Jan Schalauske - Politik hat Cum-Ex-Geschäfte erst möglich gemacht

"Die Politik hat Cum-Ex-Geschäfte erst möglich gemacht"

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 25. Plenarsitzung am 31. Oktober 2019 diskutierte der Hessische Landtag über dem Cum-Ex-Skandal, den größten Steuerraub der Geschichte. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Es mag Sie vielleicht verwundern, aber ich möchte zwei Äußerungen meiner Vorrednerinnen ausdrücklich unterstreichen. Zum Ersten handelt es sich bei den hier und heute zu diskutierenden Geschäften um den größten Steuerraub in der Geschichte. In Europa sind 55 Milliarden € gestohlen worden. Der Schaden durch kriminelle Machenschaften, die der Allgemeinheit in Deutschland massiv geschadet haben, beträgt mindestens 32 Milliarden €.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Das Zweite ist die Empörung über die Skrupellosigkeit der Kriminellen, die diese Taten zu verantworten haben. Zitat: Wer ein Problem damit hat, dass wegen unserer Arbeit
weniger Kindergärten gebaut werden – da ist die Tür. Dieses Zitat ist heute schon vorgetragen worden. Ich will es noch einmal nennen; denn es macht einen fassungslos, wie ein Zeuge aus dem inneren Kreis der Cum-Ex-Betrüger vor nur wenigen Tagen vor Gericht die Skrupellosigkeit dieser Machenschaften in aller Öffentlichkeit beschrieben hat und wie üble Gangster die Allgemeinheit systematisch ausgeraubt haben. Zur Wahrheit gehört aber auch – vielleicht hört bei einem Teil von Ihnen die Gemeinsamkeit jetzt auf –: Diese Abzocke
ist nicht nur eine Geschichte krimineller Machenschaften von Finanzjongleuren und Banken, sondern auch ein Lehrstück über das Versagen deutscher Finanzminister. Der Steuerbetrug durch Cum-Ex-Geschäfte war der Politik jahrelang bekannt, ohne dass die Verantwortlichen eingeschritten sind.

In einem Schreiben aus dem Jahr 2002 wies der Bankenverband das Bundesfinanzministerium auf die Gefahren der Cum-Ex-Praxis hin, vor allem weil ein Haftungsrisiko für Banken ausgeschlossen werden sollte. Aber erst fünf Jahre später reagierte die Politik und übernahm dann ausgerechnet den Formulierungsvorschlag des Bankenverbands für ein neues Gesetz. Was passierte? Das Schlupfloch wurde nicht geschlossen; es sah fortan nur anders aus. Wenn sich jetzt ein hessischer Finanzminister hierhin stellt und erklärt, was für einen Erfolg seine Steuerverwaltung hatte, gehört zur Wahrheit auch, dass es die Steuerverwaltung hier mit den Aufräumarbeiten in der Folge eines politisch von der CDU, aber eben auch von der SPD zu verantwortenden Steuerskandals zu tun hat.

(Beifall DIE LINKE)

Ohne dass das Bundesfinanzministerium jahrelang weggesehen hätte, wäre dieser größte Steuerraub in der Geschichte nämlich nicht möglich gewesen. So gesehen ist der jetzige Erfolg der Steuerverwaltung nichts anderes als die Aufarbeitung von Fehlentscheidungen einer Politik, die leider bis heute mit der Finanzbranche verbandelt ist. Dabei will ich ganz deutlich machen: Ich bin fest davon überzeugt – wenn die Opposition in der Sache kritisch nachfragt, sind andere Bemerkungen völlig fehl am Platz –, dass die Beamtinnen und Beamten, die mit dem Cum-Ex-Skandal beschäftigt sind, ihr Möglichstes tun, um dafür zu sorgen, dass die ehrlichen Steuerzahler am Ende nicht die Dummen sind. Dafür gebühren ihnen unser aller Dank, unsere Anerkennung und unser Respekt.

(Beifall DIE LINKE)

Allerdings heißt das nicht, dass man nicht dafür sein kann, dass die Menschen in der Steuerverwaltung personell und materiell noch besser unterstützt werden. Dass der Finanzminister im letzten Jahr die Schaffung von 50 zusätzlichen Stellen in der Steuerfahndung angekündigt hat, ist nicht falsch. Aber stellen Sie sich doch einmal die Unternehmen vor, die ihren Sitz in den Frankfurter Bankentürmen haben. Ich befürchte, dass ihre Macht noch immer so viel größer ist, dass sie mit ihren finanzstarken Rechtsabteilungen leider auch die hessische Steuerverwaltung leicht in die Schranken weisen können. Deswegen müssen wir die Steuerverwaltung personell und finanziell deutlich besser ausstatten.

(Beifall DIE LINKE)

Aber die Konsequenzen aus Cum-Ex, Cum-Cum, Cum-Fake, und wie sie alle heißen, können nicht nur wohlfeile Aktuelle Stunden im Hessischen Landtag sein. Wir brauchen
mehr Personal für die Steuerverwaltung, mehr Spezialisten und auch eine stärkere bundesweite Koordinierung, die zentral sein muss. Mein wichtigster Punkt ist –bas das wird bei Cum-Ex wirklich exemplarisch –: Diejenigen, die solche Geschäfte machen und mit krimineller Energie die Allgemeinheit betrügen, müssen endlich hart und unmissverständlich bestraft werden: Schluss mit dem Weggucken, harte Strafen für Steuerkriminelle.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Bank, die in solche Geschäfte verwickelt ist, muss ihre Lizenz verlieren. Es darf nicht sein, dass man mit einem solchen Geschäftsmodell die Allgemeinheit um Milliarden Euro betrügen kann. Abschließend will ich sagen – meine Redezeit ist zu Ende –: Die hessische CDU – so pfeifen es die Spatzen von den Dächern – hat in Sachen Steuerkriminalität undderen konsequenter Bekämpfung noch immer einiges aufzuarbeiten. Deswegen gilt mein Dank nicht unbedingt der Hessischen Landesregierung, sondern vor allem denjenigen, die in der Steuerverwaltung ihre Arbeit machen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Holger Bellino (CDU))