Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Torsten Felstehausen zur Reform des Verfassungsschutzes

Torsten FelstehausenInnenpolitik

In seiner 100. Plenarsitzung am 30. März 2022 diskutierte der Hessische Landtag über Reformen beim sogenannten Verfassungsschutz. Dazu die Rede unseres Parlamentarischen Geschäftsführer und innenpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilt haben. – Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu dem vorangegangenen Gesetzentwurf sind Ihre Vorschläge zum Artikel 10-Gesetz und zur Kontrolle des Verfassungsschutzes tatsächlich schon etwas konkreter zu beurteilen. Sie sind in der Tat auch etwas leichter zu lesen. Deshalb kann ich an dieser Stelle relativ schnell zu den kritischen Punkten kommen.

Bei der G 10-Kommission wollen Sie, dass die Zustimmung des Hauptausschusses zur Geschäftsordnung der G 10-Kommission des Hessischen Landtages entfällt. Wir werden zusammen mit dem Hauptausschuss beraten müssen, ob wir an dieser Stelle auf dieses Recht verzichten wollen. Eigentlich beginnt nämlich die Kontrolle dessen, was passiert, damit, dass die Geschäftsordnung in einer öffentlichen Sitzung beraten und im Hauptausschuss von allen Parlamentarierinnen und Parlamentariern diskutiert wird.

Da geht es nicht um die Frage, was im operativen Bereich passiert, sondern es geht um die – wie es der Name sagt – Geschäftsordnung und um die Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird. Das ist durchaus etwas, was den Hauptausschuss etwas angeht. Insofern sind wir an der Stelle sehr vorsichtig – wenn ich das einmal so formulieren darf –, wenn es darum geht, dieses Recht abzuschaffen.

(Beifall DIE LINKE)

Aber es geht hier aus meiner Sicht um mehr als nur um eine langweilige Geschäftsordnungsdebatte. Die G 10-Kommission trifft Entscheidungen über massive Grundrechtseingriffe. Frau Goldbach von den GRÜNEN hat es gerade gesagt. Es geht um Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in Hessen. Niemand erfährt jemals, was in dieser Kommission tatsächlich konkret passiert ist und wann es passiert ist.

Ich würde mir eher wünschen, dass es ein Mehr an Informationen gibt, nicht ein Weniger. Die Beratung über die Geschäftsordnung ist nicht viel mehr, aber es ist immerhin das einzige Mal, dass das Parlament etwas über dieses Gremium erfährt. Aus meiner Sicht ist dieses Recht daher nicht ersatzlos zu streichen, sondern ich würde mir hier, im Gegenteil, sogar eine regelmäßige Unterrichtung des Landtages über die Arbeit dieses Gremiums wünschen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, von den GRÜNEN und der CDU, bei der Kontrolle des Verfassungsschutzes haben Sie nun endlich zwei Punkte aufgenommen bzw. konkretisiert, die in diesem Haus schon jahrelang von den LINKEN, der SPD und der FDP gefordert worden sind. Zum einen wollen Sie eine Geschäftsstelle einrichten, und zum anderen – das wurde gerade vom Kollegen Günter Rudolph gesagt – wollen Sie es ermöglichen, dass es beim Verfassungsschutz jederzeit Zutritt für die Mitglieder der Kontrollkommission gibt. Das ist richtig, das ist gut so. Diese Forderung wird seit Jahren in diesem Haus erhoben. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie jetzt endlich diese Schritte in die richtige Richtung gehen.

(Beifall DIE LINKE)

Aber Sie machen das erst nach Jahren der Kritik, und dabei gehen Sie noch nicht einmal die ganze Strecke, sondern, wie es so üblich ist, nur die Hälfte. Sie gehen deshalb nur die Hälfte, weil die personelle Ausstattung der Geschäftsstelle dann nach Ihren Vorstellungen – so, wie Sie es skizziert haben – noch immer nicht ausreichend ist. Da müsste deutlich mehr gemacht werden. Auch die Frage der Zutrittsrechte der Mitglieder der Kontrollkommission müsste anders gehandhabt werden, wenn das für eine Kontrolle wirklich sinnvoll und zielführend sein soll.

Meine Damen und Herren, es geht um die Frage: Was soll diese Kontrollkommission eigentlich machen? Wie arbeitet sie? – Dass sie in weiten Teilen im Geheimen arbeitet, ist richtig. Es geht da um wichtige Eingriffe, die nicht nach außen getragen werden sollen. Trotzdem ist es aus unserer Sicht wichtig, dass über die Arbeit dieses Gremiums informiert wird. Es soll nicht über die operativen Ereignisse berichtet werden – das ist kein Gegenstand der Offenbarung –, sondern es geht um die Ergebnisse der Kontrolle: Was zieht man dort heraus, damit diese Informationen gesetzgeberisch aufgegriffen werden können und damit dort, wo es Veränderungsbedarfe gibt, diese Veränderungen tatsächlich angestoßen werden können?

Wir alle wissen, es dürfen keine Notizen mitgenommen werden, und niemals darf jemand darüber berichten, was dort besprochen worden ist. Dann frage ich mich natürlich schon: Was bringt es denn dann? – Wenn selbst Dienstvorschriften, Anordnungen und der Umgang mit dem verheerenden V-Leute-System für immer und ewig unter Verschluss bleiben müssen: Eine solche Blackbox ist aus unserer Sicht eines demokratischen Systems nicht würdig.

(Beifall DIE LINKE)

Präsident Boris Rhein:

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Torsten Felstehausen (DIE LINKE):

Ich komme sofort zum Ende. – Meine Damen und Herren, Dinge, die für das Parlament und die Öffentlichkeit wesentlich sind, sind eben dieser Geheimhaltung unterworfen. Aus Sicht der LINKEN geht das nicht. Wir brauchen eine öffentliche Aufklärung. Die Skandale der letzten Jahre haben gezeigt: So, wie es bisher organisiert ist – selbst mit den Vorstellungen, die Sie jetzt dazu haben –, werden wir das Problem nicht lösen. Der Verfassungsschutz ist ein Teil des Problems. Wir halten ihn tatsächlich, auch mit Ihren Vorschlägen, für nicht reformierbar. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)