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Rede

Torsten Felstehausen - Umweltschäden aus der Kaliproduktion müssen von der Landesregierung anerkannt werden

Torsten FelstehausenLandwirtschaft und TierschutzUmwelt- und Klimaschutz

In seiner 91. Plenarsitzung am 09. Dezember 2021 diskutierte der Hessische Landtag auf unseren Antrag eine Aktuelle Stunde zur Gewässerversalzung durch K+S, die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Meiningen und die EU-Umwelthaftungsrichtlinie. Dazu die Rede unseres Parlamentarischen Geschäftsführers Torsten Felstehausen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste! Ja, es geht in dieser Aktuellen Stunde der LINKEN um die Frage – wir haben vorhin die Beendigung der Versenkung diskutiert –: Wie gehen wir mit den Schäden um, die dadurch entstanden sind? Durch das von der Staatsanwaltschaft Meiningen ausgewertete Material kann als sicheres Wissen gelten, erstens, dass den hessischen Fachbehörden die schädlichen Auswirkungen der Versenkung von Salzlaugen auf die Trinkwassergewinnung seit 1970 bekannt gewesen sind. Dies wird von Staatsministerin Hinz jedoch bis heute geleugnet. Wir können zweitens davon ausgehen – dies kann als gesichertes Wissen gelten –, dass zahlreiche Trinkwasserbrunnen in Hessen und Thüringen aufgrund der Versalzung durch die Versenktätigkeit von K+S aus der Nutzung genommen bzw. ihre Nutzung eingeschränkt werden mussten. Drittens können wir davon ausgehen – dies können wir belegen –, dass alle von hessischen Behörden nach 1976 erteilten Versenkgenehmigungen rechtswidrig waren. Auch das wird von Frau Staatsministerin Hinz geleugnet. (Zuruf: Das haben Sie entschieden!) Diese drei Punkte waren auch Priska Hinz bekannt. Trotzdem hat sie im Jahr 2015 mit dem Druck aus ihrem Ministerium eine weitere Versenkgenehmigung durchgesetzt. Auf die Feststellung des HLNUG, dass jede weitere Versenkung im Plattendolomit den Grundwasserschaden in dem zur Trinkwassergewinnung genutzten Buntsandstein unweigerlich vergrößert, sagte Staatsministerin Priska Hinz im Umweltausschuss, dass diese Einschätzung des HLNUG nicht geteilt werde und die Landesregierung eine rechtskonforme Versenkerlaubnis für möglich halte. Daher frage ich mich tatsächlich: Welchen Wert haben Fachbehörden eigentlich, wenn man sich so einfach über eine Stellungnahme hinwegsetzen kann? (Beifall DIE LINKE) So wie andere in diesem Hause leugnen, dass der Klimawandel menschengemacht ist, leugnet die hessische Umweltministerin, dass auch unter ihrer Amtsführung durch Laugenversenkung Grund- und Trinkwasser versalzen. Meine Damen und Herren, das ist kein Schnee von gestern; das ist brandaktuell. Nach der EU-Umwelthaftungsrichtlinie sind die Länder verpflichtet, der EU-Kommission bis April 2022, also in vier Monaten, Umweltschäden, die aus betrieblichen Tätigkeiten stammen, zu melden. Das gilt für die Schäden, die ab 2007 bekannt waren. Weil natürlich das Verursacherprinzip gilt, müssten die bekannten Umweltschäden aus Versenkung, Flusseinleitung und Salzaufhaldung auf Kosten von K+S beseitigt werden. Dies müssten sie, wenn sie denn gemeldet würden. (Beifall DIE LINKE) Im Frühjahr hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Hessen das Regierungspräsidium Kassel aufgefordert, diese Meldung umzusetzen und den Gesetzen endlich nachzukommen; doch das Regierungspräsidium hat dies abgelehnt. Deshalb haben wir Frau Staatsministerin Hinz im Umweltausschuss gefragt, wie es denn zu einer solchen Entscheidung des Regierungspräsidiums kam. Dabei ist herausgekommen, erstens, dass es das Umweltministerium war, das mit Erlass vom 23. Juni 2020 die nachgeordneten Behörden gebeten hat, über Umweltschäden erst ab 2019 zu berichten und nicht, wie es im Gesetz steht, in der EUUmweltrichtlinie, ab 2007. Zweitens. Das Regierungspräsidium Kassel hat bis dato keine Anhaltspunkte und dürfe keine Anhaltspunkte sehen, die EU-Umwelthaftungsrichtlinie anzuwenden. Nach all dem, was wir über die Folgen der Versenkung wissen, ist dies tatsächlich eine sehr verstörende Haltung. Auf Nachfrage hat Priska Hinz den Zusammenhang von Laugenversenkung und Umweltschäden wiederum geleugnet. Ich bin mir nicht im Klaren darüber, ob alle Beteiligten wissen, welche Konsequenzen dies hat und welche Bedeutung diese Leugnung hat. Damit die EU-Kommission die Sanierung der Schäden von K+S einfordern kann, a) müssen diese vonseiten des Landes gemeldet, b) muss zwischen dem Umweltschaden und der Tätigkeit des Verursachers ein Kausalzusammenhang hergestellt werden. Meine Damen und Herren, beides hintertreibt die hessische Umweltministerin. Priska Hinz stellt sich damit wiederholt schützend vor die Renditeinteressen von Europas größtem Grund- und Flusswasserversalzer. Mit ihrem Erlass verhindert sie aktiv, dass die Schäden gemeldet werden, die seit 2007 eingetreten sind. Vizepräsidentin Karin Müller: Herr Abg. Felstehausen, Sie wissen, was es bedeutet, wenn fünf Minuten um sind? (Heiterkeit und Beifall Freie Demokraten) Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Das weiß ich, Frau Präsidentin. Ich komme zum Ende. (Beifall DIE LINKE) Ich hoffe, dass auch die Schäden demnächst ein Ende nehmen. – Ich komme zum Ende. Wir fordern das Land auf, alle Schäden aus der Beseitigung der salzhaltigen Abfälle aus der Kaliproduktion an Grund- und Trinkwasser in Flüssen und Böden gemäß der EU-Umwelthaftungsrichtlinie ab 2007 zu erfassen und der Kommission zu melden. Das ist das wenigste, was man von dieser Umweltministerin erwarten kann. – Vielen Dank, dass ich ein kleines Stück überziehen durfte. (Beifall DIE LINKE)