ausgestaltet sein wird. Nun komme ich auf unseren Antrag zu sprechen, den wir hier ins Verfahren einbringen konnten. Wir haben ein Problem steigender Mieten in den Großstädten, im Rhein-Main-Gebiet, aber auch in hessischen Universitätsstädten und anderswo. Wenn die Grundsteuer aufgrund der Reform ansteigen wird, dann wird das gerade diese Menschen zusätzlich belasten, obwohl es gerade die Mieter sind, die nichts vom Ertragswert, der die Berechnungsgrundlage werden soll, haben werden. Deswegen wollen wir, dass die Grundsteuer nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden kann. Das finden wir deutlich gerechter. Damit befinden wir uns in guter grüner Gesellschaft. Die grüne Bundestagsfraktion bezieht diese Position, die Fraktionen in Berlin und in Thüringen ebenso. Zudem gibt es eine Bundesratsinitiative, die das rot-rot-grün regierte Berlin initiiert hat. Diese Initiative sieht vor, die Umlagefähigkeit zu streichen, um die Mieterinnen und Mieter zu schützen. Wir wollen mit unserem Antrag, über den wir heute abstimmen lassen wollen, gerne das Zeichen setzen, dass sich Hessen dieser Initiative anschließt, um die Mieterinnen und Mieter im Rahmen der Grundsteuerreform zu schützen. Wir würden uns sehr freuen, wenn sich
die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß ihren Freunden in Berlin dem anschließen würde.

(Beifall DIE LINKE)

Ich zitiere einmal den grünen Justizminister aus Berlin: Weil Eigentum verpflichtet, müssen die Eigentümer die Grundsteuer tragen. Ich finde, das ist eine ziemlich gute Auffassung des Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Natürlich braucht es weitere wohnungspolitische Maßnahmen wie z. B. den Mietendeckel, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, Wohnungsbaugenossenschaften usw. Darüber haben wir bereits an anderer Stelle diskutiert. Kommen wir zurück zur Grundsteuerreform. Sie wird zu Verwerfungen vor Ort führen. Deswegen müssen wir sie so ausgestalten, dass der Übergang zu einem neuen System von den Menschen akzeptiert wird, vor allem von den Menschen mit geringem Einkommen. Diese sollten nicht überall überproportional draufzahlen. Außerdem treten wir für die Abschaffung der Umlagefähigkeit von Mieten ein, wie sie vom Bundesland Berlin, von den GRÜNEN, von Teilen der SPD und von den LINKEN vorangetrieben wird. Das wäre ein richtiger Schritt. Das könnten wir hier und heute im Hessischen Landtag wirklich machen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)