Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024
Aktuelles
Rückblick auf 16 Jahre DIE LINKE im Hessischen Landtag
Redebeitrag von Hermann Schaus beim Abschiedsempfang der Fraktion
Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Gäste,
stellvertretend für Janine Wissler habe ich heute die Ehre, Ihnen und Euch einen kleinen Rückblick auf unser Wirken als Landtagsfraktion in den zurückliegenden vier Legislaturperioden (17. bis 20.) zu geben.
Ich möchte Sie dabei auch manchmal auf eine (hoffentlich) humoristische Art hinter die Kulissen des Landtags und unserer Fraktion führen, wo sich in den Jahren auch viel Aufregendes ereignete.
Die Aufregung begann nämlich schon bei der Aufstellung unserer ersten Landesliste im Herbst 2007!
Über das ganze Jahr 2007 war der Zusammenschluss der beiden Parteien PDS und WASG zur LINKEN in vielen internen Sitzungen vorbereitet worden. Zu diesen Vorbereitungen gehörte natürlich auch die intensive Vorbereitung der Aufstellung der Landesliste.
Am 24. August 2007 fand dann in Frankfurt der 1. Landesparteitag statt, der völlig harmonisch verlief.
Was man von der nur wenige Wochen später, am gleichen Ort, stattfindenden Vertreterversammlung nicht mehr sagen konnte, da der vom Vorstand vorgeschlagene Spitzenkandidat, der ehemalige DGB-Landesvorsitzende Dieter Hooge, knapp dem Marburger Pit Metz unterlag. Nachdem Metz kurz danach jedoch seine Kandidatur zurückzog, wurde Willi van Ooyen mit breiter Zustimmung bei einer weiteren Vertreterversammlung in Bad Homburg – kurz vor Einreichungsschluss der Liste – zum Spitzenkandidaten gewählt.
Am 27. Januar 2008 – also vor fast 16 Jahren – wurde DIE LINKE mit 5,1% der Stimmen dann erstmals in den Hessischen Landtag gewählt. Die CDU-Kampagne unter dem hetzerischen, ausländerfeindlichen Slogan „Ypsilanti, Al Wasir und die Kommunisten verhindern“ hatte nicht verfangen. Die gesellschaftliche Stimmung war mehrheitlich „Koch muss weg!“
Tatsächlich hatte die CDU nicht nur ihre absolute Mehrheit verloren, sondern Rot-Grün-Rot hatte eine Mehrheit gewonnen. Die SPD hatte unter Andrea Ypsilanti sogar seit Jahren erstmals wieder bei Landtagswahlen zulegen können und mit 36,7% ihre Mandate um 9 auf 42 gesteigert. Mit den 9 Mandaten der Grünen und unseren 6 Mandaten gab es also eine rechnerische Mehrheit von 57 zu 53 Sitzen für eine neue Politik in Hessen.
Ich erinnere mich noch gut an diesen Wahlabend, wo wir lange um den Einzug gebangt haben. Sowohl bei den Prognosen als auch bei den ersten Hochrechnungen lagen wir knapp unter der 5%-Marke.
Die Landtagsverwaltung hatte uns für den Wahlabend extra den damaligen Presseraum 308M zur Verfügung gestellt, wo ich mich mit lediglich vier weiteren Vorstandsmitgliedern aufhielt, während unsere Wahlparty im Georg-Buch-Haus stattfand. Wir mussten lange bangen, bis kurz vor 20 Uhr ein Journalist des hr, den ich noch aus früheren Juso-Zeiten kannte, plötzlich in unseren Raum kam und sagte: „Hermann komm mal schnell mit“. Er führte mich über verschlungene Wege zur Rotunde, wo ich gerade noch kurz vor Ende der Live-Sendung zwei kurze Sätze in die Kamera sagen konnte.
Wir waren drin – und wurden ab jetzt auch zu den hr-Talkshows eingeladen.
Unsere Fraktion war in jeglicher Hinsicht ausgewogen.
