Pressemitteilung

Untersuchungsausschuss zum Mord an Dr. Walter Lübcke: Warum haben Behörden im Kampf gegen Rechtsterror erneut versagt und wer trägt dafür die Verantwortung?

Hermann SchausLübcke-MordAntifaschismusInnenpolitik

Der Antrag von SPD, FDP und LINKEN zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Hessischen Landtag zum Mord am ehemaligen Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke wurde heute mit den Stimmen aller Abgeordneten des Hessischen Landtags angenommen. Dazu erklärt Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und ehemaliger Obmann im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss:

„Das ist das richtige Signal: Anders als beim NSU-Untersuchungsausschuss konnten sich die drei Oppositionsfraktionen SPD, FDP und DIE LINKE auf einen gemeinsamen Einsetzungsantrag verständigen und haben dabei auch inhaltliche Anregungen der Regierungsfraktionen berücksichtigt. CDU und Grüne stimmen diesmal der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu. Die CDU bricht erstmals mit ihrem Dogma, niemals einem Antrag der LINKEN zuzustimmen - es ist der richtige Anlass.

Wir hoffen sehr, dass der Ausschuss zügig seine Arbeit aufnimmt und dass die Akten schnell, vollständig und ungeschwärzt vorgelegt werden. Und dass Verfahrensfragen nicht erneut als Machtfragen behandelt werden, so wie es leider im NSU-Untersuchungsausschuss der Fall war. Die Frage ob der Mord an Dr. Walter Lübcke womöglich hätte verhindert werden können, schwingt in der Aufarbeitung der behördlichen Vorgänge stets mit.“

Im engeren Sinn habe der Ausschuss aufzuklären, warum Hinweise auf jahrzehntelang aktive, militante Neonazis, auf Waffen, Sprengstoff und Bezüge zum NSU-Komplex ab 2009 nicht mehr von den Behörden wahrgenommen und stattdessen die Akten intern gelöscht worden seien. Dies sei besonders unverständlich, weil die Bewaffnung von Markus H. sogar im Wissen der Behörden stattgefunden habe und dieser im Jahr 2015 Auslöser der öffentlichen Hetzkampagne gegen Dr. Walter Lübcke gewesen sei, so Schaus. Stephan Ernst wiederum sei der Polizei im Kontext eines heimtückischen Messerangriffs auf einen Flüchtling schon Anfang 2016 aufgefallen. Doch auch im NSU-Ausschuss seien unsere Fragen zu ihm leider weitgehend unbeantwortet geblieben, als DIE LINKE nach den Akten und der aktuellen Aktivität von Stephan Ernst und weiteren Neonazis nachgefragt habe.

„Es muss im weiteren Sinne aber auch der Kontext des Mordes an Dr. Walter Lübcke thematisiert und untersucht werden. Dies gilt für alte, noch offene Fragen aus dem NSU-Komplex, wie die mutmaßlichen Mörder ideologisch, räumlich und durch persönlich in Verbindung zu bringen sind.

Dies gilt aber auch für die dramatischen Auswirkungen des Rechtsrucks seit 2015, in deren Folge eine Mischszene aus militanten Neonazis, Pegida, AfD und Reichsbürger-Szene und entstanden ist. Diese schreckt nicht vor Hetze, Drohungen und Terror bis hin zum Mord zurück. Dass der mutmaßliche Lübcke-Mörder an zahlreichen AfD-Veranstaltungen teilgenommen hat, ist vielfach belegt.

Nicht nur das Versagen von Behörden, sondern auch der gesellschaftliche Kampf gegen Rassismus und rechte Hetze muss weiter verstärkt werden, wenn es nicht zu neuen Straftaten und Toten kommen soll.“