Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ulrich Wilken zur Einführung eines hessischen Lobbyregistergesetzes

Ulrich Wilken
Ulrich WilkenRegierung und Hessischer Landtag

In seiner 65. Plenarsitzung am 3. Februar 2021 diskutierte der Hessische Landtag über die Einführung eines Lobbyregisters. Dazu die Rede unseres rechtspolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich bin auch dankbar für jeden nützlichen Hinweis, den Sie gegeben haben, dann muss ich das nachher nicht machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung: Ein kurzer Blick in unsere Plenar- und Ausschussprotokolle zeigt ganz deutlich, dass es nicht der AfD bedurft hätte, dass wir uns über Lobbyismus und Lobbyregister in diesem Landtag verständigen. Dazu braucht es nicht die AfD-Fraktion.

(Beifall DIE LINKE)

Ich nehme die Debatte zum Lobbyregister dennoch zum Anlass, die Position meiner Fraktion und meiner Partei zu Interessenvertretung und Lobbyregister darzustellen, die wir in enger Nähe mit Transparency International, um den Namen auch einmal korrekt hier auszusprechen, entwickelt haben.

Das schließt daran an – die Vorredner haben schon darauf hingewiesen –, dass die Artikulation von Interessen wesentlich für den Prozess ist. Sie sind ein Wesenselement der Demokratie.

Wir müssen trotzdem in der Bürgerrinnen- und Bürgerschaft alle nachvollziehen können, warum eine politische Entscheidung so und nicht anders ausfällt. Das heißt, wir brauchen Transparenz, Transparenz aufseiten der Interessenvertreter, die ihre Forderungen an uns, die politischen Entscheider, herantragen, und Transparenz aufseiten des Gesetzgebers, also uns bzw., wenn die Gesetzentwürfe aus der Regierung kommen, dort, derer, die darüber entscheiden, welche Interessen berücksichtigt werden und welche nicht.

Kern einer jeden Transparenzregelung muss folglich sein, ein verbindliches Register für alle Interessenvertreterinnen und -vertreter zu haben. Das Register muss dabei für alle Interessenvertretungen ohne Ausnahme gelten.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Bemerkung zum Thema Finanzmittel. Dem muss ein Lobbyregister in doppelter Hinsicht begegnen. Erstens müssen wir wissen, wie viel Geld für die Interessenvertretung eingesetzt wird, zweitens muss ganz klar offengelegt werden, wer durch entsprechende finanzielle Mittel Einfluss auf die Agenda einer registrierten Interessenvertretung nimmt, also woher das Geld wirklich kommt. Das ist dringend notwendig, um – das sage ich auch einmal ganz deutlich – Interessenvertretung gegenüber Bestechlichkeit und Vorteilsnahme abzugrenzen. Darüber reden wir nämlich gerade nicht – um das auch einmal deutlich zu sagen.

(Beifall DIE LINKE)

Transparenz heißt, ein Lobbyregister muss für alle Bürgerinnen und Bürger frei einsehbar sein. Der Zugang zu den Daten muss einfach und unkompliziert sowie gebührenfrei sein. Dazu gehört eben, dass ein solches Register öffentlich gut durchsuchbar und maschinenlesbar ist. Das reduziert dann auch den Verwaltungsaufwand.

Noch eine Bemerkung zur Transparenz im Gesetzgebungsverfahren. Warum das jetzt auf Neudeutsch „legislativer Fußabdruck“ oder so etwas heißen muss, muss mir nicht einleuchten. Ich rede über Transparenz im Gesetzgebungsverfahren.

Transparenz heißt, dass in der Begründung zu Gesetzentwürfen dokumentiert werden muss, inwiefern Interessenvertreterinnen und -vertreter im Rahmen der Vorbereitung der Gesetzentwürfe wesentlich beteiligt waren. Das ist nötig, um in öffentlichen demokratischen Debatten nachzuvollziehen, welche Argumente für den Gesetzesvorschlag ausschlaggebend waren, welche Berücksichtigung fanden und welche nicht.

Wichtig ist hierbei nicht nur die Nennung der Interessenvertreter, sondern auch die Offenlegung ihrer Beiträge, also der im Rahmen der Gesetzesvorbereitung eingeholten Gutachten, der Ergebnisse von Beratungsgremien sowie sonstiger Stellungnahmen, die auch ohne Anfrage der Ministerien an uns herangetragen werden.

Noch ein Gedanke, wer das alles nachverfolgen soll. Die Regierung hat Erfahrung mit dem Einrichten und Bezahlen von Beauftragten. Den brauchen wir auch für dieses Gebiet. Wir brauchen einen Lobbybeauftragten, vergleichbar mit dem Datenschutzbeauftragten. Dieser Beauftragte muss in seiner Amtsausübung unabhängig, neutral, überparteilich sowie nur dem Gesetz unterworfen sein. Dieser Lobbybeauftragte sollte auf eigene Initiative hin tätig werden können und eigene Ermittlungskompetenzen erhalten.

Meine Damen und Herren, nach dieser Skizze ist hoffentlich allen deutlich geworden, dass unsere inhaltliche Einschätzung in Sachen Lobbyregister nichts mit dem zu tun hat, was jetzt gerade als Gesetzentwurf vorgelegt wird. Das genügt diesen Ansprüchen überhaupt nicht.

Wir haben auch noch Nachholbedarf

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) reicht dem Redner ein Glas Wasser.)

– danke – mit dem, was wir in der Geschäftsordnung ändern wollen, wofür sich die Regierungsfraktionen gerade wieder gelobt haben. Auch da ist noch Luft nach oben, wie ich gerade skizziert habe.

Ich danke dem parlamentarischen Geschäftsführer der GRÜNEN für die Unterstützung und Ihnen allen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)