Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Rede zur zweiten Lesung des Einzelplans

Willi van Ooyen
Willi van OoyenKommunales

Rede zur zweiten Lesung des Einzelplans

– Es gilt das gesprochene Wort –


Meine Damen und Herren, Herr Präsident!

Ich tue mich schwer, auch wieder daran erinnern zu müssen, der Entwurf des Landeshaushalts – wie wir ihn heute behandeln – ist im überwiegenden Teil Makulatur.

Machen wir uns nichts vor. Selbst die Landesregierung kündigt an, gewillt zu sein, auf die gegenwärtigen Entwicklungen mit einem Paket von 500 Millionen Euro zu reagieren. Ein sicher zu würdigendes Vorhaben.

Da die vom Krieg und Verelendung flüchtenden Menschen, die nach grässlichen Strapazen auf dem Weg zu uns nun bei uns angekommen sind und viele, die sich noch ans Ziel zu bringen versuchen, sollten bei uns ihre zweiten Heimat entdecken. Im Grunde; so merkwürdig es auch klingen mag, erst jetzt leisten wir mehr oder minder unseren Beitrag zum humanitären Beistand.

Wir stehen eigentlich Menschen gegenüber, die sich gezwungenermaßen in Bewegung setzen, um die schreckerregenden Zuständen jener zerfallenden Staaten zu entkommen, die auch durch falsche Kriegs- und Destabilisierungspolitik , die wir zu verantworten haben, zustande gekommen ist. Auch hier dürfen wir uns nichts vormachen.

Alle Widrigkeiten zum Trotz, halte ich mich bei der Aussprache zum Finanzressort kurz und begnüge mich mit der Feststellung, dass es doch zu diesem Teil des Haushalts wie auch zur mittelfristigen Finanzplanung einige grundsätzliche Anmerkungen gibt, die ich ansprechen möchte. So ist dieser Entwurf, wie er uns im Moment vorliegt, geprägt vom Willen einer schwarz-grünen Landesregierung die Schuldenbremse einzuhalten, koste es was es wolle. Ich bin gespannt, ob sich daran in der dritten Lesung noch etwas ändern wird, für meine Fraktion jedenfalls gilt: Menschenrechte gehen vor Schuldenbremse. Die schwarze Null im Haushalt ist nicht das vorrangige Ziel der Hessischen Verfassung und so sollte man auch das Ergebnis der Volksabstimmung über die Schuldenbremse nicht interpretieren.

Um ein Wort des Kollegen Staatsminister a. D. Dr. h. c. Jörg-Uwe Hahn aus der ersten Lesung des Landeshaushaltes aufzugreifen: „das wäre asozial“. Es wäre asozial die grundsätzlichen Rechte von Menschen auf der Flucht zu beschneiden, allein um den Landeshaushalt zu konsolidieren. Hier bin ich wie gesagt, gespannt was die Regierungsfraktionen noch an Änderungsanträgen vorlegen werden. Ich nehme jedoch zur Kenntnis, dass bis auf die neoliberale FDP, keine der Fraktionen hier im Haus erklärt hat, dass die Schuldenbremse und der Abbaupfad auf jeden Fall 2016 eingehalten werden muss.

Das heißt natürlich nicht, dass ich und meine Fraktion von dem Ziel abrückt, die Einnahmen des Landes nachhaltig zu verbessern. Nach wie vor sehe ich diese Landesregierung am Zug, endlich einmal im Bundesrat Druck zu machen, um die Vermögensteuer wieder einzuführen. Einen handlungsfähigen Staat wird man jedenfalls nicht erreichen, wenn man immer nur auf die Schuldenbremse setzt, die letztlich nur die Ausgaben auf dem Rücken von Kommunen, Beschäftigten im öffentlichen Dienst und denen, die auf öffentliche Dienstleistungen angewiesen sind, kürzt.

Was die Schuldenbremse konkret bedeutet, kann man ja auch in der mittelfristigen Finanzplanung sehen – unter dem Banner der Generationengerechtigkeit sollen da die Investitionen zwischen 2013 und 2019 um insgesamt 22 Prozent sinken. Die nachfolgenden Generationen werden von dieser Landesregierung vor allem einen völlig unzureichend ausgestatteten öffentlichen Dienst, beispielsweise viel zu wenige Lehrkräfte und eine verrottete Infrastruktur hinterlassen bekommen. Darüber kann auch das Kommunale Investitionsprogramm nicht hinweg täuschen – als Ergänzung zum Bundesprogramm mag das vielleicht hilfreich sein. Um tatsächlich den Investitionsstau in den Kommunen aufzulösen, reicht das Programm aber ganz sicher nicht. Dafür müsst man die Kommunen vielmehr dauerhaft – also im Kommunalen Finanzausgleich deutlich besser ausstatten.

Denn der neue KFA ist alles andere als klar, fair und ausgewogen – er ist unzureichend; auch schon unzureichend für die Kommunen, wenn die konjunkturelle Lage auch nur halbwegs normal ist. In der heutigen Situation, wo die Investitionsquote der Kommunen nur noch halb so hoch ist, wie Anfang der 1990er Jahre und erst recht wo so viele Menschen bei uns Zuflucht suchen, reicht dieser KFA nicht. Damit sich an dieser Situation strukturell etwas ändert, muss das Land deutlich mehr Geld in den KFA einstellen. Die 340 Millionen die sich die letzte schwarz-gelbe Landesregierung von den Kommunen genommen hat, sind da sicher eine erste Orientierung.

Das alles wäre auch bezahlbar, wenn man nicht wie diese Landesregierung einfach die Einnahmeverantwortung vernachlässigte: Etwa wenn man anfängt den Druck auf Steuerhinterzieher zu erhöhen durch mehr Personal bei den Finanzämtern oder durch den Ankauf von Steuer CDs. Nicht zuletzt aber auch durch die Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Und wenn sich diese Landesregierung aus ideologischen Gründen dazu nicht durchringen kann – dann meine Damen und Herren von der CDU, hören sie wenigstens auf ihren Koalitionspartner und führen sie den Wassercent ein.

Und meine Damen und Herren von den Grünen – wenn das nicht passiert, werden wir ihnen zur dritten Lesung nochmals die Möglichkeit geben den Wassercent zu beschließen, nachdem sie den gleichen Vorschlag der SPD vorläufig abgelehnt haben.

Ich erwarte viel Neues in Vorbereitung der Dritten Lesung.