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Bericht zum Hanau Untersuchungsausschuss

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Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen – das ist die Losung der Überlebenden und Angehörigen der Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau.

An diesem Tag ermordete ein rechter Terrorist aus rassistischen Motiven neun junge Menschen. Wir trauern um und erinnern an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten ihren Angehörigen und den Überlebenden.

Nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau waren es die Angehörigen und Überlebenden, die immer wieder auf mögliche Fehler und Versagen von Polizei und Behörden hingewiesen und lückenlose Aufklärung eingefordert haben. Ohne ihr hartnäckiges Engagement hätte es keinen Untersuchungsausschuss gegeben.

Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Hanau hatte den Auftrag aufzuklären, wo die Sicherheitsbehörden vor, in und nach der Tatnacht in Hanau Fehler gemacht und gegebenenfalls versagt haben.

Der Untersuchungsausschuss hat dabei Pionierarbeit geleistet. Er gründete wesentlich auf den Fragen der Überlebenden und Angehörigen. In seinen ersten Sitzungen räumte er den Erfahrungen, dem Wissen und den Perspektiven der Angehörigen breiten Raum ein. Das ist für einen Untersuchungsausschuss wegweisend für den Umgang mit den Opfern rechten Terrors. Die von den Überlebenden und Angehörigen und ihrem Umfeld, wie der „Initiative 19. Februar“, geleistete Aufklärungsarbeit ist ein unverzichtbarer, beeindruckender Beitrag aus der Zivilgesellschaft nicht nur zur Aufklärung der Geschehnisse von Hanau, sondern auch des wirklich entschiedenen Kampfs gegen rechts. Dafür möchten wir denÜberlebenden, denAngehörigender Opferund der „Initiative19. Februar“ herzlich danken. Die Fraktion DIE LINKE empfindet es als unangemessen und unaufrichtig, dass der vorliegende Abschlussbericht der Mehrheitsfraktionen den wesentlichen Beitrag der Angehörigen, Überlebenden und ihrem Umfeld zur Aufklärung nicht angemessen würdigt.

Der vorliegende Entwurf des Abschlussberichtes und das Verhalten der regierungstragenden Fraktionen von CDU und Grünen im Hanau-Untersuchungsausschuss zeigt erneut, dass ihre Lehren aus dem NSU- Untersuchungsausschuss unzureichend waren. Viele Beobachter*innen der Arbeit des Untersuchungsausschusses gewannen schnell den Eindruck, dass hauptsächlich die CDU, aber auch die Grünen, ihre Aufgabe im Wesentlichen darin sahen, Missstände bei den hessischen Sicherheitsbehörden zu vertuschen und unter den Teppich zu kehren.

Für die Fraktion DIE LINKE bleibt es ein unwürdiger Umgang mit dem Untersuchungsausschuss und der an seinen Ergebnissen interessierten Öffentlichkeit, dass mit Mehrheit der regierungstragenden Fraktionen die Vorlage des Abschlussberichtes erst nach der Landtagswahl erfolgt ist.

Aus Sicht der Faktion DIE LINKE hat der Untersuchungsausschuss eine lange Kette von Fehlern, von Organisationsversagen aber auch von institutionellem Rassismus aufgezeigt.

Einiges davon thematisiert der Abschlussbericht der Mehrheitsfraktionen, anderes, das in der Arbeit des Untersuchungsausschusses aufgedeckt werden konnte, blenden CDU und Grüne hingegen aus und ziehen deswegen keine hinreichenden Schlüsse aus dem eklatanten Behördenversagen rund um den Terroranschlag von Hanau. Auch viele Fragen der Angehörigen und Überlebenden blieben offen.

Diese blinden Flecken und bewussten Auslassungen einiger Erkenntnisse aus dem Hanau- Untersuchungsausschuss will die Linksfraktion nicht stehen lassen. Deswegen legen wir dieses Sondervotum vor, das sich auf die inhaltlichen Punkte des Untersuchungsausschusses konzentriert, die wir anders bewerten als Schwarzgrün.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss mag beendet sein, der Einsatz für Erinnerung, Aufklärung und Veränderung muss weitergehen.

Erinnerung, Aufklärung, Gerechtigkeit und politische Konsequenzen müssen erkämpft werden – oft gegen Rassismus in Behörden und in der Gesellschaft. Wir stehen an der Seite derjenigen, die dies tagtäglich tun – in den Schulen, am Arbeitsplatz oder auf der Straße und in der „Initiative 19. Februar“! Das ist unsere Lehre aus Hanau.

Unseren vorgelegten Abschlussbericht findet ihr unten zum Download.