Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Torsten Felstehausen - AfD-Fraktion ist parlamentarischer Arm von Reichsbürgern und Nationalisten

Torsten FelstehausenAntifaschismusInnenpolitik

In seiner 117. Plenarsitzung am 13. Oktober 2022 diskutierte der Hessische Landtag ausgerechnet auf Antrag der AfD-Fraktion zu Demokratie und Rechtsstaat. Dazu die Rede unseres innenpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien hier im Hause!

Eigentlich hätte uns die AfD gar keinen größeren Gefallen tun können, als ausgerechnet Herrn Lichert zu diesem Punkt an das Mikrofon zu lassen; denn damit wird deutlich, welch ein Verständnis die AfD von diesen Dingen hat: Ein stolzes Mitglied der Identitären Bewegung will uns hier etwas über Sinn und Zweck von Demokratie und Meinungsfreiheit erklären. Damit hat die AfD sehr deutlich gemacht, wer für sie in dieser Sache spricht.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Selbstverständlich war zu erwarten, dass die AfD hier nichts anderes machen würde, als sich in eine Opferrolle zu begeben: Ihnen würden Rechte genommen, Ihnen würden Rechte vorenthalten, Sie dürften nichts sagen. – Ich glaube, wir müssen hier und heute sehr deutlich sagen: Die Menschen, die mit der AfD marschieren, sind keine Opfer, sondern diese Menschen sind Täter. Das muss man immer wieder deutlich sagen.

Wenn Herr Lichert uns hier erzählen will, dass es undemokratisch sei, wie das Bundesverfassungsgericht gewählt wird, und dass das innerhalb der Fraktionen diskutiert werde: Herr Lichert, kennen Sie überhaupt die bundesdeutsche Gesetzgebung und die Verfassung? All das, was da passiert, ist sehr deutlich und sehr klar im Bundesverfassungsgerichtsgesetz beschrieben. Damit mögen Sie einverstanden sein oder nicht –

(Andreas Lichert (AfD): Ich habe nicht gesagt, dass es illegal ist, sondern dass es illegitim ist!)

aber nur deshalb, weil Sie mit Ihrer Vertretung im Bundestag daran nicht beteiligt waren, zu unterstellen, Politiker würden etwas auskungeln, ist einfach absurd.

Jetzt noch einmal zu dem eigentlichen Inhalt dieses Antrags mit dem Duktus, unsere Demokratie sei in Gefahr. Man beachte dabei: Die Worte „unsere Demokratie“ setzt die AfD in Anführungsstriche. – Dazu muss ich deutlich sagen: Nein, unsere Demokratie ist nicht in Gefahr, aber Sie versuchen, Sie in Gefahr zu bringen; denn sie marschieren mit Menschen, von denen wir als LINKE nur sagen können: Da gilt der alte Spruch „Kein Fußbreit!“ – Mit wem marschieren Sie? Sie marschieren mit Reichsbürgern, Sie marschieren mit Selbstverwaltern, Sie marschieren mit stolzen Identitären,

(Heiko Scholz (AfD): Sie marschieren mit Trotzkisten!)

Sie marschieren mit Reptiloidenverstehern und mit Rechtsterroristen,

(Andreas Lichert (AfD): Bei Ex-Terroristen haben Sie die Kompetenz!) und auch diejenigen, die vom „Great Reset“ schwabulieren, sind bei Ihnen immer ganz vorn dabei.

Da muss man in Richtung der AfD doch deutlich sagen: Die Meinungsfreiheit ist zwar grundgesetzlich geschützt, aber sie gilt eben nicht uneingeschränkt. Art. 5 unserer Verfassung steht nicht zur Disposition. Es ist eine Beleidigung der Väter und Mütter des Grundgesetzes, wenn Sie an dieser Stelle behaupten, weil es Gerichte gibt, die bestimmte Äußerungen untersagen, sei die Meinungsfreiheit in Gefahr.

