Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ulrich Wilken - Demokratie braucht eine funktionierende Justiz

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In seiner 122. Plenarsitzung am 07. Dezember 2022 diskutierte der Hessische Landtag zu den Haushaltsjahren 2023 und 2024. Dazu die Rede unseres justizpolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Demokratie braucht eine funktionierende Justiz. Dazu gehört übrigens auch, werter Herr Heinz, dass ein CDU Rechtspolitiker in diesem Hause nicht Grundrechtsverletzungen das Wort redet.

(Beifall Saadet Sönmez (DIE LINKE))

Demokratie braucht eine funktionierende Justiz, eine Justiz, die nach einer durchgeführten Ermittlung wegen einer Straftat Recht spricht, und eine Justiz, die Bürgerinnen und Bürgern zeitnah, z. B. bei einer Erbschaft, die nötigen Unterlagen bereitstellt. Wir alle wissen, dass Hessen hierbei erhebliche Probleme hat.

Ja, Sie schaffen in diesem Doppelhaushalt knapp 500 Stellen in der Justiz, neue Stellen, davon alleine 100 Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwälte, um dieses erhebliche Problem zu beheben. Aber zu diesem Vorhaben sind doch noch drei Anmerkungen notwendig.

Erstens sind das weniger als die Hälfte der Stellen, die Sie, Herr Poseck, noch in diesem Frühjahr als Präsident des Oberlandesgerichts als „notwendig“ von der Politik gefordert haben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zweitens lösen Sie jetzt ein Problem, das Sie als CDU – zeitweise mit tatkräftiger Unterstützung eines FDP-Justizministers – selbst geschaffen haben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Sie haben in den letzten zwei Jahrzehnten all jene Stellen weggestrichen, die jetzt fehlen.

(René Rock (Freie Demokraten): Was für ein Quatsch!)

Sie haben in dem Wahn eines schlanken Staates und beim Hinterherlaufen hinter der schwarzen Null die hessische Justiz an den Rand ihrer Handlungsfähigkeit heruntergespart.

(René Rock (Freie Demokraten): Bei uns sind keine

Leute aus der Untersuchungshaft entlassen worden!)

Drittens. Jetzt stellt sich die Frage, wie diese Stellen und die durch die Pensionswelle – das ist noch gar nicht erwähnt worden – frei werdenden Stellen mit qualifiziertem Personal besetzt werden sollen, angesichts der vergleichsweise unattraktiven Arbeitsbedingungen in der Justiz. Die Justizvollzugsanstalten wissen doch schon aktuell nicht, wie sie vorhandene Stellen besetzen sollen.

Um die Arbeitsbedingungen in der Justiz zu verbessern, muss sich die Justiz mutig, entschlossen und mit hohem Investitionsaufwand unter anderem auch auf den Digitalisierungspfad begeben und hierbei die Justizvollzugsanstalten mitnehmen; sonst bleiben die neu geschaffenen Stellen unbesetzt.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Fazit: Gut, dass Sie Stellenaufbau betreiben. Aber sorgen Sie auch dafür, dass die Attraktivität der Arbeitsplätze in der Justiz und im Justizvollzug erhöht wird, damit Menschen dort gerne für uns, für unsere Demokratie arbeiten wollen. – Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE und SPD)