Pressemitteilung

Sozialministerium bestätigt Grundrechtsverletzungen in hessischen Psychiatrien – und handelt nicht

Christiane BöhmGesundheitSoziales

Gestern wurde im Sozialausschuss der Berichtsantrag der LINKEN zu Fixierungsprotokollen in hessischen Psychiatrien behandelt. Ausgelöst von einem Report des Teams Wallraff im März 2019 über Missstände in der Psychiatrie in Frankfurt-Höchst hatte Sozialminister Kai Klose eine umfassende Überprüfung u.a. der Fixierungspraxis mehrfach öffentlich angekündigt. Dazu erklärt Christiane Böhm, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Sozialminister Kai Klose ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Sowohl in den Obleute-Gesprächen als auch im Plenum wurde von ihm wiederholt eine gründliche Überprüfung der Fixierungspraxis versprochen. Nun behauptet das Ministerium, es würde ausschließlich um eine Vereinheitlichung der Dokumentationen gehen.

Plötzlich ist es nicht mehr so relevant, ob für alle Fixierungen tatsächlich richterliche Beschlüsse vorlagen. Oder ob die höchstrichterlich vorgeschriebene Eins-zu-Eins-Betreuung bei Fixierungen eingehalten wurde. Mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes gibt es keinerlei Vorgaben zur Dokumentation. Offenkundig kommt das Sozialministerium seinen fachaufsichtlichen Aufgaben in keiner Weise nach. Leidtragende sind insbesondere die Patientinnen und Patienten in der stationären Psychiatrie in Hessen, deren Grundrechte nicht ausreichend geschützt werden.“

Eine Fixierung ohne Eins-zu-Eins-Überwachung sei laut Bundesverfassungsgericht eine schwere Grundrechtsverletzung. Der Berichtsantrag offenbare in dieser Hinsicht mehr, als dem Ministerium lieb sein könne, so Böhm:

„Der beantwortete Berichtsantrag dokumentiert in der Antwort auf Frage 21 eindeutig, dass eine Eins-zu-Eins-Betreuung nicht immer gewährleistet war. Trotz mehrmaligem Nachfragen im Ausschuss, wie das Ministerium in seiner Funktion als Fachaufsicht reagiert hat, ist eine Antwort ausgeblieben. Das ist schockierend.

Offenbar sieht die Landesregierung keine Handlungsnotwendigkeit, wenn sie Kenntnis von schweren Grundrechtsverletzungen erhält.

DIE LINKE empfiehlt allen Betroffenen von Fixierungen, rechtliche Schritte einzuleiten, um gegebenenfalls wenigstens im Nachhinein Entschädigungen für die Verletzung ihrer Grundrechte zu erhalten. Seitens der hessischen Landesregierung haben wir keine nennenswerte Hoffnung mehr auf ein entschiedenes Drängen auf eine gewaltfreie Psychiatrie.“