10. Prozesstag: Aussage der Polizeibeamtin K.

Am 10. Prozesstag war die Polizeibeamtin K. aus Bad Homburg geladen. Sie wurde 2020 in die Arbeitsgruppe zum „NSU 2.0“-Komplex hinzugezogen, um bei der Koordinierung der Akten zu unterstützen. Im Mai 2021 war die Zeugin während der Durchsuchung der Berliner Wohnung des Angeklagten mit einem Team vor Ort. Nach der Festnahme von Alexander M. gingen sie und ihre Kolleg:innen in die Wohnung. Frau K. bestimmte vor Ort über den Ablauf der Durchsuchung, sie hielt sich im Hausflur auf und dokumentierte die gefundenen Gegenstände. Der Durchsuchung wohnte ein Zeuge bei, insgesamt dauerte die Durchsuchung drei Tage.

Die Richterin Distler zeigt Fotos, welche die Wohnung sowie die aufgefundenen Gegenstände in der Wohnung M.s zeigen. Auf diese reagiert die Zeugin, indem sie beschreibt, was auf den Bildern zu sehen ist. Während ein IT-Forensiker den eingeschalteten Computer M.s sicherte, beschlagnahmten K. und ihre Kolleg:innen Gegenstände wie USB- und Surfsticks, weitere Computer und Handys, Bücher und Waffen (bspw. Schlagstöcken, Elektroschocker und Machete). Zudem wurde versucht, der Frage nachzugehen, ob das Einsatzteam, welches für M.s Festnahme verantwortlich war, vorher in die Wohnung des Nachbars unter ihm eingedrungen war. Die Polizistin K. beschrieb zudem die 1-Zimmerwohnung des Angeklagten als unordentlich und nicht sauber. M. ist dies sichtlich unangenehm, er versucht das Zeigen der Bilder zu beanstanden. Dies wird durch die Vorsitzende Richterin Distler zurückgewiesen; für den Prozess und den psychiatrischen Gutachter sei es wichtig sich ein Bild vom Leben des Angeklagten zu machen.

Die Nebenklagevertreterin Pietrzyk fragte die Zeugin, wer bei der Durchsuchung entschieden habe, welche Gegenstände verfahrensrelevant sind. Darauf entgegnet die Zeugin, dass sie „alle gestandene Polizisten“ seien und vor Ort entschieden hätten, was sie mitnehmen und was nicht. Es habe vorher eine Arbeitsbesprechung gegeben und man habe sich überlegt, welche Gegenstände spannend wären. Genauer ins Detail geht die Beamtin trotz mehrerer Nachfragen nicht. Eine Nachfrage, weswegen bei mehreren Drohschreiben der „NSU 2.0“-Serie die Eingangsuhrzeiten variieren, erläuterte die Zeugin, dass in der Ermittlungsgruppe nicht darüber gesprochen wurde, wie die technischen Möglichkeiten bei Yandex dafür aussehen würden. Pietrzyk fragt, ob die Zeugin sich erinnere, dass Nachbar:innen M.s ebenfalls von Droh-SMS berichtete. Dies bejaht K., sie sei jedoch dahingehend nicht so gut vorbereitet. Daraufhin werden zwei Vernehmungsprotokolle von M.s Nachbarinnen eingeführt. Diese beschreiben ihr distanziertes Verhältnis zu dem Angeklagten und wie ein Nachbarschaftsstreit dahingehend eskalierte, dass eine Zeugin sich durch anonyme Anrufe und eine SMS bedroht sah.

Der Prozesstag war durch eine Selbstdarstellung des Angeklagten Alexander M. als vermeintlicher Rechtsexperte geprägt. Er unterbrach die Richterin, die Zeugin sowie andere Prozessbeteiligte laufend. Zudem versuchte er durch Anträge zu erwirken, dass die anwesende Zeugin eine Frage beantwortet, welche er an sie richtete. M. versuchte mehrmals zu erfragen, ob bei der Hausdurchsuchung Material gefunden wurde, welches auf eine rechtsextreme Gesinnung hinweist. Als die Zeugin entgegnete, dass sie die Frage nicht beantworten könne, da dies einer Bewertung unterliege, akzeptierte M. dies nicht und diskutierte minutenlang mit der Richterin, ob er eine Beantwortung erwirken könne. Sein Verteidiger Steffel beantragte eine Pause, in der M. teilweise hämisch lachte und mit seinen Verteidigern diskutierte, wie mit der Situation umzugehen ist.

Damit endet der zehnte Prozesstag, die nächste Verhandlung findet am 12. April 2022 statt.