Von den 6 Abgeordneten waren:
- 3 Frauen und 3 Männer
- je 2 kamen vormals von der PDS und der WASG, 2 traten erstmals in DIE LINKE ein.
Nur mit der Ausgewogenheit beim Alter haperte es etwas. Zwar stellten wir mit Willi van Ooyen nicht den Alterspräsidenten, aber mit Janine Wissler hatten wir die jüngste Abgeordnete.
Die Landtagsverwaltung stellte uns vorübergehend den Raum 118S im Schloss zur Verfügung, wo sich neben einem Sitzungstisch noch zwei Schreibtische mit PCs befanden.
Mit der Feststellung des Wahlergebnisses hatten wir bereits ab Mitte Februar 2008 als sogenannte „gewählte Bewerber:innen“ Zugang zum Landtag, in dem wir uns mehrmals die Woche trafen. Wir bekamen auch schon Diäten und führten unsere erste Pressekonferenz durch, die aus allen Nähten platzte.
Da wir uns regelmäßig in den verschachtelten Räumen verliefen – ich erinnere mich noch gut daran, dass wir gemeinsam Mittagessen wollten aber statt im Restaurant in der Tiefgarage landeten – baten wir die Landtagsverwaltung für uns eine Führung zu organisieren, was auch kurzfristig organisiert wurde.
Dies interessierte aber auch die Journalist:innen und so begleiteten uns mehr als 20 Personen und vier Kamerateams, so dass wir anschließend nicht viel schlauer waren. Immerhin konnten wir danach das Restaurant auf direktem Wege erreichen!
Das erste Jahr im Landtag war das aufregendste. Wir hatten noch keine Büros, keine Mitarbeiter:innen und auch wenig Ahnung über parlamentarische Abläufe und Gepflogenheiten.
Am 5. April 2008 fand im neuerbauten Plenarsaal dann die konstituierende Landtagssitzung statt. Bei unserem „Einzug“ hatten wir demonstrativ alle unsere roten Umhängetaschen dabei mit der Aufschrift „Hier ist die LINKE.“
Ansonsten waren die Kontakte zu uns seitens SPD und Grünen gut, von der FDP neutral und von seiten der CDU frostig.
So wurde von der CDU gefordert, dass wir alle bei der damaligen Gauck-Behörde anfragen müssten, ob es dort Unterlagen über jede:n Einzelne:n gäbe. Die Antworten sollten dann öffentlich gemacht werden. Auch unser Hinweis, dass z.B. Janine Wissler beim Mauerfall noch in die Grundschule gegangen sei konnte die CDU da nicht überzeugen. Also stellten alle von uns Anträge und veröffentlichten danach die Bescheide, in denen natürlich bei allen bescheinigt wurde, dass dort keine Einträge vorlägen!
Das stellte aber die CDU immer noch nicht zufrieden und so wurde einer ihrer Referenten extra dafür beauftragt, unsere Aktivitäten und Reden zu dokumentieren. Diese wurden in einer Broschüre zusammengefasst und jährlich in einem Pressehintergrundgespräch vorgestellt. Auch wir bekamen dann ein Exemplar ins Postfach gelegt.
Das was die CDU dort von uns zusammengetragen hatte, fanden wir alle gar nicht schlimm, im Gegenteil, es war wie eine Art Dokumentation unserer parlamentarischen und außerparlamentarischen Aktivitäten.
Deshalb schrieb ich seinerzeit an den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU, Herrn Winterstein, und bat um die Übersendung von 150 Exemplaren, die wir dann – quasi als Rechenschaftsbericht – auf unserem Parteitag verteilen würden; selbstverständlich gegen Kostenersatz! Er schrieb mir gleich zurück, dass sie leider nicht so viele Exemplare hätten drucken lassen. Nach drei Broschüren hat die CDU dann diese Aktion eingestellt.
Bis zum Sommer 2008 bauten wir eine Geschäftsstelle auf mit allem, was so dazu gehört. Wir stellten zahlreiche Mitarbeiter:innen ein und bezogen unsere Räume im 2. Stock des Mittelbaus. Für viele Stellen hatten wir 50 bis 100 Bewerbungen zu bearbeiten.
