25. Prozesstag: Letzte Beweisanträge und die Frage nach dem Netzwerk

Der 25. Prozesstag war gezeichnet durch unterschiedlichste Einführungen und Fragen zu Beweisanträgen. Ausgehend von einer Fragestellung, ob es eine weitere Bedrohung durch den „NSU 2.0“ in Berlin gegeben habe, befragt die vorsitzende Richterin Distler Alexander M. zu seinem Kennverhältnis mit André M. aus Berlin. Der Angeklagte entgegnet, dass er André M. nicht kenne.

Die für den heutigen Prozesstag geladene Zeugin Frau J. ist aufgrund von Krankheit abgemeldet. Die Richterin ordnet ein weiteres Selbstleseverfahren zu einem 24-seitigen LKA-Bericht ein. Darin gehe es um das kinderpornografische Material, welches auf dem Computer des Angeklagten gefunden wurde. Zudem werde die Fragestellung behandelt, ob die E-Mail-Adressen, an welche die Drohungen geschickt worden sind, frei recherchierbar seien.

Weiter führt die Richterin ein weiteres Drohschreiben vom 15. Januar 2019 ein. Dieses wurde über ein Kontaktformular versendet und sollte suggerieren, dass Seda Başay-Yıldız die Absenderin sei. Das Schreiben, welches Beleidigungen gegen die Polizei und Anspielungen auf die Stadt Wien durch das osmanische Reich enthält, sei bisher nicht Teil der Anklageschrift.

In einem Vermerk einer Mitarbeiterin des hessischen Landeskriminalamts wird die These aufgestellt, dass in dem erstmaligen Drohschreiben welches auch Mordaufrufe gegen Seda Başay-Yıldız sowie ihre Adresse enthält, der Verfasser mutmaßlich anstrebt, dass Lesende denken die Drohung wurde durch das Staatsstreichorchester (SSO) verfasst. Gestützt wird diese These durch die Tatsache, dass der Empfängerkreis von SSO Bedrohungen kopiert wurde. Zudem wird auf einen Link verwiesen, welcher zu einem Doxing Eintrag auf einer Doxing Webseite führt. Dieser Eintrag sie durch „NSU 2.0“ verfasst und am 19. Februar 2021 bearbeitet worden. Die Cyberunit des LKA’s wäre an die Betreiber*innen der Seite herangetreten, um die Löschung zu erwirken. Dies sei geschehen. Der Angeklagte wundert sich laut darüber, wie an einem „Sonnabend um 6 Uhr früh“ solche Einträge gelöscht werden könnten.

Im weiteren Verlauf des Prozesstages werden verschiedene Dokumente, wie ein weiterer Drohbrief, eingeführt. Dieser wurde u.a. an Katja Kipping, Martina Renner, Jutta Ditfurth, Claudia Roth, Karamba Diaby, Deniz Yücel und Michel Friedmann gesendet. Darin wird von einer „letzten Warnung“ gesprochen, dass die Absender genau wüssten, wo die Bedrohten wohnen und wann sie das Haus verlassen würden.

Die Richterin verliest zudem einen Thread von Seda Başay-Yıldız. Darin wird am 19. November 2020 um Hinweise zur Aufklärung der Drohmails und zur Ergreifung der Täter*innen gebeten sowie eine Belohnung von 5000€ dafür ausgerufen.

Weiter wird ein Ahnennachweis des Angeklagten M. verlesen. Darin wird Horst M. (*1916), der Vater von Alexander M., als Führer der SS-Totenkopfstaffel von Thüringen benannt. Er sei Rottenführer der dritten SS Totenkopfstandarte in Thüringen und somit SS Sturmbannführer gewesen. Der Angeklagte widerspricht dieser Verlesung, da der Begriff Sturmbannführer „nichts Besonderes“ sei.

Eine Mitteilung, die an diesem Prozess eingeführt wird, stammt von der Staatsanwaltschaft Würzburg. Am 1. März 2022 sei das Ermittlungsverfahren gegen Alexander M. wegen Bedrohung eines Würzburger Anwalts erneut aufgenommen worden. Die Richterin erläutert, ihr sei mitgeteilt worden, dass es zum jetzigen Zeitpunkt jedoch wieder eingestellt worden sei. Anschließend werden zwei Screenshots von Online Schach Matches gezeigt. Einmal spielte der User ernst-blausaeufer gegen crybaby, bei dem anderen Match spielte ein User Obersimulant mit einem anderen Nutzer.

Der nächste Punkt behandelte die Bombendrohung während des Prozessauftaktes gegen André M. in Berlin. Am 21. April 2020 ging am Gericht in Moabit eine Bombendrohung ein. Alle im Fax verwendeten Infos seien frei recherchierbar oder vorherige Medienberichterstattung zugänglich gewesen. Lediglich das Aktenzeichen könne man erst am Tag der Gerichtsverhandlung über Aushänge erfahren. In der Drohung sei außerdem ein Justiz-interner Sprachgebrauch verwendet worden, weswegen während der Ermittlungen geprüft wurde ob der oder die Täter*in aus internen Behördenkreisen stamme.

Damit endet der Prozesstag, fortgesetzt wird die Verhandlung am 22. September.