Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Torsten Felstehausen zur Innenpolitik im Landeshaushalt 2022

Torsten FelstehausenHaushalt und FinanzenInnenpolitik

In seiner 91. Plenarsitzung am 09. Dezember 2021 diskutierte der Hessische Landtag zum Landeshaushalt 2022. Dazu die Rede unseres innenpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Herr Präsident, das ist der Vorteil als parlamentarischer Geschäftsführer: Wenn man selbst meldet, ist man gut im Bilde. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus Sicht der LINKEN sind neben vielen von uns vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen z. B. im Sport, im Katastrophenschutz und für die Bürgerinnen und Bürger vor allem zwei große Schwerpunkte in der Diskussion um den Einzelplan 03 zu setzen. Das Erste ist – diese Frage wollen wir hier offensiv stellen –: Wie bekommt es das Land Hessen eigentlich wieder hin, endlich für eine ordnungsgemäße Entlohnung seiner Beschäftigten zu sorgen, nachdem sogar der Verwaltungsgerichtshof in Kassel festgestellt hat, dass die Entlohnung verfassungswidrig zu niedrig ist? Warum hält die Hessische Landesregierung daran immer noch fest? Die zweite Frage, die wir aufwerfen wollen, lautet, was eigentlich noch passieren muss, damit rechtem Hass, rechter Hetze und rechtem Terror endlich mit den notwendigen Maßnahmen begegnet wird. Auf diese beiden Fragen hat DIE LINKE seit Jahren in Haushaltsanträgen Antworten gegeben. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen wären gut beraten, hierauf endlich einzugehen. Ich glaube, das hätte dem Land tatsächlich viel erspart. (Beifall DIE LINKE) Zu unserem ersten Punkt, der Frage der Besoldung der Beamtinnen und Beamten. Seit der Ära Koch und seit einer zweiten Welle seit dem Eintritt der GRÜNEN in die Landesregierung 2013 wurde und wird den Beschäftigten des Landes Hessen viel zugemutet. Auf ihrem Rücken wurde gespart. Zu erwähnen sind darunter zunächst einmal die längste Wochen- und Lebensarbeitszeit. Sie ist zwar etwas reduziert worden, aber einen vollen Personalausgleich gibt es lange noch nicht. Zu erwähnen sind die Nullrunde 2015 und die Magerrunde 2016. Zu erwähnen sind die Kürzungen bei der Beihilfe. Und zu erwähnen ist selbstverständlich immer wieder die nicht zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifergebnisse auf unsere Beamtinnen und Beamten. Das alles hat dazu geführt, dass es eine große Unzufriedenheit bei diesen Beamtinnen und Beamten gibt und dass eine Schieflage entstanden ist, auf die Schwarz-Grün von der gesamten Opposition immer wieder hingewiesen wurde. Das wurde aber auch von Sachverständigen und von den Verbänden immer wieder vorgetragen. Wir haben es mehrfach im Hessischen Landtag diskutiert. Da fragt man sich: Was haben Sie gemacht? Sie haben es weggewischt. Sie haben es einfach ignoriert, obwohl die Zeichen ganz deutlich sind. Jetzt musste der VGH feststellen, dass Ihre Entscheidungen an dieser Stelle verfassungswidrig waren. Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist von der LINKEN aufgefordert: Nehmen Sie endlich die wichtigen Hinweise an, die bei der Beratung der Gesetze immer wieder gegeben werden. Warten Sie doch bitte nicht darauf, dass Sie wieder und wieder eine Klatsche aus Karlsruhe bekommen. Sorgen Sie für verfassungsgemäße und angemessene Entlohnung, und reduzieren Sie bei vollem Lohnund Personalausgleich die Arbeitszeit der hessischen Beamtinnen und Beamten. Das haben sie verdient durch das, was sie täglich machen. Das steht ihnen zu. Sie sollten sich dieser Aufgabe jetzt mit Hochdruck zuwenden. (Beifall DIE LINKE) Der zweite Schwerpunkt dessen, was wir vom hessischen Innenminister fordern, ist ein deutlicher und entschiedener Kampf gegen rechten Hass, rechte Hetze und rechten Terror. Man kann nicht sagen, dass die Landesregierung darauf gar nicht reagiert hätte, aber die Wirklichkeit gibt uns leider recht: Es reicht