Pressemitteilung

Lübcke-Untersuchungsausschuss: Zeugen-Aussage des Staatsschutzes Kassel zeigt zahlreiche Defizite auf

Hermann SchausLübcke-MordAntifaschismusInnenpolitik

Zu heutigen Vernehmungen im Lübcke-Untersuchungsausschuss erklärt Hermann Schaus, Obmann der Fraktion DIE LINKE. im Lübcke-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtag:


„Dem Zeugen des Staatsschutzes Kassel scheinen sehr grundsätzliche Informationen sowohl zur rechten Szene im Allgemeinen als auch zu Stephan Ernst und seinem Umfeld nicht bekannt gewesen zu sein. Weder die schweren Straftaten oder die rechtsterroristische Orientierung des Stephan Ernst bis 2010, noch Begriffe wie ‚Anti-Antifa‘ oder Bedrohungen von Personen waren dem Zeugen präsent. Das überrascht, weil man meinen könnte, der Staatsschutz sei genau dafür zuständig

Über diverse Straftaten sagte der Zeuge aus, diese hätten im Staatsschutz eigentlich vorliegen müssen, seien aber anscheinend vergessen bzw. nicht als politisch eingestuft worden. Trotz zahlloser Bezüge der Kasseler Neonazi-Szene und des Stephan Ernst zur bundesweit bekannten Szenegröße Thorsten Heise habe Hessen nicht an Maßnahmen gegen diesen teilgenommen – und deshalb auch wenig Informationen dazu gehabt. Akten-Löschfristen seien eigentlich gar nicht beachtet worden. Die Gefahr der rechten Szene und durch Stephan Ernst wurde im Staatsschutz also nahezu ausgeblendet und diverse Ermittlungen nicht dem Bereich rechts zugeordnet.“


Zudem habe der Zeuge das sehr schlechte Verhältnis des Staatsschutzes zur Außenstelle des Landesamtes für Verfassungsschutz hervorgehoben, so Schaus. Von dort seien immerzu Informationen abgegriffen, aber so gut wie nie herausgegeben worden. Eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme habe der Staatsschützer damals sogar rundweg abgelehnt, weil er diesen für unmöglich gehalten habe. Durch die Rolle von Andreas Temme beim NSU-Mord in Kassel habe sich der Zeuge im Nachgang bestätigt gesehen.


„Es sind zahllose Defizite der Behörden im Kampf gegen rechte Bedrohungen und zur Einschätzung des Stephan Ernst deutlich geworden.“