Wir verabschiedeten auch unsere Fraktionsgeschäftsordnung, in der – ich glaube heute noch – drin steht, dass unsere Fraktionssitzungen öffentlich seien. Diese Regelung nutzte im September 2008 auch Markus Feldkirchen vom Spiegel, wo er in einem Artikel „Liebe Leute“ (Der Spiegel 40/2008 vom 28.09.2008) u.a. folgendes schrieb:
"Es ist Dienstag, 10.15 Uhr, und die hessische Linke trifft sich in Saal 118S des Wiesbadener Landtages zu ihrer Fraktionssitzung. Es tagt die berühmteste und mutmaßlich gefährlichste Fraktion Deutschlands. Aus der Wand ragen Leuchten wie Hirschgeweihe.
'Okay los; damit wir keine Zeit verlieren, liebe Leute', sagt der Willi. Seit er mit dem Hermann, der Janine, der Barbara, dem Uli und der Marjana im Hessischen Landtag sitzt, ist die deutsche Politik nicht mehr wiederzuerkennen. Im November wollen die Linken Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin von Hessen wählen, sie wollen die Regierung dulden, Roland Koch wäre dann weg. Wenn man Koch und seine Freunde über diese sechs reden hört, dann klingt es, als gehe das Abendland demnächst unter und die DDR kehre zurück. [...]
Anders als die SED und die herkömmlichen Parteien tagt die Linke öffentlich. Jeder kann kommen und den sechs Abgeordneten dabei zugucken, wie sie die Zukunft planen. Das ist schon mal beruhigend: Wenn sie tatsächlich eine Revolution in Vorbereitung hätten, würden sie wahrscheinlich geheim tagen.
Der Willi ruft den Tagesordnungspunkt 'Eröffnung Wahlkreisbüro Kelsterbacher Wald' auf, das Büro soll am nächsten Wochenende eingeweiht werden. 'Die Fertigbauhütte ist aufgebaut' sagt der zuständige Referent. [...]
'Dann kommen wir jetzt zum Thema Probeabstimmung.' Ypsilantis Wahl zur Ministerpräsidentin wird erst im November stattfinden, aber an diesem Dienstag sollen die sechs schon mal das Wählen üben. Das verlangen die Grünen. Sie wollen wissen, ob die Partei, von der sie sich dulden lassen wollen, verlässlich ist. Sie wollen herausfinden, ob es unter den Linken einen Heckenschützen gibt. Einen Verräter.
'Ich würde sagen, wir machen die Abstimmung öffentlich' sagt der Hermann. 'Wir laden SPD und Grüne ein, die können dann den Wahlvorstand machen.'“
2008 war aus heutiger Sicht nicht nur für uns das aufregendste Jahr, sondern auch im Hinblick auf die parlamentarischen Debatten das offenste, das diskussionsfreudigste. Die Koch-Regierung blieb nur geschäftsführend im Amt, hatte aber keine Mehrheit mehr. Ständig wurde also in den Ausschüssen und in Gesprächen um den besten Weg gerungen.
In dieser Zeit haben wir nicht nur als erstes Bundesland die Studiengebühren abgeschafft, wir haben auch ein Gesetz zur Härtefallkommission verabschiedet, wonach dort nicht mehr die Abgeordneten entscheiden, sondern überwiegend Vertreter:innen von Sozialverbänden, Kirchen und Flüchtlingsorganisationen das Sagen haben. Diese Regelung war aber CDU und FDP ein Dorn im Auge, so dass sie diese gleich nach der vorgezogenen Wahl 2009 schnell wieder einkassierten.
Eine Maxime, die in unserer Landtagsfraktion stets hochgehalten wurde war: Uns ist die außerparlamentarische Arbeit genauso wichtig wie die parlamentarische.
So war es für uns selbstverständlich, dass wir z.B. alle beim Bildungsstreik mit den gelben T-Shirts im Landtag sitzen und das Thema auch auf die Tagesordnung bringen.
