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Rede

Torsten Felstehausen - Hessisches Personalvertretungsgesetz: Schwarzgrüne Mogelpackung ohne Zukunft

Torsten FelstehausenInnenpolitik

In seiner 130. Plenarsitzung am 21. März 2023 diskutierte der Hessische Landtag zum Hessischen Personalvertretungsgesetz. Dazu die Rede unseres innenpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Zunächst möchte ich es nicht versäumen, besonders die Menschen auf der Besuchertribüne zu begrüßen, die von der Gesetzgebung besonders betroffen sind, stellvertretend für alle Frau Suttner von ver.di und Frau Langhammer für den DGB, und natürlich die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Personalräte aus den hessischen Dienststellen.

(Beifall DIE LINKE, Thomas Hering (CDU) und Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD))

Die regierungstragenden Fraktionen stellen mit dem vorgelegten Gesetzentwurf zum HPVG ihre Obrigkeitsgläubigkeit aus dem letzten Jahrhundert erneut unter Beweis. Sie haben kein Interesse an Mitbestimmung der Beschäftigten, die diesen Namen auch nur ansatzweise verdient. Mitbestimmungsrechte bleiben in wesentlichen Teilen beschnitten und in fast allen Angelegenheiten, die die Beschäftigten betreffen, auf ein reines Anhörungs- und Mitwirkungsrecht begrenzt.

Dabei steht gerade der öffentliche Dienst vor so wichtigen Aufgaben, die nicht gegen, sondern nur mit den Beschäftigten zu regeln sind. Ich nenne als Stichworte die Aufgaben der Digitalisierung, neue Arbeitsformen und neue Arbeitszeitmodelle, die entwickelt werden müssen, die Herausforderungen, die sich durch den Fachkräftemangel ergeben, und auch die Modernisierung von Abläufen, Strukturen und neuen Aufgaben. All das sind Dinge, die Sie niemals erfolgreich top-down durchsetzen können.

Wir brauchen in den Dienststellen einen Dialog. Wir brauchen die Erfahrung, und wir brauchen auch die Zustimmung der Beschäftigten, wenn wir die hessische Verwaltung fit machen wollen für die Herausforderungen, die vor uns liegen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Aber mit dem vorgelegten Gesetzentwurf machen Sie deutlich, dass Sie genau dieser Zukunftsaufgabe nicht gewachsen sind. Führung und Verantwortung basieren eben nicht auf dem Recht des Dienstherrn, sondern auf der gemeinsamen, ja, manchmal auch strittigen Diskussion um die besten Lösungen. Darauf kommt es im Wesentlichen an, wenn man einen Aushandlungsprozess führen will. Dazu gehört aus Sicht der LINKEN auch, dass Personalräte gestärkt werden, anstatt sie weiter zu einem demokratischen Feigenblatt in den Dienststellen zu machen.

Meine Damen und Herren, deshalb brauchen wir eine ausreichende Größe der Gremien und deren angemessene Freistellung. Als LINKE haben wir dazu einen Änderungsantrag eingebracht; denn Mitbestimmung macht sich nicht von selbst, gerade wenn es um komplizierte Themen, wenn es um Digitalisierung und Strukturveränderungen geht.

Dies gilt selbstverständlich auch für die Schulpersonalräte. Von daher haben wir beantragt, die Anzahl der Freistellungsstunden für diese Zielgruppe zu verdoppeln. Denn, während in den Dienststellenleitungen ganze Stäbe von Fachpersonal damit beschäftigt sind, die Expertise zusammenzutragen, sollen die Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten diese komplexen Materien quasi zwischen Tür und Angel in der Dienststelle bearbeiten.

Sie wissen – ich unterstelle sogar: Sie wollen –, dass die bestehende Regel Konflikte in die Dienststellen trägt. Denn, wenn Personalräte außerhalb der Freistellung, wie es im Gesetz heißt, im Rahmen der Erforderlichkeit tätig werden, dann geht es immer zulasten der Kolleginnen und Kollegen, die diese Fehlzeiten ausgleichen müssen. Abhilfe kann hier nur eine sachgerechte Freistellung bringen. Aber dem verweigern Sie sich beharrlich.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Sie bleiben in Ihrem Gesetzentwurf und auch bei all Ihren Änderungsanträgen bei den unsäglichen Beschränkungen der kochschen Verwaltungsmodernisierung, einer Regelung, bei der Hessen die Mitbestimmung im HPVG fast vollständig geschliffen hat. Selbst die vollkommen antiquierte Regelung des alten § 81 HPVG, in dem noch von „Neuer Verwaltungssteuerung“ die Rede war, taucht in diesem Gesetz auf. Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, das Gesetz nach 25 Jahren vernünftig anzupassen.

Meine Damen und Herren, Sie belassen es dabei, dass die Mitbestimmung in organisatorischen und wirtschaftlichen

Angelegenheiten mit nur einem einzigen Absatz zur Makulatur wird und zur Mitwirkung heruntergestuft wird. Dabei ist gerade hier die qualifizierte Mitbestimmung so evident wichtig.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung traut den Dienststellen und den Personalräten noch nicht einmal zu, eigenständig Dienstvereinbarungen dort abzuschließen, wo es beide Seiten als sinnvoll erachten. Noch deutlicher kann man sein Misstrauen gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes nicht zum Ausdruck bringen.

Jetzt will ich ein Wort der Anerkennung finden. Wenigstens bei der Beteiligung der studentischen Hilfskräfte haben Sie sich ein wenig bewegt. Herzlichen Glückwunsch dazu. Aber anstatt diese endlich als normale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuerkennen,

(Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD): Richtig!) schaffen Sie hier ein Beteiligungsrecht zweiter Klasse: einen Hilfskräfterat, wie Sie es nennen, der eben nicht dem Schutz des HPVG unterfällt und der auch keinen Anspruch auf Freistellung hat. Meine Damen und Herren, das ist eine schwarz-grüne Mogelpackung.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Das will ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen: Wirklich unverschämt ist, dass Sie jetzt zum zweiten Mal in diesem Verfahren in dieses Gesetz Dinge hineinschieben – anders kann man es nicht sagen –, die vollkommen sachfremd sind. Für Ihre Änderungen zum HPVG müssten Sie eigentlich ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren starten. Vor allem müssten Sie den Betroffenen die erforderlichen Beteiligungsrechte einräumen. Aber mit Beteiligungsrechten haben Sie es nicht so, und Sie stellen genau das an dieser Stelle erneut unter Beweis.

All das passt zu dem Bild Ihres Selbstverständnisses: möglichst wenig Beteiligung, möglichst wenig Mitbestimmung. Es wird aber Zeit, dass wir diese Top-down-Politik im Sinne der Beschäftigten im öffentlichen Dienst für Hessen endlich beenden. Es wird Zeit, das HPVG so zu reformieren, dass es anschlussfähig ist an die Herausforderungen, vor denen der öffentliche Dienst steht, dass wir vernünftige Freistellungen bekommen, dass wir vernünftige Mitbestimmungsmöglichkeiten bekommen und dass selbstverständlich auch eine Einigungsstelle das letzte Wort hat und dass nicht jeder Beschluss oder jede Empfehlung, die ausgesprochen wird, von der obersten Dienststelle am Ende zu Makulatur gemacht werden kann.

Meine Damen und Herren, das ist eine Mogelpackung. Das ist nichts, worauf sich die Beschäftigten in Hessen verlassen können. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)