nicht, was in diesem Bereich passiert ist. Wir brauchen dringend mehr Demokratiearbeit und mehr Prävention. Wir brauchen dringend mehr Initiativen gegen rechte Hetze. Und wir brauchen dringend mehr Kräfte im Kampf gegen rechte Gewalt. Weil der größte Polizeieinsatz der vergangenen Jahre darum ging, die Umweltschützer zum Bau einer Autobahn aus einem intakten Wald- und Wasserschutzgebiet zu räumen – diese Umweltschützer wurden oftmals pauschal zu Linksextremisten erklärt –, sage ich: Das macht deutlich, wie die schwarz-grüne Landesregierung ihre Schwerpunkte an dieser Stelle setzt. Wir sagen sehr deutlich: Das sind eben nicht die richtigen Schwerpunkte. (Beifall DIE LINKE) Weil das sogenannte Landesamt für Verfassungsschutz im Kampf gegen rechten Hass und rechte Hetze und den rechten Terror oftmals eher ein Teil des Problems als ein Teil der Lösung ist, fordern wir die Reduzierung der Mittel für das Landesamt für Verfassungsschutz auf das Niveau von 2006. Wir fordern die Umwidmung der Mittel für die Programme und Initiativen von Hessen für Demokratie. Wir fordern einen verstärkten Kampf gegen rechte Hetze und rechten Terror auch durch die Sicherheitsbehörden. Auch in den Sicherheitsbehörden muss das verstärkt gemacht werden. (Beifall DIE LINKE) Denn das Problem hat nicht mit dem verabscheuungswürdigen Mord an Dr. Walter Lübcke begonnen. Über 187 Todesopfer rechtsextremer Gewalt werden seit 1990 gezählt. Weitere 61 Fälle werden derzeit als Verdachtsfälle geführt. Das zeigt uns, wie groß dieses Problem ist. Wenn Frau Goldbach aufzählt, wie groß die Ermittlungserfolge sind, entgegne ich: Das ist die traurige Spitze eines Eisbergs, der dort zum Vorschein kommt. Da muss deutlicher hingeschaut werden. Da muss mehr gemacht werden. Aber wir werden das mit den Mitteln des Verfassungsschutzes nicht schaffen. Jeder Euro, der in eine klare zivilgesellschaftliche Positionierung gegen rechte Hetze und gegen rechte Gewalt investiert wird, ist offensichtlich erheblich wirkungsvoller. (Beifall DIE LINKE) Neben diesen zentralen Feldern der Innenpolitik stellen wir als LINKE aber weitere Finanzierungsanträge in anderen Bereichen. Einige möchte ich nur kurz erwähnen. Wir brauchen im Sport dringend mehr Investitionen und mehr Unterstützung für Sportstätten und für die Schwimmbadsanierung. Durch Corona ist dieses Problem noch deutlicher zutage getreten. Wenn über ein Drittel aller Kinder nicht mehr schwimmen kann, ist das ein Alarmsignal, das auch im Landtag gehört werden muss. Wir fordern die Streichung der Zwangsgebühren beim Straßenausbau, wie es in anderen Bundesländern auch der Fall ist. Es treibt die Menschen in den Ruin, wenn sie als Anlieger einer Straße für etwas bezahlen sollen, wovon sie nur sehr wenig haben und was sie nicht steuern können. Wie gesagt, andere Länder sind da deutlich vorne. Wenn Sie immer behaupten: „Hessen vorn“, nehmen Sie sich an dieser Stelle ein Beispiel. Setzen Sie sich gemeinsam mit uns dafür ein, dass es die Straßenausbaubeiträge auch in Hessen nicht mehr gibt. (Beifall DIE LINKE) Zum Schluss der Hinweis: Wir brauchen dringend mehr Investitionen in den Katastrophenschutz. Der fortschreitende Klimawandel und die Umweltkatastrophen in unseren Nachbarländern haben uns gezeigt, dass die Mittel der Landesregierung bei uns nicht ausreichen. Meine Damen und Herren, wenn hier von Herrn Bauer stolz neben einigen anderen Plagiaten verkündet wird, dass hessenWARN eine so tolle Erfindung sei, kann ich den Innenminister an dieser Stelle nur auffordern: Investieren Sie endlich auch in ganz normale Dinge. Bringen Sie z. B. unser System der Sirenen endlich auf einen Stand, dass sich die Bevölkerung bei einer Katastrophe wie im Ahrtal darauf verlassen kann, tatsächlich gewarnt werden zu können, auch wenn die Bevölkerung oder ältere Menschen nicht über ein Handy verfügen. Das wäre Ihre Aufgabe. Hier wären dringend Mittel erforderlich. (Beifall DIE LINKE)