Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024
Rede
Torsten Felstehausen zum verfehlten Setzpunkt der Landesregierung
In seiner 135. Plenarwoche am 25.05.2023 diskutiert der Hessische Landtag über den verfehlten Setzpunkt der Landesregierung, der sich nicht mit Landes-, sondern Bundespolitik befasst. Dazu unser innenpolitischer Sprecher Torsten Felstehausen
Verehrte Präsidentin – vielen Dank für das Wort –, meine Damen und Herren!
Die Debatte hat es deutlich gezeigt: Die CDU präsentiert uns heute eine völlig sinnfreie Aktuelle Stunde; denn sie ist weder aktuell, noch hat sie wirklich einen Hessenbezug.
(Beifall DIE LINKE)
Ich wäre gerne einmal bei Ihnen in der Fraktionssitzung gewesen und hätte miterlebt, wie Sie auf dieses Thema gekommen sind. Ich stelle mir das so vor: Nachdem Sie sich zehn Minuten angeschwiegen haben und Ihnen nichts eingefallen ist – Selbstlob hatten wir schon genug –,
(Holger Bellino (CDU): Nein, falsch!)
sprang Herr Müller auf und rief: Ich habe da was. Das könnten wir noch einmal spielen. – Daraufhin brandete Applaus auf. So in etwa könnte diese Aktuelle Stunde entstanden sein, aber nicht aus inhaltlichen Gründen, oder weil wir über etwas diskutieren wollen, was Hessen wirklich betrifft.
Worum es wirklich ging, haben wir ausreichend gehört: eine Personalentscheidung einer Bundesinnenministerin in Berlin. Kollege Hahn hat es gerade gesagt: Wenn es nicht der Sohn des Generalleutnants und ehemaligen Berliner CDU-Innensenators Jörg Schönbohm gewesen wäre, hätten wir heute darüber im Hessischen Landtag sicher überhaupt nicht diskutiert. Aber ich denke mir: Sei es drum. Jeder kümmert sich eben um seine eigenen Versorgungsposten. Das ist dann so.
(Zurufe CDU: Ei, ei, ei! – Oh!)
Darum scheint es Ihnen an dieser Stelle zu gehen. Da ist jemand getroffen worden.
Oder – das können Sie sich aussuchen, Herr Müller – es ist dann eben doch der billige Wahlkampf, den Sie hier betreiben wollen. Aber aus irgendeiner Motivation heraus muss das ja entstanden sein, dass Sie uns dieses Thema heute bringen.
(Beifall DIE LINKE)
Als wir gelesen haben, was Sie zur Aktuellen Stunde machen wollen, entstand in unserer Fraktion erst mal Schweigen. Denn wir haben überlegt: Wie muss es eigentlich um die CDU bestellt sein, so etwas zu präsentieren?
(Lachen CDU – Elisabeth Kula (DIE LINKE): Wir waren ganz traurig! – Gegenruf Holger Bellino (CDU): Brauchen Sie Taschentücher?)
Wir haben uns tatsächlich gewundert, warum Ihnen wirklich nichts anderes einfällt. Dabei erwarten die Menschen in Hessen – darauf sind Sie als regierungstragende Fraktion ja so stolz – von Ihnen Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen. Das hätten Sie heute hier präsentieren können.
(Beifall DIE LINKE)
Sie hätten einmal etwas zum Thema Tarifauseinandersetzung bei der Bahn sagen können, die sich bisher geweigert hat, Grundlöhne auf Mindestlohnniveau zu heben. Das ist ein Skandal, der eben auch viele Hessinnen und Hessen trifft. Aber dazu kommt nichts. Sie schweigen.
Sie hätten etwas zum zehnten Jahrestag des Streiks bei Amazon sagen können, bei dem die Kolleginnen und Kollegen in Bad Hersfeld seit zehn Jahren einen Tarifvertrag fordern. Die Antwort der CDU ist: Sie schweigen.
(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (Freie Demokraten): Es gibt einen Tarifvertrag!)
Sie hätten vielleicht etwas zum Immobilienspekulanten Vonovia sagen können, der angekündigt hat, in Hessen Mieterhöhungen vorzunehmen und gleichzeitig jeglichen Neubau und Renovierungsarbeiten auszusetzen. Dem sehen Sie tatenlos zu, und Sie sehen dabei zu, wie auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter mit Wohnraum spekuliert wird. Das wäre doch einmal ein Thema gewesen, statt hier Geschichten aus Berlin zu erzählen.
(Beifall DIE LINKE)
Aber nein, an dieser Stelle gibt es das Schweigen der CDU.
Oder, ein letzter Punkt: Sie hätten Ihre Aktuelle Stunde dafür nutzen können, Ihren Großspender Klaus-Michael Kühne zu feiern. Mitten in der Krise, wo viele Menschen nicht mehr wissen, wie sie finanziell über die Runden kommen, wird aktuell gemeldet, dass er allein aus Aktiendividenden 3,3 Milliarden € Vermögenszuwachs einstreicht. Sein Vermögen wird übrigens nicht in Deutschland versteuert. Er hat sich schon vor Jahren in die Schweiz abgesetzt.
Das wären Punkte gewesen, die Sie heute doch einmal hätten präsentieren können. Aber nein, was machen Sie angesichts dieser aktuellen Nachrichten? – Sie bieten uns Mimimi und BSI. Das ist deutlich zu wenig.
(Beifall DIE LINKE – Zuruf CDU)
Mit dieser Aktuellen Stunde, bei der Sie gedacht haben, Sie machen mal so einen richtigen Wahlkampftrip daraus, haben Sie heute gezeigt, wie wichtig Ihnen die Sorgen der Menschen in Hessen wirklich sind und wie abgehoben Sie in Ihrer eigenen Bubble leben.
Ich persönlich muss sagen, Herr Müller, dass ich es beschämend finde, dass Ihnen ein Versorgungsposten mit B-8-Besoldung wichtiger ist als das, was die Menschen in Hessen wirklich umtreibt. – Vielen Dank.
(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)