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Reden

Jan Schalauske zum Corona-Sondervermögen

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 51. Plenarsitzung am 2. September 2020 diskutierte der Hessische Landtag über einige Ausgaben, die aus dem Sondervermögen zur Bewältigung der Corona-Krise finanziert werden sollen. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Sechs Argumente zu einer öfter geführten Debatte:

Erstens. In der tiefen ökonomischen und sozialen Krise infolge der Corona-Pandemie war es völlig richtig, die Schuldenbremse auszusetzen. Wir haben gesehen: Die Schuldenbremse steht insbesondere in der Krise einem handlungsfähigen Staat im Wege. Deshalb gehört sie – das ist unsere tiefste Überzeugung – nicht nur ausgesetzt, sondern sie gehört abgeschafft.

(Beifall DIE LINKE)

Zweitens. Um notwendige Maßnahmen zu finanzieren, kann man den Weg über ein Sondervermögen gehen. Die Fraktion DIE LINKE hat sich dafür eingesetzt, dass die Kontrollmöglichkeiten des Haushaltsausschusses mit dem Sondervermögen erhöht werden. Es war unser Vorschlag, dass die Schwelle, ab der der Haushaltsausschuss entscheidet, von 10 Millionen € auf 1 Million € gesenkt wird.

Es war unsere Fraktion, die darauf gedrungen hat, dass Entscheidungen im Haushaltsausschuss auch in das Plenum getragen werden können – so, wie es heute geschieht. Links wirkt, würde ich sagen.

(Beifall DIE LINKE – Holger Bellino (CDU): Oh!)

Warum für dieses Verfahren noch ein Antrag von CDU und GRÜNEN gebraucht wird, erschließt sich mir nicht ganz. So, wie wir es jetzt machen, hatten wir es auf der Grundlage der Geschäftsordnung verabredet. Schade, dass Sie mal wieder vergessen haben, die eigentlichen Erfinder dieser Überlegung zu fragen, ob sie denn den Antrag mit einbringen wollen, aber geschenkt.

Drittens. Viele der ersten Maßnahmen, die die schwarzgrüne Landesregierung jetzt aus dem Sondervermögen finanziert, sind schlicht notwendig: Unterstützung von Gesundheits-, sozialen und Kulturmaßnahmen. Dem wird DIE LINKE nicht im Weg stehen. Vielem haben wir sogar zugestimmt. Im Unterschied zu anderen Fraktionen ist es für uns auch nicht die zentrale Frage, ob eine Maßnahme nun allein pandemiebedingt ist oder auch aus anderen notwendigen, ökonomischen oder politischen, Gründen erfolgt. Die Tiefe der Krise macht eine Vielzahl von Maßnahmen notwendig, die über die konkrete Bekämpfung der Pandemie hinausgehen.

Gleichwohl ist nicht erkennbar, wie die Landesregierung das Sondervermögen nutzen wird, um sinnvoll aus der Krise herauszukommen. Klar ist: Notwendig sind mehr Mittel, die in der aktuellen Krise natürlich auch durch Kredite finanziert werden können. Das Sondervermögen der Landesregierung wird nicht ausreichen – das prophezeie ich Ihnen schon jetzt –, um die Maßnahmen, die in nächster Zeit noch notwendig werden, zu finanzieren.

Viertens. DIE LINKE hat hierzu das Positionspapier „Neustart für Hessen nach dem Corona-Einbruch“ erarbeitet, das einen mehrjährigen Plan enthält, in dem es darum geht, die überfälligen Investitionen in Krankenhäuser, in Schulen, in bezahlbaren Wohnraum sowie eine Wende in der Energie- und Verkehrspolitik zu unternehmen. Diese Überlegungen sind in einen umfangreichen Änderungsantrag zum Sondervermögen eingeflossen. Diese wichtigen und notwendigen Maßnahmen im Sinne der hessischen Bürgerinnen und Bürger haben CDU und GRÜNE abgelehnt. Das ist bedauerlich. Wir werden diese Vorschläge in die nächsten Haushaltsberatungen einbringen.

(Beifall DIE LINKE)

Fünftens. Teil unseres Planes sind – ich erwähne das extra auf Wunsch von Staatsminister Boddenberg, dem das Thema immer wieder eine Bemerkung wert ist – notwendige Maßnahmen für eine gerechtere Besteuerung der Vermögenden mithilfe einer einmaligen Vermögensabgabe analog zum Lastenausgleichsgesetz aus den Fünfzigerjahren und die Wiedererhebung der Vermögensteuer, die den Ländern zugutekommt. Wir wollen nicht, dass, wie es nach der Wirtschafts- und Finanzkrise der Fall war, die Kosten der Krise auf breite Teile der Bevölkerung abgewälzt werden. Auch das haben CDU und GRÜNE abgelehnt; ich halte das für sehr bedauerlich.

Sechstens. Die Maßnahmen von CDU und GRÜNEN sowie die Diskussion um das Sondervermögen zeigen, dass das von Ihnen gegenüber der LINKEN oft vorgetragene Argument, es sei für viele notwendige Maßnahmen kein Geld da, spätestens seit diesem Sommer ausgedient hat. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE – Günter Rudolph (SPD): Das wusste ich schon vorher!)