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Rede
Torsten Felstehausen - Explodierende Energiekosten und liberalisierte Märkte: Hessen muss Sofortmaßnahmen gegen Energiearmut und Stromsperren ergreifen
In seiner 95. Plenarsitzung am 3. Februar 2022 diskutierte der Hessische Landtag unsere Aktuelle Stunde zu hohen Energiekosten und -abschaltungen. Dazu die Rede unseres Parlamentarischen Geschäftsführers und verbraucherschutzpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Explodierende Energie- und Lebenshaltungskosten in Hessen – DIE LINKE fordert Sofortmaßnahmen.
Meine Damen und Herren, was war das für ein Erfolg. Mit der Liberalisierung und der Deregulierung des Energiemarktes für Strom und Gas sollte alles besser werden. Es sollte billiger werden. Es sollte kundenfreundlicher werden, und am Ende war auch eine Verbesserung der Qualität angekündigt.
Jetzt, 24 Jahre später, machen wir den Realitätscheck. Wie sieht es wirklich aus? Im Jahr 2020 wurde bundesweit 4,2 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern angedroht, die Stromanschlüsse zu sperren. Bei knapp 700.000 Haushalten wurde diese Drohung auch in die Tat umgesetzt. Nicht viel besser sieht es bei der Gasversorgung aus. 980.000 Haushalten wurde die Sperrung der Gasversorgung angedroht. Bei 162.000 Haushalten wurde tatsächlich der Gashahn zugedreht.
Zwischen 2000 und 2021 hat sich der Strompreis von 13,94 Cent/kWh auf 31 Cent/kWh mehr als verdoppelt, und zu allem Überfluss kündigen jetzt die Billiganbieter ihren Kunden die Verträge, um die Kontingente, die sie haben, zu Höchstpreisen an der Leipziger Strombörse verkaufen zu können. Diesen Kundinnen und Kunden bleibt nichts anderes übrig, als zu überteuerten Tarifen in die Grundversorgung zu wechseln.
Meine Damen und Herren, ja, so ist es, wenn es der Markt regeln soll. Es trifft wieder einmal die Schwächsten in unserem Land, Menschen, die von Transferleistungen leben müssen, kaum davon leben können, die vorher schon nicht genug Geld zum Leben hatten.
Meine Damen und Herren, können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, bei diesem Wetter ohne Strom und ohne Gas auskommen zu müssen? Wahrscheinlich nicht. Wir sind alle gut bezahlte Landtagsabgeordnete. Aber es bedeutet: kein Heizen, kein Kochen, keine Telekommunikation und kein Wäschewaschen. Das ist die Realität in Zehntausenden von Haushalten in Hessen.
Wir können an dieser Stelle nur sagen: vielen Dank für nichts, liebe Marktradikale, liebe Privatisierer und liebe Deregulierer.
(Beifall DIE LINKE)
Am Ende zahlen die Verbraucher die Gewinne, mit denen sich die Konzerne schon lange aus dem Staub gemacht haben. Ich will diese Zahlen einmal nennen; denn es wird gleich bei Ihrer Replik auch darum gehen, wo das Geld herkommt, das man bräuchte, um eine vernünftige Stromversorgung und Gasversorgung realisieren zu können. Alleine die fünf großen Energiekonzerne E.ON, RWE, Uniper, EnBW und Vattenfall haben im Jahr 2020 Gewinne von mehr als 9 Milliarden € gemacht.
Meine Damen und Herren, das ist die Realität in diesem Land. Gleichzeitig werden den Menschen der Strom und das Gas abgestellt. Als LINKE werden wir an dieser Stelle dagegenhalten. Dies ist nicht mit „kostenlosen Beratungstelefonen“ getan, sondern mit der Forderung, Angelegenheiten der Daseinsvorsorge endlich wieder in die öffentliche Hand zu nehmen und nicht weiter zum Gegenstand von Spekulation und Gewinnmaximierung zu machen.
(Beifall DIE LINKE)
Es hilft auch nicht, die Schwellenwerte für Stromsperren geringfügig anzuheben. Als LINKE fordern wir radikal, das Übel an der Wurzel anzupacken. Kurzfristig braucht es jetzt ein befristetes Energiesperren-Moratorium, und langfristig müssen Energiesperren gesetzlich untersagt werden. Es braucht ein Recht auf eine Mindestmenge an Strom und Gas, um menschengerecht wohnen und leben zu können.
(Beifall DIE LINKE)
Kurzfristig braucht es einen Energiekostenzuschlag in Höhe von 500 € beim Wohngeld, und mittelfristig müssen die Bedarfssätze an die tatsächlichen Kosten bei Gas und Strom angeglichen werden. Kurzfristig müssen die überteuerten Grundtarife vom Landeskartellamt überprüft werden, und langfristig müssen die Strom- und Gasanbieter wieder rekommunalisiert werden; denn öffentliche Güter gehören in die öffentliche Hand.
(Beifall DIE LINKE)
Ich weiß, Sie können sich das nicht vorstellen, aber es gibt ein Bild jenseits der Milliardengewinne. Denn während bei den Energiespekulanten die Kasse klingelt, zahlen Hunderttausende von Hessinnen und Hessen derzeit den Preis für Ihre sogenannte Deregulierung und Liberalisierung der Märkte.
Das, was wir derzeit auf dem Strom- und Gasmarkt erleben, ist kein Naturgesetz. Es ist Zockerei auf dem Rücken der Verbraucherinnen und Verbraucher.
(Beifall DIE LINKE)
Vizepräsidentin Heike Hofmann:
Herr Felstehausen, kommen Sie bitte zum Schluss.
Torsten Felstehausen (DIE LINKE):
Ich komme zum Schluss. Mein letzter Satz. – Um dies zu ändern, reichen keine Trostpflaster. Wir brauchen endlich eine Wirtschaft, die die Interessen der Menschen und nicht der Märkte in den Mittelpunkt stellt. Dafür stehen wir als LINKE. – Vielen Dank.
(Beifall DIE LINKE)