Damals tobte die Auseinandersetzung um die Nord-West-Landebahn am Frankfurter Flughafen. Deshalb war es klar, dass wir auch regelmäßig im Kelsterbacher Wald mit dabei sind.
Als Zeichen der Solidarität ließen wir dort – von uns als Abgeordnete privat bezahlt – eine kleine Gartenhütte aufstellen, wogegen die CDU-Landesregierung Sturm lief und sogar eine Regierungserklärung im Landtag dazu kurzfristig abgab. Der Vorwurf war, wir hätten keine Baugenehmigung für die drei Quadratmeter große Hütte beantragt.
Kurz nach dieser Debatte haben die Aktiven im Kelsterbacher Wald die Hütte auf eine Palette gesetzt und ca. 2 Meter in einen Baum gehängt. Es war ja keine Baugenehmigung vorhanden!
Danach hatten wir unsere liebe Mühe, in langen Gesprächen mit den Waldbesetzer:innen unsere Hütte wieder runter zu bekommen.
Dass die CDU-FDP-Landesregierung dann 2009, ausgerechnet am Morgen des Tages, an dem sie selbst im Landtag ihr Regierungsprogramm vorstellte, das Hüttendorf im Kelsterbacher Wald räumen ließ, war kein Zufall und bedeutete für uns alle, dass wir den ganzen Tag im Wald und nicht im Plenum verbrachten. Das wiederum führte zu heller Empörung bei der CDU.
Nachdem sich bei der SPD im Herbst 2008 in vier Regionalkonferenzen eine überwiegende Mehrheit der Mitglieder für eine Rot-Grüne-Minderheitsregierung, mit unserer Tolerierung, aussprach, wurden mehrere jeweils getrennte Sondierungsgespräche zwischen uns und der SPD oder den Grünen geführt. Parallel führten beide Parteien ihre Koalitionsverhandlungen. Ergebnis war ein verabredetes Tolerierungspapier, dem unsere Mitglieder in einer Urabstimmung mit 94% zustimmten.
Damit sollte eigentlich – so glaubten wir – der Weg zu einer Regierung für Andrea Ypsilanti frei sein; doch es kam anders, weil vier SPD Abgeordnete aus der „Abwärts-Gruppe“, wie ich immer sagte, kurz vor der Wahl ausscherten.
Ich bin noch immer davon überzeugt, dass dieser Verlauf zu einer politischen Zäsur für die SPD in Hessen und sogar darüber hinaus geführt hat, die noch heute nachwirkt!
Es folgten am 18. Januar 2009 vorgezogene Neuwahlen mit den bekannten Ergebnissen.
2009 zogen wir mit 5,4% in den Landtag ein.
Die 18. Legislaturperiode war geprägt durch die Debatte zur Schuldenbremse. Sie fand in fast allen gesellschaftlichen Organisationen statt.
Es gab im Landtag seinerzeit nur unsere Fraktion, die sich klar gegen die Schuldenbremse aussprach und sogar mit einer Klage vor dem Staatsgerichtshof dafür kämpfte, dass den Wählerinnen und Wählern nicht nur die mehrheitlich beschlossene Begründung pro Schuldenbremse, sondern auch die Gegenargumente zugestellt werden.
Die öffentliche Debatte dazu war so erhitzt, dass sogar eine Gruppe von ver.di -Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern unter der Führung des Landesbezirksleiters Jürgen Bothner im Plenarsaal ein Transparent entrollte, was umgehend zu Hausverboten und später auch – wegen sogenannter Nötigung eines Verfassungsorgans – zu erheblichen Geldstrafen führte.
Die Frage, wie die Gewerkschaftsgruppe das große Transparent überhaupt in den Landtag bringen konnte, konnte – trotz intensivster Bemühungen – bis heute nicht aufgeklärt werden.
