Pressemitteilung

Petitionen von Berufsverbote-Betroffenen Umgang des Landtags ist inakzeptabel - Aufarbeitung, Entschädigung und Rehabilitierung bleibt eine ungelöste Aufgabe

Jan SchalauskeJustiz- und RechtspolitikWirtschaft und Arbeit

Heute hat der Hessische Landtag gegen die Stimmen der LINKEN beschlossen, fünf Petitionen mit der ‚Bitte um Rehabilitation und Entschädigung im Hinblick auf den sog. Radikalenerlass‘ mit Verweis auf die Sach- und Rechtslage abschlägig zu bescheiden. Dazu erklärt Jan Schalauske, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Mit bloßem Verweis auf die Sach- und Rechtslage sind die berechtigten Anliegen von Berufsverbote-Betroffenen heute von einer Mehrheit abgewiesen worden. Das ist ein weiterer Schlag in das Gesicht der Betroffenen. Der sogenannte Radikalenerlass und in der Folge die Berufsverbot-Praxis bleibt ein dunkles und unrühmliches Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik, das endlich aufgearbeitet werden muss.“

Der Umgang mit den Petitionen sei umso irritierender, da Redner verschiedener Fraktionen in der Plenardebatte am 1. Februar 2022 (Plenarprotokoll 20/95) einerseits eine gesetzliche Regelung für die Rehabilitierung abgelehnt haben, so Schalauske. Andererseits sei aber ausdrücklich auf Einzelfallprüfungen in Form des Petitionsrechts verwiesen worden. Nun aber werden die Petitionen von allen anderen Fraktionen des Landtags zurückgewiesen.

„Das Abweisen der berechtigten Forderungen der Betroffenen nach einer umfassenden Rehabilitierung ist völlig inakzeptabel. Die Fraktion DIE LINKE bleibt bei ihrer Forderung nach einer umfassenden gesellschaftlichen und politischen Rehabilitierung der Betroffenen sowie Entschädigung. Der Hessische Landtag muss dieses Unrecht endlich anerkennen. Der unwürdige Umgang mit den Petitionen ist die Verlängerung dieses Unrechts.“

Zum Hintergrund

Am 28. Januar 1972, vor mittlerweile mehr als 50 Jahren, verabschiedete die Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Vorsitz des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt den sogenannten Radikalenerlass. Zur Abwehr vermeintlicher Verfassungsfeinde sollten ‚Personen, die nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten‘ aus dem öffentlichen Dienst ferngehalten bzw. entlassen werden.

In Folge dieses Erlasses wurden Millionen Bewerberinnen und Bewerber für den öffentlichen Dienst, Lehrerinnen und Lehrer, Beschäftigte bei Post und Bahn und andere aufgrund ihres demokratischen Engagements in linken Gruppen und Parteien durchleuchtet. Tausende wurden mit Verfahren überzogen, nicht wenige verloren ihre gesamte Existenz. Das gesellschaftliche Klima wurde vergiftet.