Pressemitteilung

Regierungserklärung zur Corona-Krise: Solidarität jetzt, Lehren für später ziehen

Janine WisslerCoronaGesundheitRegierung und Hessischer Landtag

Anlässlich der heutigen Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Volker Bouffier mit anschließender Aussprache erklärt Janine Wissler, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Die globalen Folgen der Corona-Pandemie sind nicht absehbar. Millionen Menschen bangen um ihre Gesundheit und ihre ökonomische Existenz. Die Berichte und Bilder aus Italien mahnen uns, alles zu tun, um diejenigen zu schützen, für die das Virus lebensgefährlich ist. Diese Krise erfordert Solidarität mit all jenen, die diese Krise besonders hart trifft, gesundheitlich, finanziell und persönlich.

Solidarität und Dank gelten zuvorderst den Menschen, auf deren Rücken diese Krise besonders lastet: Den Beschäftigten in der Pflege und im Gesundheitsbereich, im Lebensmitteleinzelhandel, in den Kitas und Schulen, in der Logistik, bei Liefer- und Paketdiensten, den Busfahrern und vielen anderen unverzichtbaren Stellen. Diese Menschen erfahren nun zu Recht viel Wertschätzung. Wir hoffen, dass diese auch nach der Krise anhält. Nicht durch warme Worte, sondern durch gute Löhne und Arbeitsbedingungen.

Auch die Menschen im Gesundheitssektor haben schon vor der Krise, im ‚Normalbetrieb‘, unter enorm schwierigen Arbeitsbedingungen gelitten. Wir sehen jetzt noch deutlicher, wie problematisch es ist, ein Gesundheitssystem neoliberal ‚auf Kante zu nähen‘. Kliniken brauchen nun mehr denn je unsere Unterstützung, ebenso wie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in ihren Praxen, Beschäftigte in den Testzentren, der Altenpflege und den therapeutischen Heilmittelberufen. Denn ein Zusammenbruch der ambulanten Versorgungsstrukturen führt unweigerlich zu einer Überlastung der hessischen Krankenhäuser. Hier muss das Land dringend aktiv werden.

Millionen Menschen bricht derzeit ihr Einkommen weg. Dafür braucht es Sofortmaßnahmen und eine soziale Sicherungsgarantie. Das Kurzarbeitergeld muss auf 90 Prozent erhöht werden, der ALG-2-Regelsatz um mindestens 200 Euro erhöht sowie Sanktionen ausgesetzt werden. Wir brauchen verlängertes ALG 1 und ein unbürokratisches Pandemie-Überbrückungsgeld, das die Existenz etwa von Kleingewerbetreibenden, Freiberuflern, Kulturschaffenden, Taxifahrern, entlassenen 400-Euro-Kräften aus der Gastronomie sichert. Abschiebungen müssen sofort ausgesetzt werden und Hessen sollte Menschen aus den Flüchtlingslagern an den Außengrenzen aufnehmen, in denen eine humanitäre Katastrophe droht.

Die Einschränkung der persönlichen Bewegungs- und Freiheitsrechte trifft alle, aber sie treffen die Menschen durchaus unterschiedlich hart. Eine Ausgangsbeschränkung lässt sich etwa im Einfamilienhaus mit Garten leichter ertragen als mit zwei Kindern in einer kleinen Stadtwohnung bei geschlossenen Spielplätzen. Auch etwa das ‚Homeschooling‘ verstärkt soziale Benachteiligungen im Bildungssystem. Wir dürfen die sozialen Folgen all dieser Maßnahmen nicht außer Acht lassen. Nicht nur Sorgen um die eigene Gesundheit und die ökonomische Existenz nehmen zu, sondern auch Enge, Aggressionen, Konflikte und häusliche Gewalt.“

Auffällig sei auch die Diskrepanz zwischen drastischer Einschränkung persönlicher Bewegungsfreiheit im Privaten und faktischer Nicht-Regulierung des Erwerbslebens. Die Kontaktsperre ende an den Betriebstoren. Nicht für die Versorgung notwendige Betriebe sollten notfalls zwangsweise geschlossen werden, so Wissler.

„Umso klarer ist: Grundrechtseinschränkungen müssen immer befristet sein, immer wieder begründet werden und demokratisch legitimiert bleiben. Diese Krise darf nicht missbraucht werden, um umstrittenen Überwachungsmaßnahmen den Weg zu bahnen.

Wir brauchen jetzt in der Krisenzeit Sicherheit und Solidarität für die Menschen. Für später müssen wir Lehren ziehen. Vieles wird sich grundlegend verändern und wir haben es in der Hand, dass unsere Gesellschaft nach dieser Krise eine sozialere und gerechtere sein wird.“