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Rede

Petra Heimer - Bildungsort Kita sichern

Petra HeimerFamilien-, Kinder- und JugendpolitkHaushalt und Finanzen

In seiner 138. Plenarsitzung am 29. Juni 2023 diskutierte der Hessische Landtag über die drohende Entwertung des Erzieher*innenberufs. Dazu die Rede unserer familienpolitischen Sprecherin Petra Heimer.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Aktuelle Stunde der FDP doppelt ein wenig unsere Debatten, die wir im Moment zum Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch führen. Trotzdem kann es bei diesem wichtigen Thema nicht schaden, das noch einmal ins Spiel zu bringen.

Ich frage mich, ob für die Damen und Herren der Landesregierung dieser Fachkräftemangel über Nacht gekommen ist. Wir wissen seit Jahren, dass wir diesen Fachkräftemangel zu erwarten haben. Aber das Einzige, was Ihnen einfällt, ist eine Dequalifizierung der Fachkräfte. Ich habe nichts dagegen, dass Sie Physiotherapeuten, Logopäden oder wen auch immer mit in die Kitas hineinnehmen –

(Zuruf Claudia Ravensburg (CDU)) aber, bitte schön, nicht als Ersetzung der Fachkräfte, sondern als Ergänzung.

(Beifall DIE LINKE – René Rock (Freie Demokraten): Sie ersetzen sie aber! – Gegenruf Ines Claus (CDU): Nein, sie unterstützen!)

Sie dürfen nicht auf den Fachkräfteschlüssel angerechnet werden. Das heißt nicht, dass ich den Physiotherapeuten, Logopädinnen usw. ihre Qualifikation absprechen möchte. Nein, sie haben in ihrem Fachgebiet auch eine lange Ausbildung hinter sich. Genauso wenig maße ich mir als ausgebildete Erzieherin an, ein bisschen als Physiotherapeutin tätig sein zu wollen, nur weil ich ein paar Zusatzstunden genommen habe.

(Beifall DIE LINKE)

Versprochen haben Sie den Menschen in Hessen etwas völlig anderes. Wir sind jetzt kurz vor der Landtagswahl, und da lohnt es sich vielleicht, einen Blick in Ihren Koalitionsvertrag zu werfen. 2018 sprachen Sie von einem „Dreiklang Ausbau, Qualität und Beitragsfreiheit“. Heute müssen wir leider feststellen: Nichts davon ist Ihnen gelungen.

Der Kita-Platzausbau ist in vielen Kommunen kaum vorangekommen, auch weil das Land nicht ausreichend mit Investitionsmitteln unterstützt. Dort, wo die Kommunen trotz mangelhafter Landesunterstützung Plätze geschaffen haben, können diese oft nicht besetzt werden, weil schlicht das Personal fehlt.

Bei der Qualität hatten Sie zwar Verbesserungen im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes angekündigt, diese aber größtenteils immer wieder ausgesetzt und die tatsächliche Umsetzung verschoben. Mit der aktuell in der Beratung befindlichen HKJGB-Reform verabschieden Sie sich nun endgültig von dieser Forderung und entwerten das Berufsbild der pädagogischen Fachkraft Erzieherin massiv.

(Beifall DIE LINKE und Freie Demokraten)

Der dritte Punkt ist die schrittweise Ausweitung der Beitragsfreiheit auch auf den U-3-Bereich. Daran haben Sie seit der Unterschrift unter Ihren Koalitionsvertrag nicht einmal mehr gedacht. Es war in den vergangenen fünf Jahren nicht ein einziges Mal Thema in Ihrer Koalition. Versprochen – gebrochen.

(Beifall DIE LINKE und Freie Demokraten)

Das ist das Fazit der vergangenen fünf Jahre schwarz-grüner Landespolitik im Bereich frühkindliche Bildung und leider in vielen anderen Politikfeldern auch.

Ich möchte Ihnen zum Abschluss noch einmal sagen, wie man das Ganze beheben kann. Wir haben sehr viele gut ausgebildete Fachkräfte, die aber aus dem Beruf herausgegangen sind. Und warum?

(René Rock (Freie Demokraten): Schlechte Arbeitsbedingungen!)

Weil die Arbeitsbedingungen so schlecht sind, weil das Gehalt so schlecht ist.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sind bereit, die Menschen, denen wir unser Geld anvertrauen, fürstlich zu bezahlen. Aber diejenigen, denen wir das Kostbarste, unsere Kinder, anvertrauen, speisen wir mit einem Hungerlohn ab. Sie sollen sehen, wo sie bleiben.

(Claudia Ravensburg (CDU): Das ist nicht wahr!)

So werden Sie es nicht schaffen, den Fachkräftemangel zu beheben. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Dirk Bamberger

(CDU))