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Reden

Jan Schalauske zum Corona Hilfegesetz

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCorona

In seiner 63. Plenarsitzung am 11. Dezember 2020 diskutierte der Hessische Landtag abschließend über das Corona-Hilfegesetz. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP ist einer der wenigen Momente und Fälle in diesem Haus, in dem sich die Marktliberalen und die demokratischen Sozialisten einmal weitgehend einig sind.

(Zuruf SPD: Ui, ui, ui! – Torsten Warnecke (SPD): Es wächst zusammen, was zusammengehört!)

Das finde ich interessant an der Stelle einmal zu bemerken.

Ich denke, bei allen Diskussionen über den formalen Prozess, den der Kollege Kaufmann hier sehr weit ausgeführt hat, sollten wir uns doch wieder dem zugrunde liegenden politischen Problem widmen.

Dazu will ich sagen: Es war doch richtig – auch da gibt es eine weitgehende Einigkeit –, dass in der Krise auf allen staatlichen Ebenen Milliarden mobilisiert und in die Hand genommen worden sind, um die Unternehmen vor der Pleite zu bewahren und um Arbeitsplätze und Beschäftigte zu sichern.

Aber – das zeigen doch die Corona-Krise und die Maßnahmen, die ergriffen worden sind – es bedeutet eben auch massive Einkommensverluste für Soloselbstständige und für Kleinselbstständige, für Künstlerinnen und Künstler, für Journalisten, für Freiberufler, die an Musikschulen auf Honorarbasis arbeiten, Seminare an der Volkshochschule geben und deren Einnahmen aus ihrer Tätigkeit direkt in die Finanzierung des Lebensunterhalts fließen.

Da müssen wir feststellen, dass das, was bisher an Aktivitäten entfaltet wurde – sowohl im Bund, da hat es endlich mal ein paar Nachbesserungen gegeben, als auch aufseiten des Landes, wo es keinerlei Tätigkeiten und eigene Aktivitäten in dieser Richtung gegeben hat –, nicht ausreicht. Die Menschen, die ich genannt habe, sind seit zehn Monaten auf Hilfe angewiesen, die ihnen im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfs durchaus hätte gewährt werden können. Deswegen war es richtig von der FDP, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen.

(Beifall DIE LINKE und Jürgen Lenders (Freie Demokraten))

Stattdessen aber werden die Menschen auf die Grundsicherung verwiesen. Ich sage es einmal so: Wenigstens einige von uns in diesem Haus wissen, dass die Grundsicherung eben keine angemessene Lebensgrundlage und keine Grundlage dafür ist, sein Leben auskömmlich zu finanzieren. Deswegen ist es in der Krise richtig, dass – wenn schon der Bund erst nur zögernd handelt – eigentlich das Land hätte einspringen können, ja, einspringen müssen, so, wie es andere Länder vorgemacht haben.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist auch richtig, wenn man an der einen oder anderen Stelle Kritik an dem Vorschlag der FDP hat. Wir beispielsweise – das haben wir in den Ausschussberatungen deutlich gemacht – würden Hilfen für Unternehmen stärker an Bedingungen knüpfen wollen, etwa an die Einhaltung von Tarifverträgen, an Beschäftigungs- und Standortgarantien. Allerdings, bei aller Kritik an dem Gesetzentwurf, muss man der FDP zugestehen, dass sie weitgehend mehr vorgelegt hat als die schwarz-grüne Landesregierung. Die ist nämlich in diesem Bereich nicht tätig geworden.

(Beifall DIE LINKE, SPD und Freie Demokraten)

Für die Landesregierung scheinen die bisherigen Hilfen ausreichend zu sein. Da, glaube ich, sprechen die Rückmeldungen, die auch in der Anhörung gekommen sind, eine andere Sprache: Viele Soloselbstständige, viele Kulturschaffende brauchen Hilfe und Unterstützung und finden sich im Krisenmanagement des Landes nicht wieder. Auch die jüngsten Nachbesserungen im Bund reichen da nicht aus. Ich denke da an die Novemberhilfe, die gut ist für diejenigen, die für November etwas geltend machen können. Aber was ist mit den Monaten vorher und mit denjenigen, die durch diese Novemberhilfe eben nicht erfasst sind?

Deswegen will ich noch einmal feststellen: Wir wissen, es gibt keine Mehrheit für den Gesetzentwurf. Aber vielleicht verhilft der Gesetzentwurf wenigstens dazu, der Landesregierung ein bisschen Druck zu machen, sich dieser Probleme anzunehmen.

Ich will zum Abschluss noch zwei Punkte benennen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, einen Vorwurf müssen Sie sich doch noch gefallen lassen.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (Freie Demokraten): Ach, so?)

– Ja, einen freundlichen Vorwurf. Herr Dr. Hahn, Sie können so gut austeilen. Ich weiß noch, wie Sie im letzten Jahr hier vor Weihnachten ausgeteilt haben. Da können Sie sich auch einmal einen kleinen Vorwurf zu Ihrem Gesetzentwurf anhören. Wir können später noch einmal klären, wie Sie hier im letzten Jahr zu Weihnachten aufgetreten sind. Das ist mir bis heute noch sehr unangenehm in Erinnerung geblieben.

Aber wir kommen jetzt wieder zurück zum Gesetzentwurf. Es ist schön, wenn die freien Liberalen in der Krise endlich merken, dass die unsichtbare Hand des Marktes nicht alle Probleme löst.

(Zuruf Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

Aber schön wäre es, wenn Sie dann auch erklärten, wie Sie die umfangreichen öffentlichen Hilfen bezahlen wollen; denn bei Ihrem Engagement für ein gerechtes Steuerwesen sind Sie leider ein Totalausfall.

(Beifall DIE LINKE – Zurufe Freie Demokraten)

Eines haben wir in der Debatte auch gelernt: Der Kollege Kaufmann scheint in einer anderen Funktion durch die Übernahme der griechischen Flughäfen durch Fraport auch seine Sprachkenntnisse erweitert zu haben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hebt den Daumen.)

Das ist eine interessante Erkenntnis.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Minister Michael Boddenberg)