Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Abschied von Kardinal Lehmann: "Weltoffenes und lebensbejahendes Christentum"

Hermann Schaus

Zur Aktuellen Stunde der CDU "Hessen dankt Kardinal Lehmann..."

 

Zur Aktuellen Stunde der CDU "Hessen dankt Kardinal Lehmann für sein jahrzehntelanges engagiertes Wirken als Seelsorger, Bischof von Mainz und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz


Herr  Präsident, 
meine  sehr  geehrten  Damen  und  Herren!

Ich  danke  der  CDU-Fraktion  für  diese  Aktuelle  Stunde, bietet Sie mir doch die Möglichkeit, auf die Arbeit unserer Landesarbeitsgemeinschaft Linke Christinnen und Christen in Hessen aufmerksam zu machen, der auch ich selbst angehöre.  Manche  nennen  unsere  LAG  auch  "die  roten  beten".

(Heiterkeit)

Kardinal Lehmann ist auch für uns ein Mann des Dialogs. Er war und ist stets Brückenbauer – darauf hat Herr Utter schon hingewiesen – und steht für ein weltoffenes, lebensbejahendes Christentum. Innerhalb der katholischen Kirche gehört er sicherlich zum liberalen Flügel, der stets auf Dialog gesetzt hat.

Besonders hervorheben möchte ich sein intensives Engagement für die Ökumene. Als erster Katholik ist er dafür mit der Martin-Luther-Medaille, einer Auszeichnung der evangelischen Kirche, geehrt worden. Ich  erinnere  mich  noch  sehr  gut  daran,  dass  es  Kardinal Lehmann war, der angesichts des drohenden Ausstiegs der Kirche  aus  der  Schwangerschaftskonfliktberatung  an  das Gewissen jedes einzelnen Bischofs appellierte. Konsequent beharrte  er  auf  der  Position  der  bundesdeutschen  katholischen Kirche, nicht aus der Schwangerschaftskonfliktberatung auszusteigen, bis in Rom dann leider anders entschieden wurde.

Als  andere  Kirchenmänner  und  Politiker  sich  noch  jeder Begegnung und jedem Gespräch mit den LINKEN verweigert haben, hat er Gregor Gysi und Oskar Lafontaine zum Gespräch eingeladen.

Doch  er  kennt  auch  Grenzen.  Unmissverständlich  hat  er anlässlich seiner Verabschiedung vor wenigen Tagen klargestellt, dass er mit der AfD kein Gespräch führen würde. Der Grund: das Grundmuster der Partei und das nationalistische "Gerüchlein", das ihm zu groß sei. – Damit bestätigte  er  die  Grundlinie  auch  des  Zentralkomitees  der  deutschen Katholiken, das die AfD vom Katholikentag in Leipzig ausgeladen hat.

Als Liberaler tut sich Kardinal Lehmann aber auch manchmal schwer mit neuen Tönen in Rom. Das zeigt sich z. B. an  seiner  Einschätzung  der  klaren  Worte,  die  Papst  Franziskus zum Kapitalismus fand. "Wir leben in einem Imperium  des  Geldes",  sagte  Papst  Franziskus  zu  Recht.  Ich darf zitieren:

Wir  sagen  Nein  zu  einer  Wirtschaft  der  Ausschließung und der sozialen Ungerechtigkeit, wo das Geld regiert,  anstatt  zu  dienen.  Diese  Wirtschaft  tötet. Diese Wirtschaft schließt aus. Diese Wirtschaft zerstört die Mutter Erde.

Leider  versuchte  Kardinal  Lehmann,  diese  klaren  Aussagen  des  Papstes  danach  zu  relativieren.  Man  müsse  den Papst  mit  diesen  Worten  vor  dem  Hintergrund  seiner  lateinamerikanischen  Erfahrung  verstehen,  doch  Deutschland sei anders, die Kritik des Papstes am Kapitalismus sei wohl nicht wirklich auf bundesdeutsche Verhältnisse übertragbar,  meinte  er.  Das  sehen  wir  als  LINKE  anders.  Da sind wir inhaltlich eher beim Papst.

Dennoch  ist  Kardinal  Lehmann  in  positivem  Sinne  stets ein  Liberaler  geblieben,  einer,  der  den  Dialog  sucht,  der Argumente  ohne  allzu  große  ideologische  Scheuklappen vor seine Entscheidungen und Positionen setzt. Wir danken ihm für sein langjähriges engagiertes Wirken in  Kirche  und  Gesellschaft  und  wünschen  ihm  persönlich alles Gute.

(Beifall bei der LINKEN)