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Reden

Jan Schalauske zum Corona-Sondervermögen

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 54. Plenarsitzung am 30. September 2020 diskutierte der Hessische Landtag über einige Haushaltsposten aus dem Corona-Sondervermögen. Dazu die Rede unseres haushaltspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Kollege Kaufmann, ich schließe an Ihre Rede an: Sie haben beklagt, dass die SPD Maßnahmen aus dem Corona-Sondervermögen zwar zum Thema mache, aber keinen eigenen Antrag dazu ins Verfahren eingebracht habe. Dazu würde ich Sie gerne fragen: Wenn die Opposition zukünftig Anträge zu dem Sondervermögen stellt, wären CDU und GRÜNE dann bereit, diese anzunehmen? Wir hätten da ein paar Ideen für Anträge, was man aus dem Corona-Sondervermögen finanzieren müsste, um einen Neustart in Hessen zu gewährleisten.

(Beifall DIE LINKE)

Okay. Aber intern beraten wir heute eigentlich über drei Maßnahmen, die aus dem Sondervermögen finanziert werden sollen. Es geht um ein Programm zur Erstausbildung und zur Ausbildungsförderung, es geht um Investitionen in Sportstätten, und es geht um ein Sonderprogramm zur Schulwegbeleuchtung und für Radabstellanlagen. Diesen Maßnahmen stimmen wir zu. In der Sache sind sie sinnvoll und richtig. Ob die Landesregierung am Ende etwas daraus macht, ob diese Maßnahmen überhaupt so umgesetzt werden, wie wir uns das vorstellen und wie wir sie für richtig halten, sei dahingestellt. Aber das liegt in der Verantwortung der Landesregierung.

In der Ausschussberatung durfte man zur Kenntnis nehmen, wie sich die Fraktionen positionieren. Wir haben festgestellt, die AfD hat keiner dieser Maßnahmen zugestimmt. FDP und SPD haben gegen das Sonderprogramm Radabstellanlagen und Schulwegbeleuchtung gestimmt.

Bei der AfD wundert man sich nicht. Ginge es nach Ihnen, bräuchte man jetzt, in der Krise, ein hartes Kürzungs- und Sparprogramm. Man könnte an historische Vorbilder denken, z. B. an Reichskanzler Brüning, der in der Folge der Wirtschaftskrise 1929 auf Notverordnungen und einen Haushaltsausgleich durch Kürzungen und Lohnsenkungen gesetzt, die wirtschaftliche Lage massiv verschlechtert und damit auch den Nährboden geschaffen hat für das, was dann folgte. Die AfD will, mit oder ohne diese historischen Vorbilder, die Krise weiter verschärfen. Wer jetzt wegen Corona in Existenznot ist, wäre, wenn die AfD ans Ruder käme, existenziell bedroht,

(Robert Lambrou (AfD): Das stimmt auch nicht!)

und das gilt es zu verhindern.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Bei der FDP erstaunt es mich nicht wirklich, dass sie gegen das Sondervermögen und auch gegen die schrittweise Abschaffung der Schuldenbremse ist. Wenn ich an Ihren Corona-Check denke, bekomme ich den Eindruck, dass Sie auch grundsätzlich gegen Konjunkturpolitik sind.

Bei den Sozialdemokraten bin ich an diesem Punkt aber ein wenig verwundert; denn auf der Bundesebene gibt es Olaf Scholz, die ehemals personifizierte schwarze Null, der jetzt Wörter wie „finanzpolitische Bazooka“ und „Wumms“ in den Mund nimmt, um damit Konjunkturpolitik zu machen. Die hessische SPD ist aber im Hessischen Landtag nicht für Konjunkturpolitik. Das Problem ist, Sie sind nicht gegen Radabstellanlagen und beleuchtete Schulwege – das können Sie gar nicht sein –, aber Sie müssen der schwarz-grünen Landesregierung unbedingt widersprechen.

Ich finde, das ist grundsätzlich eine sehr sympathische Haltung. Aber ich glaube, Sie machen das an der falschen Stelle; denn mittlerweile ist es auch auf anderen Ebenen über die Parteigrenzen hinweg relativ unstrittig – mit einigen Ausnahmen –, es ist in der Krise notwendig, dass der Staat aktiv Konjunkturpolitik macht, Kredite aufnimmt und das Geld auch dafür einsetzt, um Investitionen in die Zukunft zu tätigen.

(Nancy Faeser (SPD): Aber das muss er nicht mit einem Schattenhaushalt machen!)

Deswegen müssten Sie einmal in der Sache begründen, weswegen Sie die Maßnahmen, die heute hier zur Diskussion stehen, ablehnen, unabhängig von der Frage, ob sie etwas mit Corona zu tun haben. Wenn man das zu Ende denkt, stellt man fest, Sie sagen auch, dass die Wirtschaftskrise nichts mit der Corona-Pandemie zu tun hat. Ich glaube aber, das ist nicht Ihre Haltung. Deswegen sollten Sie sich noch einmal überlegen, ob Sie im Umgang mit dem Sondervermögen auf dem richtigen Weg sind oder ob Sie aus Versehen auf dem Kurs der FDP gelandet sind.

Ich glaube, DIE LINKE steht wenig im Verdacht, der schwarz-grünen Landesregierung eine besonders freundliche Haltung entgegenzubringen. Aber wenn sich CDU und GRÜNE entgegen ihrer eigenen, oft propagierten Überzeugung entscheiden, in dieser tiefen Krise mit Krediten Konjunkturpolitik zu machen, und wenn sie die Axt an die unsoziale Schuldenbremse legen, sind wir die Letzten, die das kritisieren. Im Gegenteil, wenn die Schuldenbremse fällt, sind wir als LINKE beim Fällen fröhlich mit dabei. Die Maßnahmen sind richtig. An dieser Stelle stimmen wir Ihnen zu.

(Beifall DIE LINKE – Zurufe)