Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Petra Heimer - Schwarzgrün legt die Axt an den Bildungsort Kita

Petra HeimerFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

In seiner 133. Plenarsitzung am 24. Mai 2023 diskutierte der Hessische Landtag über die Änderung des Hesssichen Kinder- und Jugendgesetzes. Dazu die Rede unserer familienpolitischen Sprecherin Petra Heimer.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!

Nach der ersten Durchsicht des vorliegenden Gesetzentwurfs bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Sie nun vollkommen den politischen Kompass verloren haben müssen. Die heute vorgelegte Gesetzesänderung des Hessischen Kinderund Jugendhilfegesetzbuchs will das Fachkraftangebot in unseren Krippen und Kindergärten weitgehend außer Kraft setzen.

(Claudia Ravensburg (CDU): Völliger Unsinn!)

Sie ruinieren den jahrzehntelangen Kampf der Fachkräfte um gesellschaftliche Anerkennung für ihre wichtige Arbeit. Sie gefährden mit der immer weiter herabgesetzten Fachkraftvorgabe den Anspruch der Erzieherinnen und Erzieher an die eigene Tätigkeit.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was für ein Quatsch!)

Kitas sind nicht nur Orte der Betreuung, sondern auch der frühkindlichen Bildung. Ihr Herabsetzen des Schlüssels gefährdet den Bildungsaspekt.

(Beifall DIE LINKE – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was für ein Unsinn!)

Das lässt mich als ausgebildete Erzieherin mit einem Kopfschütteln zurück.

(Zuruf Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin mir aber auch bewusst, dass wir einen Fachkraftmangel in den Kitas haben. Ich erkenne an, wie schwierig es für viele Eltern ist, wenn Kitas ständig im Notstand sind,

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Was ist denn Ihr Plan?) wenn Betreuungsplätze gekürzt werden oder gar keine Plätze vorhanden sind. Ich will auch gar nicht in Abrede stellen, dass das Land bei der praxisintegrierten vergüteten Ausbildung richtige Schritte gegangen ist. Auch hier wäre mehr möglich gewesen. Im Prinzip will ich Ihnen das aber zuerkennen.

Was Sie in die PivA investiert haben, haben Sie dafür an anderer Stelle versäumt. Es ist eben nicht so, dass wir zu wenige Erzieherinnen und Erzieher haben. Wir haben viele ausgebildete Fachkräfte für die frühkindliche Bildung. Unser Problem ist, dass diese entweder den Kitas komplett den Rücken kehren aufgrund der enormen Arbeitsbelastung oder größtenteils in Teilzeit sind. Wir können noch so viele ausbilden – wenn die Fachkräfte in kürzester Zeit die Kita verlassen, dann lösen wir das Problem auf Dauer nicht.

Genau das wird Ihr Gesetzentwurf bewirken. Sie werden kurzfristig ein paar Löcher stopfen, und damit werden pünktlich zur Landtagswahl ein paar Dellen weniger in den Kitas existieren. Aber Sie werden mit dazu beitragen, dass mittelfristig mehr Fachkräfte den Arbeitsort Kita verlassen, und so neue Löcher in die Kitas reißen.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Claudia Ravensburg (CDU))

Ihre Politik ist kurzsichtig. Sie verweigern sich einer nachhaltigen Politik im Sinne der Kinder, Eltern und Beschäftigten. Wir müssen das Berufsfeld Kita attraktiver machen für die Fachkräfte, die im Beruf stehen, die gerne zurückkehren würden, und natürlich auch für alle, die in den Beruf hineinwollen. Ihr Gesetz zielt auf das Gegenteil ab. Wenn es Ihnen tatsächlich um Entlastung des Personals geht, dann müssen Sie zusätzliche Kräfte finanzieren und diese eben nicht auf den Fachkräfteschlüssel anrechnen.

Unseren Antrag zum Thema mit vielen konkreten Alternativen werden wir Ihnen am Donnerstag in der Aktuellen Stunde präsentieren.

(Beifall DIE LINKE)

Eines nehme ich aber gern schon einmal vorweg. Wenn Sie ein Interesse an der Stärkung der frühkindlichen Bildung haben, wenn Sie Kitas als Bildungsorte wollen, dann ziehen Sie am besten gleich heute noch Ihren Gesetzentwurf zurück.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das machen wir nicht!)

Ihre geplanten Änderungen sind nicht im Interesse der Kinder, der Eltern und des Kita-Personals in Hessen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)