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Rede

Rede zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen

Willi van Ooyen
Willi van OoyenWohnen

Hermann Schaus, Rede zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen, DS 19/514.

Herr Präsident,

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn man es gut mit der schwarz-grünen Landesregierung meint, dann könnte man anlässlich des nun fast einjährigen gemeinsamen Regierens den Bereich der Wohnungspolitik mit der Formel „… sie waren stets bemüht!“ zusammenfassen.

Ich glaube nicht, dass ich Ihnen etwas Neues erzähle, wenn ich Ihnen sage, dass dies eine eher schlechte Bewertungen in einem Arbeitszeugnis ist.

Ihr Bemühen, einige kleine Schritte in die richtige Richtung zu gehen, wird dadurch, dass Sie keine zusätzlichen Landesmittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen, schlicht und ergreifend ad absurdum geführt.

Sie weiten den Kreis der Berechtigten zwar richtigerweise aus, belassen die jährlichen Mittel aber gleichzeitig bei 62 Mio. Euro pro Jahr. Dies wurde in der Anhörung  von vielen Experten klar kritisiert.

Es mutet daher äußerst seltsam an, wenn Sie behaupten, ihr Gesetzentwurf hätte großen Zuspruch der Anzuhörenden erfahren. Dann muss ich bei einer anderen Veranstaltung gewesen sein!

Bei der Anhörung  wurde zwar die richtige Richtung des Gesetzentwurfes begrüßt. Das ihr Entwurf jedoch der große Wurf sei, um das 2012 aus der FDP-Feder und mit der Tinte von Haus- und Grund geschriebene Wohnraumförderungs-gesetz in erheblichen Teilen endlich sozialer zu gestalten, hat dort niemand behauptet. Das war nun wahrlich nicht das Ergebnis der Expertenanhörung vom 11. September.

Das Sie nun heute in 2. Lesung Ihren Gesetzentwurf in unveränderter Weise zur Abstimmung stellen ist vor diesem Hintergrund schon ein beachtlicher Vorgang. Sie halten -obwohl dies kritisiert wurde - an der extrem ungerechten Nachwirkungsfrist von lediglich 5 Jahren fest, sie fördern weiterhin Eigentum und dringend benötigten sozialen Wohnungsbau in gleicher Weise und sie erweitern sogar die Möglichkeit Wohnungen ungestraft sechs Monate leer stehen zu lassen.  Ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die dringend eine günstige Wohnung benötigen und das sind immerhin über 40.000 registrierte Familien in Hessen.

Gerade dieser letzte Punkt zeigt deutlich mit welcher Geisteshaltung Sie Wohnungspolitik betreiben. Im Zweifel verschlechtern Sie nämlich die Parameter für die Mieterinnen und Mieter. Denn, anstatt den unnötig hohen Zeitraum der Möglichkeit Wohnungen leer stehen zu lassen in § 23 WoFöG von sechs auf drei Monate zu senken, erhöhen Sie ihn unter dem Vorwand das Gesetz an das Wohnungsbindungsgesetz anzugleichen. Warum machen sie es eigentlich nicht umgekehrt, Frau Ministerin? Und dies bezeichnen sie dann auch noch lapidar als eine „redaktionelle Anpassung“.

Dass Sie darüber hinaus die vielen Forderungen und Einwände der Experten aus der Anhörung im November 2012, also vor der Einführung des Gesetzes weiterhin ignorieren überrascht da auch nicht mehr.

Wir hätten uns sehr gewünscht, dass neben dem Vorrang der Bildung von Wohneigentum auch andere damals geäußerte Kritiken an dem Entwurf 2012 nun von der neuen Landesregierung aufgegriffen und die entsprechenden Passagen des Gesetzes geändert worden wären.

Wir haben Ihnen deshalb einen Änderungsantrag vorgelegt, der vorsieht die viel zu geringen Mittel für den sozialen Wohnungsbau wenigstens dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Nämlich ausschließlich in die Errichtung von Wohnungen für Haushalte mit geringen Einkommen.

Ich will daran erinnern, dass dies auch mal eine Grüne Forderung war. Ich zitiere aus ihrer Presseerklärung vom 26. Juni 2012: „Wir konzentrieren die staatliche Förderung auf den echten Mangelbereich, den Mietwohnungsbau. Angesichts der sehr niedrigen Hypothekenzinsen und der begrenzten zur Verfügung stehenden Mittel gibt es gegenwärtig keinen Grund, selbstgenutztes Wohneigentum zusätzlich zu fördern.“

Da hatten sie Recht! Und was, frage ich, hat sich seit 2012 geändert – nur Ihr Wechsel von der Oppositions- auf die Regierungsbank, sonst aber nichts!

Wir als LINKE sagen auch weiterhin: Die Förderung von Eigentumswohnungen und Quartiersmaßnahmen darf nicht aus  Mitteln für den sozialen Wohnungsbau erfolgen. Solange jährlich weit mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, als Neue dazu kommen, hat die Förderung des Sozialen Wohnungsbaus absolute Priorität.

Natürlich wollen auch wir Quartiersmaßnahmen die die Wohnqualität erhöhen erhalten! Hierfür müssen aber andere bereits vorhandene oder eben neu zu schaffende Programme genutzt werden.

Um die akute Wohnungsnot in den Ballungsgebieten und den Universitätsstädten in den Griff zu bekommen, muss mehr Geld in die Hand genommen werden. Anders wird es nicht gehen! Zur Errichtung von Wohnraum für Studierende und Auszubildende benötigen wir ein Sonderprogramm von 40 Mio. Euro, zur Schaffung von zusätzlichen 2.000 Wohneinheiten pro Jahr.

Ähnliches gilt auch für den sozialen Wohnungsbau. Wir bringen Jahr für Jahr dazu immer wieder unsere Anträge in die Haushaltsdebatten ein, um die Fördermittel für die Errichtung von jährlich 4.000 neuen Sozialwohnungen zu erhöhen, denn diese Zahl Neubauten ist notwendig, um die Anzahl der Sozialwohnungen wenigstens zu erhalten.

Sie sehen meine Damen und Herren, wenn man den Mangel an bezahlbaren Wohnraum ernsthaft bekämpfen will, muss man auch Geld in die Hand nehmen. Große Worte oder Ankündigungen etwas zu tun und das Vortäuschen von Aktivitäten reichen da einfach nicht aus.

Nur zur Erinnerung: 1991 gab es in Hessen noch  206.000 Sozialwohnungen. Zwanzig Jahre später waren es nur noch 123.000. Ende dieses Jahres werden es weniger als 110.000 Wohnungen sein. Gleichzeitig steigt die Zahl der Anspruchsberechtigten weiter an. Nach einer Studie des Pestel-Insituts aus dem Jahr 2012 hätten 280.000 hessische Familien Anspruch auf eine Sozialwohnung.  Nicht einmal die Hälfte davon kann Hessen derzeit mit angemessenem Wohnraum versorgen.

Es müssen deshalb  weit mehr Anstrengungen unternommen werden, als bisher. Die jetzt vorgesehenen Änderungen im Wohnraumförderungsgesetz sind dafür aber vollkommen unzureichend. Deshalb werden wir Ihr Gesetz auch ablehnen.