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Rede

Petra Heimer zum Gesetz über das Nationale Naturmonument "Grünes Band Hessen"

Petra HeimerLandwirtschaft und TierschutzUmwelt- und Klimaschutz

In seiner 114. Plenarsitzung am 23. September 2022 diskutierte das Gesetz über das Nationale Naturmonument "Grünes Band Hessen". Dazu die Rede von Petra Heimer.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist immer wieder schön, vor allem für die Umweltministerin, wenn sie neue Naturschutzflächen ausweisen, einen Nationalpark erweitern oder die finanzielle Unterstützung eines Umweltprojekts verkünden kann. Das finden wir auch gut. Es ist nur die Frage, ob das reicht, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.

So, wie sich unsere Naturräume in den letzten Jahrzehnten verändert haben, ist die Antwort: Nein. Der Erhaltungszustand vieler Naturschutzflächen ist schlecht, wie unsere Große Anfrage zur Bilanz der Biodiversitätsstrategie in Hessen offenbarte. Die Landesregierung ist noch weit davon entfernt, den Artenschwund auf Wiesen, Feldern und Äckern zu bremsen oder gar zu stoppen. Außer den von Frau Ministerin Hinz werbewirksam in Szene gesetzten Erfolgen bei einzelnen Arten hat sich der Erhaltungszustand fast aller Naturschutzflächen dramatisch verschlechtert: Insektensterben auch in den Naturschutzgebieten, Vogelsterben und jetzt Fischsterben.

Durch den Klimawandel kommen uns ganze Lebensraumtypen abhanden. Feuchtgebiete, sogar Flüsse wie die Nidda fallen zeitweise trocken. Hessen verfehlt alle selbst gesetzten Ziele im Arten- und Biotopschutz.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Über die historisch wichtige Bedeutung des Grünen Bandes hinaus ist der Flächenschutz innerhalb des europäischen Biotopverbundes absolut wichtig. Wir unterstützen beide Ziele ausdrücklich. Aber wenn wir in allen anderen Bereichen einfach wie gewohnt weitermachen, ist die Unterschutzstellung von Flächen, um die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu sichern, wie es im Gesetz heißt, eine absurde Idee. Das betrifft vor allem die Landwirtschaft, den Verkehr, die Gebäudenutzung, aber auch die Menge und Art unseres materiellen Konsums.

Seit Jahrzehnten werden diese drängenden Themen hier debattiert. Sie stehen in Reden, Pressemitteilungen und Plänen der aktuellen Regierung. Aber es gibt kaum Fortschritte bei der Umsetzung. Was ist aus der angekündigten Pestizidstrategie geworden? Was ist aus dem Ziel geworden, die Neuinanspruchnahme von Äckern, Grünland und Wald auf 2,5 ha pro Tag zu reduzieren? Wie ist der Fortschritt bei der energetischen Gebäudesanierung oder dem Gewässerschutz? Noch immer ist die Werra der salzigste Fluss Deutschlands.

Mit keinem Naturschutzprojekt der Welt lassen sich die negativen Wirkungen von Intensivlandwirtschaft, Flächenversiegelung, CO2-Freisetzung, Ressourcenverbrauch und Flussversalzung ausgleichen. Ohne den sozial-ökologischen Umbau all dieser Bereiche bleiben Naturschutzgebiete wie das Grüne Band Symbolpolitik.

(Beifall DIE LINKE)

Was man aber mindestens erwarten könnte, ist, dass die im Grünen Band versammelten Flächen wirklich dem Natur-, Umwelt- und Ressourcenschutz dienen. Aber was liefert da die grüne Ministerin ab? Außer in der Schutzzone I dürfen auf Ackerflächen und Wäldern der anderen Schutzzonen Düngemittel, Pflanzen- und Holzschutzmittel jeder Art verwendet werden. Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Das waren die Forderungen der AfD und der FDP heute Vormittag. Agrochemie aus der Intensivlandwirtschaft hat auf Naturschutzflächen nichts verloren. Es ist ein starkes Stück, dass Ministerin Hinz uns die planmäßige Vernichtung von Insekten auf Naturschutzflächen als Erfolg verkaufen will.

Ich gebe Ihnen einmal Nachhilfe. In der Quedlinburger Erklärung zum Grünen Band des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN aus 2020 heißt es: In ganz Europa verlieren wir durch intensive Landwirtschaft fruchtbare Böden und Artenvielfalt. Mit ihrem massiven Einsatz von Gülle und Pestiziden ist die industrialisierte Landwirtschaft zu einem der größten Treiber des Artensterbens geworden.

In Sachsen-Anhalt feiern es die GRÜNEN als Erfolg, dass im Grünen Band keine Pestizide mehr eingesetzt werden dürfen. In Hessen und Thüringen schafft es diese wichtige Forderung nicht ins Gesetz. Wenn Sie es mit dem Insektenschutz auch nur ansatzweise ernst meinen, müssen Sie den Einsatz von Pestiziden auch in hessischen Naturschutzgebieten untersagen.

(Beifall DIE LINKE)

izepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Petra Heimer (DIE LINKE):

Okay, dann komme ich zum Schluss. – Machen Sie sich ehrlich, und sagen Sie den Menschen, was wir machen müssen und was Sie tatsächlich umgesetzt haben. Bekennen Sie endlich Farbe. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)