Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ulrich Wilken zur Corona-Parlamentsbeteiligung

Ulrich Wilken
Ulrich WilkenCoronaRegierung und Hessischer Landtag

In seiner 66. Plenarsitzung am 4. Februar 2021 diskutierte der hessische Landtag über die Beteiligung des Parlaments in der Corona-Krise. Dazu die Rede unseres rechtspolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich will damit anfangen, womit Frau Wallmann aufgehört hat, nämlich mit der Hoffnung, dass wir das alles eigentlich gar nicht tun müssten, dass wir also weder ihren Gesetzentwurf vom Dezember noch den FDP/SPD-Gesetzentwurf heute beraten müssten. Ich glaube, das wäre das Dümmste, was wir tun könnten, nämlich nicht zu lernen aus der Situation, in der wir uns seit einem Jahr befinden. Vielmehr müssen wir uns weiter darum streiten, wie wir als Gesetzgeber besser darauf vorbereitet sind, in ähnlichen Situationen zu reagieren. Man muss kein Prophet sein, um zu befürchten, dass das durchaus wiederkommen kann.

Zweite Bemerkung. Wir sind jetzt in einer ganz anderen Situation als vor knapp einem Jahr, als – das haben wir seitens der LINKEN nie bestritten – schnell gehandelt werden musste. Wir haben auch immer gesagt – bei Kleinigkeiten müssen wir uns streiten –, dass wir mit den getroffenen Maßnahmen prinzipiell einverstanden waren und sind. Wenn wir als Gesetzgeber gehandelt hätten, wären wir wahrscheinlich zu ähnlichen Beschlüssen gekommen. Ich will das noch einmal ganz deutlich sagen.

Jetzt sind wir aber in einer anderen Situation. Jetzt geht es darum, hier im Haus zu beraten, wie denn die nächsten Maßnahmen aussehen. Ich habe vom Ministerpräsidenten erfahren, dass er selbstverständlich an Plänen arbeitet, wie wir weiter vorgehen. Ich habe auch nichts anderes erwartet.

Er hat auch gesagt, dass er diese Pläne erst mit der Kanzlerin und den anderen Ministerpräsidenten beraten wird. Erhalten wir erst danach eine Mitteilung?

Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren. Es besteht keine Eile in der Diskussion darüber, wie wir aus den mehr oder weniger sinnvollen Beschränkungen wieder herauskommen. Das ist eine Debatte, die von der ersten Gewalt geführt werden muss, die ins Parlament gehört – und zwar im Vorfeld von Beschlüssen und dem Erlass von Verordnungen, nicht zur Information des Parlaments im Nachgang.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Dabei geht es um die Kriterien Praktikabilität und Akzeptanzförderung; Frau Faeser hat sie heute in der Debatte als Erste genannt. Ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass bei einem gedanklichen Austausch vieler kluger Köpfe der eine oder andere Fehler vielleicht vermeidbar wäre. Darum geht es in dieser Debatte. Ich will diese Debatte auf jeden Fall führen, um klarzustellen, dass wir auch im Krisenmodus prinzipiell lernfähig bleiben.

Beim letzten Tagesordnungspunkt wurde hier ein Marx-Seminar angepriesen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir hier im Hause ein Seminar für Grundrechte und ein Seminar für Gewaltenteilung anbieten müssten. Wir, das Parlament, sind die erste Gewalt. Wir setzen die Regeln des Handelns in aller Regel durch Gesetze fest, und die Regierung, die zweite Gewalt, hat im Rahmen dieser Gesetzgebung das Regierungshandeln durch Verordnungen umzusetzen. Daran sollten wir uns häufiger einmal erinnern.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)