Jan Schalauske - Landesregierung verschenkt Liegenschaften Teil 1

"Landesregierung verschenkt Liegenschaften" Teil 1

Jan Schalauske
Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

Mit den Stimmen der schwarzgrünen Koalition hat der Hessische Landtag beschlossen, das zwei landeseigene Liegenschaften in Mühlheim und Kassel an einen privaten Investor verkauft werden sollen, damit dieser die Gebäude energetisch sanieren kann. Das Land zahlt dem Investor für die Nutzung der Gebäude weiterhin Miete. Nach einer Laufzeit von 30 Jahren zahlt das Land Hessen dem Investor dann den ursprünglichen Kaufpreis als Baukostenzuschlag zurück. Das Land Hessen verschenkt also eigene Liegenschaften. Wir finden: das ist ein Skandal. Hier die erste Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske dazu:

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Es ist schön, dass ich jetzt sprechen kann. Denn es war unsere Fraktion, die mit einem Schreiben an den Präsidenten des Hessischen Landtags deutlich gemacht hat, dass wir die Diskussion um diesen Verkauf für so wichtig erachten, dass wir auch nach der Diskussion im Haushaltsausschuss hier und heute noch einmal darüber diskutieren wollen.

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Schalauske, ich nehme nicht an, dass das Kritik am Präsidium war.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Nein!)

– Dann ist es in Ordnung. Dann sind wir klar. Du kannst dann weitermachen.

Jan Schalauske (DIE LINKE):

Das Gegenteil ist der Fall. Das ist die Unterstreichung der Entscheidung des Präsidenten. Die Diskussion um die Veräußerung dieser beiden Liegenschaften ist so wichtig, dass sie hier und heute in den Hessischen Landtag gehört. Um es noch einmal sehr konkret zu machen, bitte ich Sie alle, sich einmal Folgendes vorzustellen: Ihnen gehört privat eine Liegenschaft. Diese wollen Sie umweltgerecht sanieren. Das ist ein Zeichen der Zeit. Um dieses Ziel zu erreichen, verschenken Sie Ihren Besitz an ein privates Unternehmen und mieten ihn anschließend zurück. Das klingt merkwürdig. Das finde auch ich. Das würden Sie alle wahrscheinlich nicht machen. Ich würde es auch nicht tun. Das Problem ist aber: Die Landesregierung schlägt genau so ein Geschäft nun vor. Dieses Geschäft zum Schaden der hessischen Steuerzahler lehnen wir entschieden ab.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Der Finanzminister will die Liegenschaften der Bereitschaftspolizeien in Kassel und Mühlheim zunächst an einen privaten Investor verkaufen und dann in einem PPPProjekt 30 Jahre lang zurückmieten. Der private Investor soll – das ist gesagt worden – im Gegenzug die Gebäude energetisch sanieren und dem Land zur Nutzung bereitstellen. Schon jetzt könnte man die Frage stellen, warum das Land Immobilien, die es weiterhin nutzen will, überhaupt verkauft. Das Geschäft wird aber noch merkwürdiger. Herr Kollege Decker hat es gesagt: Wenn die Gebäude tatsächlich modernisiert worden sind, wird das Land dem Käufer den Kaufpreis als Baukostenzuschuss erstatten. Kurz gesagt: Das Land verschenkt die Liegenschaften und mietet sie dann zur weiteren Nutzung zurück – ein ungeheuerlicher Vorgang.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe mir gedacht, bei solchen Geschäften im Lande Hessen sollte man am besten selbst ein Unternehmen zur energetischen Modernisierung aufmachen. Dank der schwarz-grünen Landesregierung winken fette Gewinne. So schaut es aus. Wir haben 2016 danach gefragt – darauf wurde hingewiesen –, ob wir die Zahlen zu der Wirtschaftlichkeit bekommen könnten. Wir wollten die Zahlen, die die Wirtschaftlichkeit dieses Geschäfts belegen können, gerne einsehen. Damals war die Antwort des Finanzministers, man wolle das prüfen. Passiert ist es aber nie. Auch letzte Woche, als ich im Ausschuss noch einmal beantragt habe, das Gutachten einzusehen und deswegen die Beschlussfassung zu vertagen, hat man uns keinen Einblick in die Zahlen gewährt. Mit anderen Worten: Außer den Behauptungen des Finanzministers, dass es einen wirtschaftlichen Vorteil für das Land gebe, haben wir bis heute keinen einzigen Beleg, dass es sinnvoll sein könnte, öffentliches Eigentum zu verschenken und anschließend die Miete für die Nutzung zu zahlen. Ich finde, das ist ein abenteuerlicher Vorgang.

(Beifall DIE LINKE)

Die Stadt Mühlheim, in der sich eine der beiden Liegenschaften befindet, hat mittlerweile deutlich gemacht, dass sie mit dem Gelände ganz andere Pläne als die Landesregierung und der private Investor hat. Ich glaube, hier wäre es einmal hilfreich gewesen, sich auch mit der betroffenen Kommune ins Benehmen zu setzen. Das aber scheint die Landesregierung nicht getan zu haben. Wenige Wochen, nachdem die Landesregierung hier erklärt hat, die katastrophalen Leo-Privatisierungsprogramme endlich zu evaluieren, soll nun der Landtag ein weiteres Privatisierungsprojekt der Landesregierung absegnen, ohne jedoch die Zahlen des Geschäfts geprüft zu haben und auch ohne eine Bewertung durch den Rechnungshof für dieses Projekt vorliegen zu haben. Während Sie uns als Abgeordnete überhaupt nicht ausreichend über die Rahmenbedingungen dieser unvorteilhaften Geschäfte ins Bild setzen, waren Sie selbst sehr leicht dabei, Geld für diese Privatisierung auszugeben. Schon das Verfahren, diese Privatisierung in Gang zu setzen, hat 4,7 Millionen € gekostet – 4,7 Millionen € an Steuergeldern. Sollte der Landtag dem Geschenk nicht zustimmen, dann drohen auch noch weitere Zahlungen in Millionenhöhe. Na, das sind ja tolle Geschäfte, die Sie hier organisiert haben.

(Beifall DIE LINKE und SPD – Demonstrativer Beifall Manfred Pentz (CDU))

Ich bleibe dabei: Niemand kann guten Gewissens einem solchen Geschäft zustimmen, ohne auch nur die Möglichkeit zu haben, wenigstens in die Gutachten der Landesregierung Einsicht genommen zu haben. Geheimgutachten, die einem Geschenk an einen privaten Investor die Wirtschaftlichkeit bescheinigen, können keine Entscheidungsgrundlage sein. Deswegen beantragen wir hier die namentliche Abstimmung. Ich finde, die Öffentlichkeit hat es verdient, zu sehen, wer in diesem Haus öffentliches Eigentum verschenkt und sich nicht einmal die Mühe macht, die Regierung dabei zu kontrollieren.

(Beifall DIE LINKE und Marius Weiß (SPD))