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Rede

Torsten Felstehausen über Waffen und Sprengstoff in Hessen

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In seiner 143. Plenarwoche diskutiert der Hessische Landtag am 20.09.2023 über Waffen und Sprengstoffe in Hessen. Dazu unser innenpolitischer Sprecher Torsten Felstehausen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Herr Beuth, zunächst einmal herzlichen Dank an Sie und an Ihr Haus für die ausführliche Beantwortung der Großen Anfrage, die wir zum Thema Waffen und Sprengstoff in Hessen gestellt haben.

Heute Morgen haben wir im Parlament über die Morde in Hanau gesprochen. Unabhängig davon, wie es mit dem Bericht des Untersuchungsausschusses weitergeht und wie lange Schwarz-Grün den Abschlussbericht noch verzögern will, muss das Thema legaler und illegaler Waffenbesitz in Hessen vom hessischen Innenminister endlich angegangen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Die wichtigen Fragen dazu haben wir in unserer Großen Anfrage gestellt. Die Antworten sind leider, das muss ich so sagen, Herr Beuth, zum Teil erschreckend.

Wir haben gefragt, ob es eine Datengrundlage für eine Einschätzung des Dunkelfelds illegaler Waffen in Hessen gibt. Die Antwort des Innenministers: Nein, wir haben keine Grundlage.

Wir haben gefragt, wie viele Kontrollen bei den Inhabern und Inhaberinnen von Waffenbesitzkarten in Hessen tatsächlich stattfinden. Die Antwort: Wir wissen es nicht.

Wir haben gefragt, wo die insgesamt 32.000 Waffen und Waffenteile, die weggekommen und zur Fahndung ausgeschrieben sind, abgeblieben sind, und vor allen Dingen, wie sie weggekommen sind, welchen Benutzergruppen sie abhandengekommen sind, ob das bei der Polizei oder bei den Jägern passiert ist oder bei den Herstellern. Die Antwort des Innenministers: Wir wissen es nicht.

Meine Damen und Herren, dieses Wissensdefizit des Innenministers angesichts von 3.435 polizeilich bekannten Fällen in Zusammenhang mit Sprengstoff, Waffen und dem Kriegswaffenkontrollgesetz allein in Hessen steht für sich selbst.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, dieser Innenminister gefährdet mit dieser Unwissenheit und seiner Untätigkeit die Sicherheit in Hessen.

(Beifall DIE LINKE)

Erst vor wenigen Tagen konnten wir dem Recherchekollektiv CORRECTIV entnehmen, dass mindestens 190 Personen aus der Szene der Neonazis und Reichsbürger bewaffnet sind. Meine Damen und Herren, das sind tickende Zeitbomben. Das ist ein unerträgliches Sicherheitsrisiko für Hessen.

Ja, es hat sich etwas getan, der Innenminister wird sicher gleich einige seiner Aktionspläne vorstellen und sich dessen rühmen. Aber die bisherigen Verschärfungen des Waffenrechts reichen nicht. Es wird vor allen Dingen nicht konsequent genug umgesetzt, und es setzt nicht an den richtigen Stellen an.

Schon jetzt haben wir ein erhebliches Vollzugsdefizit beim Waffenrecht. Wenn im letzten Jahr 50 bewaffneten Neonazis und 50 bewaffneten Reichsbürgern die Waffen abgenommen wurden und es in diesem Tempo weitergeht, dann werden noch weitere vier Jahre vergehen müssen, bis allein den bekannten Neonazis ihre legalen Waffen abgenommen worden sind. An dieser Stelle reden wir noch gar nicht über die Vielzahl der illegalen Waffen.