Bei Ihnen ist doch etwas ganz anderes das Problem. Sie hätten die Aufgabe, Ihre Anhänger darüber aufzuklären, dass es diese Verfassung ist, die der Meinungsfreiheit Grenzen setzt, und dass sich diejenigen, die mit Fackeln vor den Häusern gewählter Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aufziehen, eben nicht auf ihre Meinungsfreiheit berufen dürfen. Sie müssen Ihren Anhängern und Ihren

Mitläufern erklären,

(Andreas Lichert (AfD): Wie ist die Haltung Ihrer Partei zum militanten Linksextremismus?)

dass die freie Ausübung der parlamentarischen Mandate grundgesetzlich geschützt ist und dass ein Sturm auf den Reichstag eben kein Akt der demokratischen Selbstermächtigung ist.

Sie müssen Ihren Anhängern auch erklären, dass das Mahnmal für Millionen Opfer der Schoah kein „Mahnmal der Schande“ ist und dass das Tanzen auf diesem Mahnmal eine Verhöhnung der Opfer ist und eben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun hat.

(Beifall DIE LINKE – Zurufe AfD)

Klären Sie bitte Ihr Verständnis von Meinungsfreiheit; denn das ist meilenweit von all dem entfernt, was das Grundgesetz in diesem Bereich vorsieht.

Letzter Satz. Herr Lichert, ich finde es immer noch klasse, dass Sie für diese Rede ans Rednerpult geschickt worden sind. Einen besseren Beweis dafür, wohin die Reise mit dieser AfD geht, hätte sie uns eigentlich gar nicht liefern können.

Noch einen Hinweis möchte ich geben. Wenn Sie auf die Wahlergebnisse von Niedersachsen stolz sind – wir können nicht stolz sein; ich will das als LINKER für mich gar nicht in Anspruch nehmen –: Das Ergebnis in Niedersachsen war, dass 86 % der Niedersachsen Sie nicht gewählt haben.

(Beifall DIE LINKE – Volker Richter (AfD): Euch aber auch nicht! Euch haben 98 % nicht gewählt! – Lachen AfD)

Vizepräsidentin Karin Müller:

Vielen Dank, Herr Abg. Felstehausen. – Für eine Kurzintervention hat sich der Abg. Lambrou zu Wort gemeldet.

Robert Lambrou (AfD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und

Herren! Als Fraktionsvorsitzender der Alternative für Deutschland habe ich mich zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich möchte auf bestimmte Äußerungen eingehen, die Herr Felstehausen in seiner Rede gemacht hat.

Sie haben Herrn Lichert vorgeworfen, dass ein Gericht geurteilt hat, man könne ihn ein „stolzes Mitglied der Identitären Bewegung“ nennen. Daran kann man deutlich machen, wie Sie hier argumentativ operieren. Das Urteil beruht weitgehend darauf – das ist auch gut so in unserer Demokratie –, dass es die Meinungsfreiheit sehr weit auslegt. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass Andreas Lichert jemals Mitglied der Identitären Bewegung war.

(Beifall AfD – Elisabeth Kula (DIE LINKE): Oh doch!)

Warum lassen Sie so etwas weg? Warum nehmen Sie am Rednerpult keine Differenzierung vor?

Außerdem kritisieren Sie uns dafür, dass wir sagen, die Demokratie sei in Gefahr. Jetzt kann man das so oder so formulieren; aber es gibt mehrere Umfragen seriöser Institute, die ganz klar besagen, dass ein signifikanter Teil der Bevölkerung erklärt: Man kann in diesem Land nicht mehr alles sagen, weil es sonst entsprechende Konsequenzen gibt. – Darüber muss auch geredet werden.

(Beifall AfD – Elke Barth (SPD): Was denn für Konsequenzen?)

Ferner haben Sie gesagt, wir würden mit XYZ „marschieren“. Wir marschieren nicht, wir demonstrieren. Das ist ein Grundrecht.

