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Rede

Torsten Felstehausen - Klimaschutzplan der Landesregierung ist den Anforderungen nicht gewachsen

Torsten Felstehausen
Torsten FelstehausenUmwelt- und Klimaschutz

In seiner 42. Plenarwoche am 28. Mai 2020 diskutierte der Hessische Landtag über den Klimschutzplan der hessischen Landesregierung. dazu die Rede unseres klimapolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Besser als mit dem, was Herr Gagel gerade von sich gegeben hat, kann man sich nicht disqualifizieren.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN und SPD – Zuruf Klaus Gagel (AfD) – Unruhe – Glockenzeichen)

Herr Gagel, es bringt überhaupt nichts, wenn Sie einzelne Worte und einzelne Sätze aus dem Zusammenhang reißen und hier als Begründung Ihrer Verschwörungstheorie zum Besten geben.

(Beifall DIE LINKE – Klaus Gagel (AfD): Zur Sache, Herr Felstehausen! Sie haben von Wetter doch gar keine Ahnung!)

– Herr Gagel, lassen Sie mich doch einmal ausreden. Ich habe Ihnen auch zugehört; nun halten Sie ein bisschen die Luft an. – Wissen Sie, ich habe gerade darauf gewartet, dass von Ihnen noch kommt: Schade, dass die Sonne nachts nicht scheint, tagsüber ist es ja sowieso hell. – Das ist das Niveau, auf dem Sie hier diskutieren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Aber ich glaube, ich möchte gar nicht das tun, was Sie hier immer provozieren möchten: dass man sich an Ihren kruden Vorstellungen abarbeitet. Ich glaube, das ist genau der Punkt, auf den wir nicht eingehen sollten, sondern wir sollten zum Thema sprechen. Die GRÜNEN haben eine Aktuelle Stunde zum Thema „Klimawandel und KLIMPRAX“ beantragt, und darum soll es jetzt auch gehen.

(Zuruf Klaus Gagel (AfD) – Unruhe – Glockenzeichen)

Ich hatte mir gedacht: „Klimawandel wirksam bekämpfen“, jetzt kommt da tatsächlich etwas. Frau Feldmayer, Sie haben hier fünf Minuten erzählt, aber es kam mir ein Stückchen weit so vor, als ob die GRÜNEN feststellen würden, dass wir einen Wasserrohrbruch haben, verglichen mit dem Klimawandel. Aber anstelle den Haupthahn zu suchen – nämlich die Frage „Was machen wir eigentlich ursächlich?“ zu beantworten –, klingeln Sie aufgeregt bei allen Nachbarn und erzählen, dass sie neue Eimer und neue Lappen angeschafft haben. So bekämpft man nicht den Klimawandel, die Klimafolgen vielleicht, aber nicht das, was dem tatsächlich zugrunde liegt.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Ich will ganz klar sagen: KLIMPRAX ist ein gutes Projekt des HLNUG. Ich glaube auch, dass es sehr wichtige und wirksame Hinweise gibt. Aber wenn wir uns um den Klimawandel kümmern wollen, müssen wir natürlich auch fragen: Was schafft da ursächlich Abhilfe? Das sind eigentlich nur zwei Maßnahmen – das wissen wir alle sehr gut –: die Freisetzung von CO2-Gasen endlich auf null zu bringen und die bereits emittierten Treibhausgase wieder zu binden, unter anderem durch Baumpflanzung und Ähnliches.

Das wissen natürlich auch die GRÜNEN, und das weiß auch die Hessische Landesregierung. Sie haben aber ein Problem damit, über Ihre Erfolge im Klimaschutz zu berichten. Gebetsmühlenartig lobpreisen Sie Ihren Integrierten Klimaschutzplan Hessen 2025 aus dem Jahr 2015. Es gibt wohl keinen Journalisten und keine Journalistin, die nicht wissen, dass dieser Plan 140 Maßnahmen habe und dass man selbstverständlich auf einem guten Weg sei.

Wenn wir aber wirklich nachfragen, wie viele Tonnen CO2 jede Maßnahme einspart, welche funktionieren und welche nicht, und wie viel Geld für jede einzelne Maßnahme ausgegeben wird, erfährt man – genau – nichts. Seit drei Jahren versuchen wir, der Landesregierung Antworten über ihre Erfolge und Misserfolge abzutrotzen, die Antworten sind aber: Wir haben keine Daten, wir können es nicht sagen, und evaluiert wird erst ab 2021. – Fünf Jahre läuft dieser Plan schon, und Sie können nichts Substanzielles sagen. In Anbetracht der Bedeutung des Klimaschutzes für uns alle ist das aus unserer Sicht unverantwortlich, es ist unsäglich, es ist ein Skandal, und es offenbart die riesige Unfähigkeit, ja, es offenbart das Eingeständnis Ihres Scheiterns.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie die Pressemitteilungen aufmerksam verfolgt haben und in der Klimadebatte dabei sind, wissen Sie: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat letzte Woche dargelegt, dass Deutschland im Jahr 2038 sein CO2-Budget aufgebraucht haben wird und bis dahin klimaneutral sein muss. Die Hessische Landesregierung operiert mit einem Plan für das 2-Grad-Ziel, nicht für das 1,5-Grad-Ziel, und die Klimaneutralität soll aus ihrer Sicht erst im Jahr 2050 hergestellt werden. Das ist deutlich zu spät. Das wissen wir alle.

Das wird damit kaschiert, dass Sie jetzt berichten, welche Maßnahmen der Nachsorge Sie treffen. Dass sie notwendig sind, bezweifelt gar keiner. Aber was Sie an dieser Stelle verschweigen, ist Ihr Versagen im Bereich der Prävention. Da müssen Sie deutlich nachlegen. Das habe ich heute hier völlig vermisst. Es geht also nicht nur darum, sich beim Wasserrohrbruch darum zu kümmern, wie ich das Wasser wieder aufnehme, sondern darum, endlich den Haupthahn abzustellen. Das vermisse ich bis heute. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)