Klar ist, wenn Taten mit Schusswaffen verhindert werden sollen, muss die Anzahl der tödlichen Waffen deutlich und drastisch reduziert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Aktuell sprechen wir von 413.488 legalen Schusswaffen im Privatbesitz in Hessen. Das ist doch eine aberwitzig hohe Zahl, meine Damen und Herren. Wir als LINKE wollen die Verfügbarkeit von tödlichen Schusswaffen zurückdrängen. Dazu gehört auch eine vollständige Umstellung auf nicht tödliche Schusswaffen im Schießsport. Eng gefasste Ausnahmen kann es für Berufsjäger und das Wachgewerbe geben.

Aber genau da können wir uns nicht auf die CDU verlassen. Aus wahltaktischen Gründen knickt die CDU immer wieder vor der Waffenlobby ein. Dies können wir z. B. der Antwort der CDU Hessen an den Bund Deutscher Sportschützen 1975 entnehmen.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (Freie Demokraten): 1975?)

– So heißt dieser Verband. – Dieser Verband fragte alle Landtagsparteien – Sie werden es auch bekommen haben –, ob sie die Gemeinnützigkeit auch für IPSC, einen Ego-Shooter-ähnlichen Schießsport, befürworten, einen Schießsport, dessen Genehmigung der Bundesrat mit der Begründung widerrufen will, dass es sich dabei um Schießsportübungen mit einem kampfmäßigen Charakter handelt, die sonst nur in Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs trainiert werden.

Jetzt kommt es. Die CDU wurde gefragt, wie sie dazu steht, und die CDU bedient ihre Klientel. Ich zitiere:

Unsere Unterstützung haben wir in der Vergangenheit nicht zuletzt darin zum Ausdruck gebracht, dass wir die ständigen Versuche der Ampelregierung im Bund und insbesondere von Frau Innenministerin Faeser zur völlig sachfremden Verschärfung des Waffenrechts stets zurückgewiesen haben.

(Günter Rudolph (SPD): Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, die CDU opfert hier die Sicherheit Hessens für die Zustimmung von zweifelhaften Sportschützen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zweiter Punkt. Für legale Schusswaffen fordern wir ein Ankaufprogramm. Nach Rückkauf der Waffen muss es eine Karenzzeit geben, bis eine neue Erlaubnis beantragt werden kann.

DIE LINKE hat in ihrem Programm zur Entwaffnung Hessens einen dritten Punkt: Wir brauchen bessere Kontrollen. Alle Inhaber von Waffenscheinen müssen beim Ersterwerb der entsprechenden Erlaubnisse und dann alle drei Jahre ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Attest vorlegen, analog zu dem bisherigen Verfahren beim Ersterwerb der entsprechenden Erlaubnisse bei Personen unter 25 Jahren.

Meine Damen und Herren, das würde tatsächlich den Kreis derjenigen deutlich reduzieren, die unzuverlässig sind und mit Waffen umgehen.

Damit es nicht in einen falschen Hals kommt, ist es mir wichtig, hier zu sagen: Nicht jeder, der eine Waffe besitzt, ist ein potenzieller Täter; aber jede Waffe ist ein potenzielles Tatmittel. Dort müssen wir ansetzen.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb müssen wir auch die illegalen Waffen in den Blick nehmen. Wir brauchen eine Waffen-Amnestie, die in einem Zeitfenster von sechs bis zwölf Monaten die Möglichkeit bietet, dass solche Waffen und Munition aller Art, die bisher illegal irgendwo lagern, bei Polizeidienststellen straffrei abgegeben werden können.

DIE LINKE fordert den Innenminister auf, beim Landeskriminalamt eine spezielle Ermittlungsgruppe zu gründen, um den Ermittlungsdruck gegen Inhaber illegaler Waffen zu erhöhen. Waffenrechtliche Verstöße bei Polizei und Bundeswehr müssen nachhaltig ausermittelt werden. Beteiligte Personen dürfen keinesfalls Wege zurück in die Strukturen von Polizei und Bundeswehr finden.

Meine Damen und Herren, das wären Maßnahmen, wie wir den Waffenbesitz in Hessen wirkungsvoll reduzieren können.