(Beifall AfD)

Ich würde Sie bitten, entsprechende Formulierungen zu verwenden. Am Wochenende gab es in Berlin eine Demonstration der AfD, an der 10.000 Bürger teilnahmen, die sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Existenz machen. Diese Demonstration ist reibungslos verlaufen. Da sind auch nicht solche Leute mitgelaufen wie die, die Sie gerade genannt haben. Das waren Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die sich wegen der hohen Inflation, der hohen Energiepreise und der erneuten Masseneinwanderung Sorgen machen.

(Beifall AfD)

Sie greifen einzelne Sachen heraus, z. B. den unsäglichen Menschen, der ein Foto auf dem Holocaust-Mahnmal gemacht hat. Warum erwähnen Sie nicht auch, dass der inzwischen mit Ordnungsmaßnahmen konfrontiert ist, weil der Rest der AfD sagt: „Das geht überhaupt nicht“? Warum bringen Sie nicht die gesamte Sache?

(Beifall AfD – Zurufe DIE LINKE)

Vizepräsidentin Karin Müller:

Herr Abg. Lambrou, Sie müssen zum Schluss kommen.

Robert Lambrou (AfD):

Zum Schluss: Was ist eigentlich aus dem Motto „Wir müssen die AfD in der Sache stellen“ geworden? Nichts mehr haben wir davon gehört.

(Beifall AfD)

Wie wäre es, wenn wir um die besseren Argumente ringen würden, anstatt dass Sie immer auf die AfD draufhauen? Wir vertreten Millionen von Wählern. Wollen Sie die auch ignorieren?

(Beifall AfD – Zurufe DIE LINKE)

Vizepräsidentin Karin Müller:

Herr Abg. Felstehausen, zur Erwiderung.

(Stephan Grüger (SPD): Er ist der beste Beweis, dass man hier alles sagen kann!)

Torsten Felstehausen (DIE LINKE):

Herr Lambrou, da habe ich Sie wohl getroffen.

(Robert Lambrou (AfD): Na ja, in diesem Fall ist das auch kein Wunder!)

Sie haben mich darum gebeten, darum will ich es Ihnen noch einmal deutlich sagen: Die AfD demonstriert mit Reichsbürgern, mit Selbstverwaltern, mit stolzen Identitären, mit Reptiloidenverstehern, mit Rechtsterroristen und mit „Great Reset“-Gläubigen.

(Zurufe AfD)

Ich kann Ihnen das gern noch einmal in der Form aufzählen. Wenn Sie jetzt meinen, Herrn Lichert an dieser Stelle in Schutz nehmen zu müssen: Ich war nicht dabei, aber Sie waren dabei. Sie kennen die Äußerungen von Herrn Lichert zur Identitären Bewegung, die er auf dem Landesparteitag der AfD gemacht hat.

(Andreas Lichert (AfD): Dazu stehe ich auch!)

Sie wissen, dass es Herr Lichert war, der in Halle ein Haus mit gekauft hat, das er der Identitären Bewegung zur Verfügung stellte. Es ist doch absurd, das infrage zu stellen; denn das sind offensichtliche Fakten. Ich weiß, Sie haben es nicht so mit den Fakten; aber Sie müssen Ihr Verhältnis an dieser Stelle klären, und dann können Sie in die Diskussion zurückkommen. Aber Sie können sich doch nicht hierhin stellen und sagen, das sei alles nicht so gewesen. Das ist nämlich genau die Art der AfD, an solchen Stellen Fakten zu verdrängen und sie nicht wahrhaben zu wollen. Sie müssen Ihr Verhältnis zu Herrn Lichert klären, und Sie müssen sehr deutlich machen, wie Sie dazu stehen. Solange Sie dazu nicht willens oder nicht in der Lage sind – der Landesparteitag war weder willens noch in der Lage –, betrachte ich Sie als deutliche Feinde dieser Demokratie. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Zurufe AfD)