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Rede

Saadet Sönmez - Menschen auf der Flucht brauchen unsere Solidarität statt Hetze

Saadet SönmezMigration und Integration

In seiner 91. Plenarsitzung am 09. Dezember 2021 diskutierte der Hessische Landtag zum Thema Migration. Dazu die Rede unserer migrations- und integrationspolitischen Sprecherin Saadet Sönmez.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Herren der AfD, Sie haben in Ihrer Einlassung natürlich wieder Äpfel mit Birnen vermischt. Das lassen wir jetzt einfach so dahingestellt. Meine Damen und Herren, ja, wir haben eine Migrationskrise, und zwar eine globale, seit Jahrzehnten währende Migrationskrise, in welcher Jahr für Jahr zig Millionen Menschen durch Krieg in die Flucht getrieben und durch einseitige Handelsabkommen mit westlichen Staaten ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. (Beifall DIE LINKE) Wer einen maßgeblichen Teil der Verantwortung hierfür trägt, das haben wir an dieser Stelle schon zur Genüge erläutert. Mittlerweile ist es auch für den politisch noch so uninteressierten Beobachter klar, was Sie von der AfD mit solchen Aktuellen Stunden bezwecken, nämlich Ängste zu schüren, mit den Ängsten der Menschen zu spielen, und das auch noch zum jetzigen Zeitpunkt ohne jeglichen Anlass, meine Damen und Herren der AfD. (Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und Rolf Kahnt (fraktionslos)) Würden Sie sich jetzt aber tatsächlich mit der Migrationskrise auseinandersetzen, dann wüssten Sie, dass diese für Millionen von Menschen weltweit schon seit Jahrzehnten zum traurigen Alltag gehört. (Volker Richter (AfD): Da sind wir einmal Ihrer Meinung!) Sie wissen ganz genau, dass die Vernichtung der Lebensgrundlagen dieser Menschen durch wirtschaftliche Ausbeutung westlicher Großkonzerne und durch politische und völkerrechtswidrige Interventionskriege die Bevölkerung des sogenannten globalen Südens wie einen Albtraum heimsucht, das auch seit Jahrzehnten, meine Damen und Herren. (Beifall DIE LINKE) Auf der Suche nach den Lithiumvorkommen von morgen oder auf der Suche nach dem nächstmöglichen Profit mittels Enteignung von einheimischen Bäuerinnen und Bauern graben sich westliche Bergbau- und Agrarkonzerne weiterhin munter durch die Länder dieser flüchtenden Menschen. Dazu haben Sie in Ihrer Rede jetzt überhaupt nichts gesagt, Herr Kollege der AfD. Ich glaube, das wollen Sie auch nicht. Sie wollen diesem Vorgehen gar keinen Einhalt gebieten. Wieso sollte man sich denn mit Konzernen anlegen, wenn man doch kurzerhand das Täter-Opfer-Verhältnis umdrehen und die Flüchtlinge als Bedrohung für die deutsche Bevölkerung darstellen kann? Ist ja auch viel einfacher. Wieso der hiesigen Waffenindustrie ihre Gewinne verderben, wenn man doch Flüchtlinge als das abzuwendende Ende und Elend des Abendlandes darstellen kann? Ist auch viel einfacher. Aber es sollte eigentlich auch nicht verwundern. Es wundert uns auch nicht mehr, mich auch nicht. Sie scheinen einfach von den Versuchen nicht genug zu bekommen, aus dem Leid dieser geknechteten Menschen politisches Kapital schlagen zu wollen. Das ist mittlerweile auch gang und gäbe in Ihrer Politik. (Beifall DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren, wir haben auch eine Migrationskrise an den europäischen Außengrenzen, (Volker Richter (AfD): Die nehmen Sie alle auf?) die aber durch die Festung Europa, durch die rigorose Abwehr der Festung Europa und durch die Abschottungspolitik eben selbst herbeigeführt wurde – und nicht, so wie Sie es sagen, durch den Zustrom. (Robert Lambrou (AfD): Schauen Sie bitte nach Australien! – Dr. Frank Grobe (AfD): Schauen Sie, was Biden macht! – Glockenzeichen) – Das war eine konstruktive Einlassung. Ich gratuliere Ihnen. Was wir ganz sicher nicht haben, meine Herren der AfD, ist eine drohende hessische Migrationskrise, wie Sie hier versuchen zu suggerieren. Die haben wir definitiv nicht. Denn dafür wird auch mit großer Unterstützung der EUMitgliedstaaten und allen voran auch der deutschen Bundesregierung an den Außengrenzen von Europa gesorgt. Aktuell wird die Drecksarbeit von Polen, Litauen und Lettland übernommen. Es werden Zäune gebaut. Schutzsuchende werden verprügelt, wenn man sie vorher nicht schon hat verdursten oder erfrieren lassen, meine Damen und Herren. Dabei schaut die Bundesregierung schweigend zu. Die von einer CDU-Frau geführte EU-Kommission macht Vorschläge, die das Recht auf Asyl nun vollständig aushöhlen sollen, wodurch Menschenrechte dann eben noch mehr mit Füßen getreten werden können, meine Damen und Herren. Auch hiergegen meldet die Bundesregierung keinen Widerstand an. Stattdessen hören wir immer wieder, dass Menschen in Not als „hybride Waffen“ bezeichnet werden. Das muss man sich einmal reinziehen. Da werden Menschen als „hybride Waffen“ bezeichnet. Das ist von Ihrer Ausdrucksweise nicht unbedingt weit entfernt. Das ist das eigentlich Besorgniserregende und Beschämende zugleich, meine Damen und Herren. (Beifall DIE LINKE) Für uns LINKE sieht Solidarität aber anders aus. Niemand soll an den Grenzen Europas erfrieren, verhungern oder verdursten müssen. Solange Menschen fliehen müssen, werden sichere Fluchtwege und humanitäre Aufnahmeprogramme notwendig sein. Auch das Bleiberecht für Menschen, für die wir hier Verantwortung tragen, ist ein Instrumentarium, das angewendet werden muss. Gleiches gilt für ein Landesaufnahmeprogramm, das in diesem Landtag endlich beschlossen werden sollte. (Beifall DIE LINKE)Vizepräsident Frank Lortz: Frau Kollegin Sönmez, Sie müssen zum Schluss kommen. Saadet Sönmez (DIE LINKE): Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Das wäre wirklich eine verantwortungsvolle und humanitäre Herangehensweise an diese Problematik. Außerdem hätte man dieser AfD endlich einmal das Wasser abgegraben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall DIE LINKE)