In diese Zeit fiel auch eine von uns in Auftrag gegebene Studie zur NS-Vergangenheit hessischer Landtagsabgeordneter, die für sehr viel Aufregung und eine lange anhaltende öffentliche Debatte sorgte. Auf Wikipedia steht unter Hessischer Landtag dazu folgendes:
"In unserer Studie wurden alle NSDAP-Mitgliedschaften der zeitlich in Frage kommenden hessischen Abgeordneten (Abgeordnete von 1946 bis 1987, Jahrgänge 1927 und älter) zusammengestellt.
Ergebnis war, nicht lediglich drei, wie im Landtagshandbuch zu lesen war, sondern 75 der betreffenden Abgeordneten (knapp ein Viertel) waren ehemalige NSDAP-Mitglieder. Mitte der 1960er Jahre war jeder dritte Abgeordnete im Hessischen Landtag ein ehemaliges NSDAP-Mitglied. Die ehemaligen NSDAP-Mitglieder waren in allen Fraktionen mit Ausnahme der KPD-Fraktion vertreten. Einige gelangten in politische Spitzenämter, zum Beispiel als Fraktions- und Landesvorsitzende (z. B. Alfred Dregger, CDU) bis hin zu Ministerämtern. 13 dieser Abgeordneten wurden hessische Minister oder Staatssekretäre.
Der Landtag griff diese Vorarbeiten auf und beauftragte Albrecht Kirchner mit einer Vorstudie NS-Vergangenheit ehemaliger hessischer Landtagsabgeordneter. Die Ergebnisse wurden auf einer Fachtagung am 14. und 15. März 2014 diskutiert und veröffentlicht und bestätigten alle unsere Zahlen."
Unsere außerparlamentarische Arbeit in dieser 18. Wahlperiode fand ihren Höhepunkt in der unnötigen Blockade einer Demonstration von Blockupy 2013. Nicht zu verwechseln mit den Ausschreitungen in 2015 in Frankfurt.
Dort waren wir als Abgeordnete den ganzen Tag dabei und haben selbst mitbekommen, dass von Seiten der Polizei eine völlig unnötige Aggression ausging. Ich selbst befand mich acht Stunden freiwillig im Kessel, um Demonstranten vor den Provokationen der Polizei zu schützen. In der darauffolgenden Sondersitzung des Innenausschusses wurden aber nur die von der Polizei gemachten Aufnahmen präsentiert. Unser Antrag, auch die von uns gemachten Fotos im Ausschuss präsentieren zu dürfen, wurde barsch abgelehnt; die Mehrheit wollte davon einfach nichts hören. Auf einer denkwürdigen Pressekonferenz im Innenministerium geriet dazu jedoch Innenminister Boris Rhein unter starke öffentliche Kritik, die über Wochen nachhalte.
In diese Zeit fällt auch der Untersuchungsausschuss zur Polizeichefaffäre, wo es um die Rechtmäßigkeit der Beförderung eines CDU-Parteimitglieds zum Chef der Bereitschaftspolizei ging. Im Zentrum der Kritik standen der Innenminister Volker Bouffier und sein Staatssekretär Boris Rhein.
Wir haben gegen Ende, aber noch während des laufenden Verfahrens, einen Verwaltungsjuristen mit einer rechtlichen Prüfung des Vorgangs beauftragt. Dazu erhielt er die Protokolle des Untersuchungsausschusses. Er hat dann ca. 40 Rechtsverstöße attestiert. Problem war allerdings, wir kannten zu diesem Zeitpunkt die Archivordnung des Landtags noch nicht und hätten diese Unterlagen erst nach Ende weitergeben dürfen. Wer denkt schon an die Archivordnung?
Nach den Landtagswahlen vom 22.09.2013, die am gleichen Tag mit den Bundestagswahlen durchgeführt wurden, zogen wir mit 5,2%, und damit sogar mit 6000 Stimmen mehr als die FDP, die wie jüngst auch damals bis in die Nacht hinein um den Wiedereinzug zittern musste, erneut in den Landtag ein.
Eine rot-grün-rote Mehrheit war wieder da. Doch schon sehr früh wurde uns in den gemeinsamen Sondierungsverhandlungen mit SPD und Grünen zu einer Koalition klar, dass die Grünen zur CDU tendieren würden.
In der 19. Legislaturperiode stand für unsere gesamte Fraktion der NSU-Untersuchungsausschuss im Mittelpunkt. Dabei war es zunächst ganz schön schwierig, alle anderen Fraktionen für die Einsetzung zu gewinnen. Gut fünf Monate haben wir im Hintergrund gewirkt und Gespräche geführt. Wir hatten sogar alle Fraktionen angeschrieben und um Unterstützung gebeten, bis es uns endlich gelang, zumindest die SPD davon zu überzeugen. Bekanntlich hatten sich ja CDU, GRÜNE und FDP damals enthalten.
Ich bin sehr froh darüber, dass Janine und ich von mehreren Referentinnen und Referenten bei dieser akribischen Arbeit unterstützt wurden. In mühevoller Kleinarbeit haben wir umfangreiche Akten gesichtet, um die Versäumnisse des Verfassungsschutzes aufzudecken.
Durch eine anderthalb Jahre dauernde Kleinarbeit unserer Referentin war es auch möglich, den ehemaligen Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme der Falschaussage im Bundestagsuntersuchungsausschuss zu überführen und dies zur Anzeige zu bringen.
Unsere umfangreiche Anzeige hat die Staatsanwaltschaft Kassel dann leider nach Berlin übergeben, wo sie dann nach einem Jahr mit einer sehr langen Begründung leider eingestellt wurde.
In den zahlreichen UNA-Sitzungen konnten seinerzeit noch Janine und ich gemeinsam fragen, obwohl nur ich, als Obmann unserer Fraktion, offizielles Mitglied war. Wir nutzten dazu eine Regelung der Geschäftsordnung, wonach Fraktionsvorsitzende in allen Ausschüssen Rederecht genießen. Das ärgerte insbesondere die CDU. Diese Regelung wurde danach leider mit dem Untersuchungsausschussgesetz abgeschafft.
In der morgen zu Ende gehenden Legislaturperiode standen mit dem Lübcke-Untersuchungsausschuss, dem Hanau-Untersuchungsausschuss und mit NSU 2.0 leider erneut innenpolitische Themen im Fokus.
Der Abschluss des von der SPD zuerst geforderten Hanau-Untersuchungsausschusses fiel dazu noch in die Zeit der Sondierungsverhandlungen mit der CDU.
Ich bin davon überzeugt, dass wir in all diesen Untersuchungsausschüssen eine wichtige Rolle gespielt haben, und so auch zu neuen Erkenntnissen mit beigetragen haben.
Dies gilt natürlich auch für die Arbeit in allen Gremien des Landtags.
- Wir waren oft nervig und haben unbequeme Fragen gestellt.
- Wir haben je nach unseren Kräften zu vielen öffentlichen Debatten beigetragen
- Wir waren immer bei Arbeitskämpfen und Aktionen mit dabei.
- Und wir haben vielen eine Stimme gegeben, die sonst nicht gehört worden wären!
Nach 41 Gesetzentwürfen, 141 Entschließungsanträgen, 151 Anträgen zu Aktuellen Stunden, nach unzähligen Anträgen und Änderungsanträgen, nach vielen Großen Anfragen und 1104 Kleinen Anfragen und nach ca. 5000 Reden im Plenum ist jetzt erst mal Schluss.
Viele Details unsere Arbeit finden Sie, findet ihr in unserer (vorerst) letzten Broschüre „Die Linke im Hessischen Landtag, Bilanz und Ausblick“).
Ich darf mich bei all denjenigen, die unsere Arbeit erst möglich gemacht haben, die uns unterstützt und die uns kritisch begleitet haben, recht herzlich bedanken.
Ich möchte mit dem Satz aus meiner Rede zum E-Sport (die Eingeweihten wissen, worauf ich abziele) enden:
Ich bin dann mal weg AFK!
Und anfügen:
Wir kommen bald wieder! LOL